055 - Louba der Spieler
auf Grund einer Sondererlaubnis schon am nächsten Mittwoch, und anschließend will das glückliche Paar die Flitterwochen in Paris verbringen.«
Der Arzt kratzte sich gedankenvoll am Kinn.
»Sonderbar«, meinte er schließlich. »Hätte nie gedacht, daß Louba jemals heiratet.«
12
Um 6 Uhr zog Dr. Warden in seiner Wohnung in der Devonshire Street seinen Smoking an, da er sich mit einem alten Kollegen zum Abendessen verabredet hatte. Vorher wollte er aber noch den Besuch bei Louba erledigen. Unwillkürlich mußte er lächeln, als er sich Louba als Heiratskandidaten vorstellte. Trotz der vielen Fehler des Mannes hatte er ihm immer eine gewisse Zuneigung bewahrt.
Ein Taxi brachte ihn zum Braymore House. Als er dort ausstieg, fragte ihn der Portier sofort, ob er nicht Herr Doktor Warden wäre.
Der Doktor lächelte. »Sie haben ein gutes Gedächtnis für Gesichter, so häufig war ich doch noch gar nicht hier.«
»Das stimmt«, antwortete der Mann geschmeichelt. »Erst heute morgen kam ein Herr zu mir, auf dessen Namen ich mich gleich wieder besinnen konnte, obgleich ich ihn seit dem Bau dieses Hauses nicht mehr gesehen hatte. Sicher kennen Sie ihn — Mr. Leamington, der Architekt.«
»Leamington?« interessierte sich der Doktor. »Was wollte er?«
»Oh, er wollte sich nur einmal ansehen, wie verschiedene Leitungen hier gelegt sind. Ich zeigte es ihm selbstverständlich gerne.«
Der Doktor nickte und fuhr dann mit dem Lift bis zu Loubas Wohnung. Er drückte auf den Klingelknopf, und die Tür wurde sofort geöffnet.
»Herr Dr. Warden? Bitte treten Sie näher.«
Auch der Diener mit dem hageren Gesicht erkannte ihn sofort wieder. Zur Überraschung des Doktors hatte er den Mantel an, und Miller erklärte auf seine Frage, daß er heute abend frei habe und eben weggehen wolle.
»Ich wollte nur noch warten, bis der andere Herr fort ist«, sagte er.
»Hat Ihr Herr Besuch?«
Miller zog die Brauen in die Höhe.
»Hm, Besuch ... Hören Sie sie nicht?«
Der Doktor hörte jetzt allerdings ganz deutlich Loubas hartes Organ und die heisere Stimme seines Besuchers, die ohne weiteres durch die zwei schweren Türen, die zwischen dem Vorplatz und Loubas Wohnzimmer lagen, drangen.
»So geht das schon seit einer Viertelstunde«, sagte Miller. Er warf einen finsteren Blick auf die Wanduhr. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, einen Moment hier auf dem Vorplatz zu bleiben, Herr Doktor? Meine Braut wartet unten auf mich.« Miller war etwas verlegen. »Ich möchte sie nicht gerne noch länger stehen lassen und werde mich mit ihr auf später verabreden. Entschuldigen Sie mich zehn Minuten, Sir.«
Es war jetzt drei Minuten nach sieben Uhr, und Dr. Warden überlegte einen Augenblick, da er um halb acht seinen Kollegen treffen wollte.
»Hören Sie nur!« sagte Miller ängstlich.
Die Stimmen der beiden Männer wurden immer lauter.
Der Doktor lauschte: »Sie wird tun, was ich will!« schrie Louba.
»Gehen Sie, Miller«, sagte Dr. Warden. »Aber bleiben Sie bitte nicht länger als eine Viertelstunde fort.«
Miller schlüpfte hocherfreut aus der Tür. Nach genau vierzehn Minuten war er wieder zurück. Der Doktor saß an einem Tischchen und las. Der Lärm der Streitenden hatte aufgehört.
»Sagen Sie Mr. Louba bitte, daß ich nicht länger warten kann«, brummte Warden und faltete seine Zeitung zusammen. »Der Besucher ist sicher fortgegangen, seit fünf Minuten habe ich keinen Ton mehr gehört.«
Der Diener ging zur Wohnzimmertür, und Warden hörte, wie er anklopfte. Niemand antwortete. Miller zuckte die Schultern und drehte sich um.
Dr. Warden trat ungeduldig neben ihn und rief: »Louba!«
Keine Antwort.
»Bestimmt ist er im Schlafzimmer«, erklärte Miller. »Wahrscheinlich hat er gerade einfach keine Lust, Sie zu empfangen. Solche Launen hat er öfters.«
»Ich habe den Besucher gar nicht fortgehen sehen«, sagte der Doktor.
»Einen Augenblick, Sir.« Miller sauste den Korridor entlang bis zur Küche; ein schmaler Gang führte dort bis zu einer Tür, die sperrangelweit aufstand. Sie führte auf eine steinerne Treppe, den Lieferantenaufgang des Hauses.
»Er muß diesen Weg benützt haben. Dort kam er auch herauf. Und das ist mir schon aufgefallen.«
»Wie sah er denn ungefähr aus?«
»Ungefähr fünfunddreißig, nicht gerade elegant angezogen, machte aber einen ganz guten Eindruck ... Nur schien er mir etwas angetrunken zu sein. Ich sah ihn nur ganz flüchtig, denn Mr. Louba hatte ihn anscheinend erwartet und führte
Weitere Kostenlose Bücher