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055 - Labyrinth des Todes

055 - Labyrinth des Todes

Titel: 055 - Labyrinth des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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der Passanten, die an mir vorbeigingen, konnte der Schwarzen Familie angehören. Und ich war sicher, daß jeder meiner Schritte beschattet wurde.
    Ich biß die Zähne zusammen, startete und reihte mich in den Verkehrsstrom ein. Den Weg zum Friedhof kannte ich nun schon zur Genüge.
    Meine Möglichkeiten waren sehr beschränkt. Bis jetzt hatte ich in meinem erbitterten Kampf gegen die Dämonen einige schöne Erfolge erzielen können, doch es war mir nicht gelungen, die Grundfesten der Schwarzen Familie zu erschüttern.
    Ich fand einen Parkplatz direkt gegenüber dem Bestattungsunternehmen Himmlischer Friede. Um mich war es ruhig – doch ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden. Immer wieder blickte ich zurück. Ich hatte den Eindruck, als wären unzählige Augenpaare auf mich gerichtet, und wurde zunehmend nervöser. Doch ich durfte nicht nervös werden. Ich mußte eiskalt bleiben. Ich stieg aus und überquerte die Straße. Die Fassade des Bestattungsunternehmens war aus schwarzem Marmor. Ich drückte auf die Klingel. Die kunstvoll verzierte Tür sprang auf. Ich trat ein und blieb überrascht stehen.
    Natürlich hatte ich wenig Erfahrung mit Bestattungsunternehmen, aber ehrlich gesagt hatte ich sie mir immer düster vorgestellt. Dieser Raum war jedoch in freundlichem Gelb gehalten. Ein knöcheldicker Spannteppich, zitronenfarbene Tapeten mit einem dezenten Muster,
    dottergelbe lampionartige Leuchten, ein thekenartiges Empfangspult und honigfarbene Lederstühle. Die Tür fiel ins Schloß, und ein zartes melodiöses Läuten war zu hören. Eine gelbe Tür schwang auf, und ein hochgewachsener junger Mann betrat den Raum. Gemessenen Schrittes stolzierte er auf mich zu. Er trug einen modischen Anzug, ein buntes Hemd und eine wild gemusterte Krawatte. Sein Haar lag wie eine Kappe am Kopf an und war blond. Sein Gesicht war dunkelbraun und wirkte würdevoll.
    Er blieb vor mir stehen und deutete eine Verbeugung an.
    »Mein Name ist John Pickard«, sagte er mit salbungsvoller melodiöser Stimme. »Bitte, nehmen Sie doch Platz!«
    Er deutete auf einen Stuhl, und ich setzte mich und überlegte kurz, ob ich gleich mit der Tür ins Haus fallen sollte, entschloß mich aber, die Rolle des trauernden Hinterbliebenen zu spielen. »Zigarette?« fragte Pickard, und seine Stimme triefte vor Anteilnahme und Freundlichkeit, da ich eine leidende Miene aufgesetzt hatte.
    Er griff nach einer Zigarettenschachtel und klappte sie auf. Ich nahm eine Zigarette, und er gab mir diensteifrig Feuer.
    »Vielleicht auch einen Drink, Sir?« Ich nickte. »Einen Manhattan, bitte.«
    Er drückte auf einen Knopf auf der Tischplatte, und ein Mikrophon tauchte auf.
    »Einen Manhattan!« sagte er in das Mikrophon, dann wandte er sich wieder mir zu. »Es freut uns sehr, daß Sie unsere Dienste in Anspruch nehmen wollen. Darf ich Sie um Ihren Namen bitten?« »Frank Ferguson«, sagte ich.
    Ich hatte ihm den erstbesten Namen genannt, der mir eingefallen war.
    Bevor er etwas erwidern konnte, tauchte ein hübsches Chinesenmädchen mit einem Tablett auf. Sie stellte den Manhattan vor mich auf den Tisch und verschwand. Ich griff nach dem Glas und trank einen Schluck. Der Manhattan war ausgezeichnet.
    »Womit können wir Ihnen dienen, Mr. Ferguson?« erkundigte sich der junge Mann.
    »Hm«, sagte ich und machte ein trauriges Gesicht. »Es geht um meine Schwester. Sie ist gestern …« Ich brach ab und versuchte, noch betrübter dreinzublicken.
    Sein Gesicht war nun ganz Anteilnahme. Es fehlte gerade noch, daß er in Tränen ausbrach. Ich fand den Kerl einfach widerlich.
    »Gestatten Sie mir«, sagte er mit erstickter Stimme, »daß ich Ihnen meine tiefste Anteilnahme ausspreche.«
    Ich gestattete es ihm und kam mir wie in einem drittklassigen Kabarett vor. Am liebsten hätte ich schallend gelacht und dem Burschen eine gelangt.
    Ich trank noch einen Schluck und zog an der Zigarette. Den Rauch blies ich ihm ins Gesicht, doch er verzog keine Miene.
    »Ich möchte ein erstklassiges Begräbnis«, sagte ich schließlich und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Da sind Sie bei uns richtig, Sir«, sagte er, öffnete eine Lade des Tisches, zog ein umfangreiches Album hervor, legte es auf die Tischplatte und sah mich an. »Betrachten Sie es sich in Ruhe! Darf ich Ihnen noch einen Drink bestellen?«
    Ich schüttelte den Kopf und zog das Album zu mir her. Es war in gelbes Nappaleder gebunden. Ich schlug es auf und blätterte es flüchtig durch. Die

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