055 - Louba der Spieler
schaute auf die Leiche.
Er hatte geschworen, Louba eher zu töten, als mit anzusehen, wie er Beryl heiratete; aber jetzt, nachdem der Verhaßte tot war, malte sich Entsetzen auf seinem Gesicht.
Dann riß er sich zusammen. Der Mann hatte unter allen Umständen den Tod verdient. Beryl war gerettet, und er wollte hier sein Geschäft beenden.
Er lauschte angestrengt ... Kein Laut aus der übrigen Wohnung.
Die Schublade des Schreibtisches stand offen, und er begann fieberhaft nach den Schuldscheinen zu suchen. Nichts zu finden. Hastig durchwühlte er Schubfächer, Kästen, den Bücherschrank und Aktenordner. Auch dies war ergebnislos.
Die Stille in dem Zimmer war beklemmend. Er warf noch einen Blick auf die Leiche und lief dann, plötzlich von Panik ergriffen, zum Fenster. Geräuschlos stieg er die Feuerleiter hinunter.
Der Nebel war noch dichter geworden. Man konnte kaum mehr die Hand vor den Augen sehen, und Frank tastete sich vorsichtig durch den dunklen Hofeingang. Da berührte er auf einmal mit der vorgestreckten Hand eine Gestalt und schrak zurück.
»Wer ist da?« rief er.
»Frank!«
»Du, Beryl? Schnell - komm!«
Er packte ihre Hand und rannte mit ihr die Straße entlang.
»Was tust du hier, Beryl?« fragte er nach einer Weile und blieb keuchend stehen.
»Ich hatte so Angst, Frank. Dauernd fühlte ich, daß heute irgend etwas passiert . Ich mußte etwas unternehmen. Gerade wollte ich in Loubas Wohnung gehen. Ist er da? - Louba - ist er zu Hause?«
»Ja - er ist zu Hause.«
»Und du hast ihn gesehen, Frank? Du hast dich mit ihm gestritten? Du hast ...« Sie wagte nicht, den Satz zu vollenden.
»Du mußt nach Hause, Beryl«, flüsterte er heiser. »Hat dich jemand gesehen?«
»Ich weiß nicht ... ein kleiner Mann ... Sag mir doch, was du getan hast, Frank.« Sie schluchzte und klammerte sich an seinem Mantel fest. »Sag es mir, ich muß es wissen, Frank!« »Gar nichts habe ich gemacht, Beryl ... Deine Schuldscheine konnte ich nicht finden. Wie hoch war die Summe? Er hatte die Scheine doch in seinem Besitz — du hast sie mit eigenen Augen gesehen?«
»Ja. Fünfzigtausend Pfund. Mach dir doch keine Sorgen um die Scheine oder um mich! Es geht um dich, Frank! Was ist vorgefallen?«
»Möglich, daß es nichts schadet, wenn man sie findet — wenigstens soweit es dich betrifft. Niemand könnte dich bezichtigen ... und er hat, soviel ich weiß, keine Erben.« Nachdenklich schaute er nach Braymore House zurück.
»Wie konntest du nach diesen Scheinen suchen, wenn er da war ... oder ist er ... ist er ...« Sie konnte kaum mehr sprechen vor Aufregung.
Er sah sie ernst an.
»Beryl«, sagte er und beugte sich ganz nah zu ihr herunter. »Ich habe Louba gesehen ... Stelle keine Fragen! Aber ich schwöre dir — ich habe ihm nichts getan. Glaub mir das, Beryl, und geh jetzt nach Hause.«
Sie glaubte ihm ja so gerne und wollte auch gar keine Fragen mehr stellen. Erschöpft lehnte sie sich an ihn.
»Willst du mich denn nicht nach Hause bringen?« fragte sie.
»Nein, Beryl. Entschuldige bitte. Ich ...«
»Was willst du denn noch hier?«
»Ich muß noch mit einem Freund sprechen . Entschuldige .«
Er drehte sich unvermittelt um und rannte hastig davon.
An der nächsten Seitenstraße, in die er einbiegen wollte, zerrte jemand an seinem Ärmel. Entsetzt fuhr er zusammen.
Ein unscheinbarer kleiner Mann stand vor ihm und flüsterte:
»Wie geht es Louba?«
»Was, zum Teufel, wollen Sie?« knurrte Frank.
»Ich sah Sie in das Haus gehen - und wieder herauskommen. Ist Louba etwas zugestoßen?«
»Was reden Sie denn? Nein!« Frank rieselte es kalt über den Rücken. »Ich kenne Louba gar nicht.«
»Natürlich nicht, Sie haben ganz recht, nichts darüber zu sagen«, entgegnete der andere mit einer Bereitwilligkeit, die Franks überanstrengten Nerven drohender vorkam als alles andere. »Sie müssen wissen, er hat meinen einzigen Sohn umgebracht. Ich habe gewartet, daß er dafür büßt ... Und ich glaube - ich kann endlich beruhigt nach Hause gehen.«
Das letzte sagte er mit einem so seltsamen Lächeln, daß Frank völlig den Kopf verlor. Er hatte nur noch den einen Wunsch, fort von diesem Mann, fort aus der Nähe von Loubas Wohnung zu kommen.
»Sie sind wahnsinnig!« stieß er mühsam hervor und rannte blindlings weiter durch den Nebel.
14
Dr. Warden hatte Hurley Brown den Inhalt des Telefongesprächs mitgeteilt, und innerhalb von zehn Minuten waren die beiden in Braymore House. Im Treppenhaus trafen sie
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