055 - Labyrinth des Todes
einen Bericht weitergeben konnte.
Lundsdale saß weiterhin wie eine Statue auf der Couch. Ich konnte mich nicht um ihn kümmern. Rasch durchsuchte ich die Wohnung. In einem Schrank fand ich eine Reiseschreibmaschine, Schreibpapier, Durchschlagpapier und einige Briefumschläge. Ich spannte fünf Bogen in die Maschine und schrieb meine Erlebnisse in Hongkong nieder. Als ich fertig war, beschriftete ich fünf Kuverts und frankierte sie mit den Marken, die ich gefunden hatte, in der Hoffnung, daß wenigstens einer den Empfänger erreichen würde.
Und plötzlich wurde mir heiß. Ich hatte heute ein Telegramm an den O.I. aufgegeben, aber hatte ich die Gewißheit, daß es auch weitergegeben worden war?
Ich schloß die Augen. Alles sprach dafür, daß der O.I. gar nicht wußte, daß ich Hilfe benötigte. Sollte ich tatsächlich sterben, dann würde niemand über die Hintergründe Bescheid wissen.
Ich steckte einen der Briefe in Lundsdales Jacke, die über einem Stuhl hing, dann rüttelte ich ihn an den Schultern. Fast zwei Minuten dauerte es, bis ich ihn wach hatte. Er stierte mich verständnislos an.
»Wer sind Sie?« fragte er leise.
»Erkennen Sie mich nicht, Lundsdale?« fragte ich. Er schüttelte den Kopf.
»Ich bin Dorian Hunter.«
»Kenne ich nicht«, sagte er. »Wie kommen Sie überhaupt in mein Zimmer? Ich habe jetzt Unterricht und muß gehen. Lassen Sie mich, bitte, allein!«
Ich stand auf, und er schloß die Augen und war sofort wieder eingeschlafen.
Ich rieb mir das Kinn, schüttelte den Kopf und wußte, daß jede Hilfe zu spät kam. Er war ein weiteres Opfer der Schwarzen Familie.
Ich hatte Lundsdale fragen wollen, wohin Cocos Sachen gebracht worden waren. Sie hatte neben ihm gewohnt. Ich ging aus dem Zimmer und trat auf den Gang hinaus. Es befand sich nur eine Wohnung neben der von Lundsdale. Ich sah das Schloß an. Es sollte mir eigentlich keine Schwierigkeiten bereiten, es zu öffnen.
Ich holte mein Besteck aus der Innentasche und blickte mich um. Kein Mensch war zu sehen. Es dauerte kaum eine Minute, und ich hatte die Tür offen und trat ein.
Die Wohnung war etwas größer als Lundsdales, aber genauso einfach eingerichtet. Ein seltsamer Duft hing in der Luft. Ich schnüffelte, konnte mich aber nicht erinnern, woher mir der Duft bekannt vorkam. Im Wohnzimmer öffnete ich den Kleiderschrank. Einige von Cocos Kleidern hingen darin. Mein Herz wurde schwer, als ich ihre Sachen durchsuchte. Ich öffnete eine Handtasche, die ich ihr vor ein paar Wochen gekauft hatte. Sie war leer. Nur in einem der Seitenfächer fand ich ein Foto, das Coco und mich zeigte. Sie stand eng an mich geschmiegt und lächelte mir zu.
Ich setzte mich, starrte das Foto an und überlegte, wo es aufgenommen worden war – und vor allem, wer uns da fotografiert hatte. Coco und ich waren sehr darauf bedacht gewesen, daß keine Bilder von uns existierten, da sie in den Händen unserer Feinde zu nicht zu unterschätzenden Waffen werden konnten.
Ich steckte das Foto in die Brieftasche zurück und suchte weiter, doch ich fand sonst nichts Interessantes. Mich nochmals umsehend, verließ ich die Wohnung und zog die Tür hinter mir zu. In der Halle entdeckte ich einen Briefkasten und steckte einen der Briefe hinein.
Das grelle Sonnenlicht schmerzte in meinen Augen, und ich setzte die Sonnenbrille auf die Nase. Neugierig sah ich meinem Besuch beim Bankier Olivaro entgegen. Vielleicht brachte er etwas Licht in die mysteriöse Geschichte.
In der Peel Street lag eine Luxusvilla neben der anderen. Die Straße stieg sanft an, und ich fuhr langsam. Olivaros Villa war nicht zu verfehlen. Sie war die größte und imposanteste in der Straße; ein langgestrecktes zweistöckiges Gebäude, das wie ein Königspalast aussah.
Ich parkte den Wagen zwischen zwei Straßenkreuzern und stieg aus. Der zerbeulte Volkswagen nahm sich unter den Luxusautos wie ein Ackergaul unter Vollblütern aus.
Ich schlenderte zum Gartentor und blieb davor stehen. Das riesige Grundstück wurde von einer weißen Mauer umgeben. Im Garten waren einige Gärtner beschäftigt, die mir keine Beachtung schenkten.
Das Tor war verschlossen, doch neben dem riesigen Tor befand sich noch eine kleinere Tür, die ich fast übersehen hätte.
Daneben war in die Mauer ein kleines Pförtnerhaus eingebaut. Zu dem ging ich, drückte auf die Klingel, und Sekunden später tauchte ein junger Chinese auf, der sich vor mir verbeugte.
»Womit kann ich Ihnen dienen, Sir?« fragte
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