055 - Labyrinth des Todes
er.
»Mein Name ist Dorian Hunter«, sagte ich. »Ich möchte Mr. Olivaro sprechen.«
»Sie sind nicht angemeldet, Sir. In welcher Angelegenheit wollen Sie Mr. Olivaro sprechen?«
»Das will ich ihm selbst sagen.«
Er schüttelte den Kopf. »Unter diesen Umständen dürfte es besser sein, wenn Sie eine telefonische Vereinbarung mit Mr. Olivaro treffen.«
Ich seufzte. »Sagen Sie Mr. Olivaro, daß ich ein Freund von Coco Zamis bin und ihm sehr dankbar wäre, wenn er einige Minuten Zeit für mich erübrigen könnte.«
Der Chinese verbeugte sich wieder und verschwand im Pförtnerhaus. Ich mußte kaum zwei Minuten warten, bis er wieder herauskam.
»Bitte, folgen Sie mir!« sagte er. »Mr. Olivaro empfängt Sie.«
Wir gingen an den Gartenarbeitern vorbei. Der Garten war ein Traum. Springbrunnen standen inmitten von kunstvoll angelegten Blumenbeeten. Ein breiter Weg führte schnurgerade auf das Haus zu. Vor dem Haustor blieb der Chinese stehen, verbeugte sich nochmals vor mir und ging dann den Weg zurück.
Die Haustür wurde geöffnet, und ein unwahrscheinlich hübsches Chinesenmädchen in einem dunkelroten Kimono trat heraus.
»Guten Tag, Sir«, sagte sie mit glockenheller Stimme. »Treten Sie, bitte, ein! Mr. Olivaro erwartet Sie.«
Sie ging einen Schritt zur Seite, und ich betrat die Halle. Einige Sekunden blieb ich wie gelähmt stehen. Ich wußte nicht, wo ich zuerst hinsehen sollte; zu überwältigend war der erste Eindruck. Ich verstand nicht viel von chinesischer Kunst, aber die Gegenstände, die sich in der Halle befanden, mußten mindestens eine Million Dollar wert sein.
»Bitte, folgen Sie mir, Sir!« riß mich die Stimme der hübschen Chinesin aus meiner Versonnenheit. Wir durchquerten langsam die Halle. Immer wieder blieb ich für einen kurzen Augenblick stehen und sah mir einen der Kunstgegenstände an, fast vorübergehend den Zweck meines Besuches vergessend.
Das Mädchen öffnete schließlich eine Tür, und wir gingen einen kurzen Gang entlang. Vor einer kunstvoll geschnitzten Tür blieb sie stehen. Die Tür schwang automatisch auf, und ich trat ein.
Vor mir lag ein gewaltiges Zimmer, das geschmackvoll und modern eingerichtet war. Ein mittelgroßer Mann kam lächelnd auf mich zu. Die Tür schloß sich leise hinter mir.
»Guten Tag!« sagte der Mann. »Mein Name ist Olivaro.«
Er blieb vor mir stehen und reichte mir die Hand, die ich ergriff und drückte.
Olivaro ging mir knapp bis ans Kinn. Sein Gesicht war schmal, die dunkelbraunen Augen standen weit auseinander, die Nase war klein und gerade, der Mund zu groß und voll für das schmale Gesicht. Sein Haar war kurz geschnitten, gewellt und dunkelbraun. Die Schläfen waren angegraut, und seine Haut dunkelbraun gebrannt. Er trug einen elegant geschnittenen weißen Anzug. Sein Alter war schwer zu schätzen; er konnte fünfunddreißig, aber auch fünfzig sein.
»Dorian Hunter«, stellte ich mich vor. »Ich bin ein Bekannter von Coco Zamis.«
Er nickte, und sein Lächeln verschwand. Stumm deutete er auf eine Sitzgarnitur in der Ecke des Raumes, und ich nahm Platz. Er setzte sich mir gegenüber.
»Sie wissen, daß Coco tot ist?« fragte Olivaro.
Ich nickte.
»Sie war ein nettes Mädchen«, sagte er. »Ein ungewöhnlich hübsches und charmantes Mädchen. Sie gefiel mir vom ersten Augenblick an.«
Er schwieg und blickte an mir vorbei. Sein Gesicht war entspannt, und die Hände lagen ruhig auf seinen Schenkeln. Es waren wunderbar geformte Hände, wie von einem Bildhauer gemeißelt. Olivaro wirkte selbstsicher. Er war ein Mann, den nicht so bald etwas aus der Ruhe bringen konnte, ein Mann, der erfolgreich war.
Er sah mich an.
»Ich würde mich freuen«, sagte er, »wenn Sie zum Mittagessen bleiben. Dabei könnten wir alles in Ruhe besprechen.«
Ich nickte und bedankte mich für die Einladung. Bisher war ich mir noch nicht schlüssig, ob auch er zur Schwarzen Familie gehörte. Anzunehmen war es zwar, aber ich hatte keinerlei Anzeichen dafür, daß er ein Dämon war.
»Wie standen Sie zu Coco, Mr. Hunter?« erkundigte er sich. Ich beschloß, die Wahrheit zu sagen. »Sie war meine Lebensgefährtin«, sagte ich, und er nickte langsam.
»Sie hatte Sie aber verlassen«, stellte er fest, und nun nickte ich. »In Cocos Begleitung befand sich ein junger Mann, ein Lehrer. Sein Name war Mike Lundsdale. Ein eher unscheinbarer Mann. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß Coco an ihm etwas fand.« Er lächelte. »Aber die Wege der Liebe
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