0552 - Gefangene der bösen Träume
wären. Vinerich konnte es den anderen nicht verdenken, daß sie durch eine CD gern noch mehr Geld verdient hätten, aber ihm kam das wie eine Vergewaltigung seiner Kunst vor.
Nicht normal war, daß er sich beobachtet fühlte.
Als er ans Fenster trat und nach draußen auf die Straße schaute, glaubte er einen Schatten zu sehen, der im gleichen Moment verschwand, als habe ihn ein Lichtstrahl getroffen.
Aber etwas zwang Bo Vinerich, auch zum sternenübersäten Nachthimmel hinaufzusehen, und auch hier glaubte er für einen kurzen Augenblick etwas wahrzunehmen, das nicht wirklich dorthin gehörte; etwas, das leuchtete…
Ein UFO…?
Doch dann war es wieder fort. Alles blieb ruhig.
Warum er in dieser Nacht auch an seine Zeit als Student in Paris denken mußte und an seine Examensarbeit, die von Professor Bellemont abgelehnt worden war, begriff er nicht…
***
Ein Besuch in Caermardhin, Merlins unsichtbarer Burg in Wales, war schon immer ein Erlebnis gewesen. Zamorra war bislang noch nicht oft hier gewesen, seine Gefährtin Nicole Duval noch seltener, und beide hatten das Gefühl, daß kein Aufenthalt dem anderen wirklich glich.
Auf der Spitze eines bewaldeten Berges erhob sich diese Burg, die nur sichtbar wurde, wenn - der Legende nach -dem Ort oder der Welt Gefahr drohte. Der Ort war das Dorf Cwm Duad im Süden der Burg, gut zwanzig Kilometer von der Stadt Carmarthen entfernt, im Südwesten von Wales. Auch in Cwm Duad waren Zamorra und Nicole keine Unbekannten. Im Pub hatten sie schon so manchen Abend zugebracht und sich mit den Leuten unterhalten.
Diesmal zeigte jedoch keiner von beiden Interesse daran, sich ins Dorf hinunter zu begeben, obgleich ihr letzter Besuch schon Jahre zurücklag. Sie hatten Regenbogenblumen in Caermardhin angepflanzt und einen alten Bekannten wiedergesehen.
Fenrir hatte sie in Caermardhin erwartet!
Der alte sibirische Wolf mit den von Merlin geschulten telepathischen Fähigkeiten und einer schon menschlichen Intelligenz war zum Weltenbummler geworden. Doch er hielt sich auch gern in Gesellschaft der beiden Silbermond-Druiden Teri Rheken und Gryf ap Llandrysgryf auf. Und nun befand er sich seit kurzer Zeit in Merlins Burg.
Auch Teri Rheken war jetzt hier. Sie hatte Merlin und die anderen zurück nach Caermardhin begleitet, weil sie sich hier von den zurückliegenden Strapazen erholen wollte, die sie fast über die Grenzen ihrer körperlichen und magischen Leistungsfähigkeit hinaus beansprucht hatten. Sie war für eine Weile im Bann des Kobra-Dämons Ssacah gewesen, hatte zweimal gegen den Erzdämon Lucifuge Rofocale kämpfen müssen und war jetzt einerseits quicklebendig, andererseits aber innerlich zu Tode erschöpft.
Deshalb hatte sie sich nach kurzem Wolfsohrkraulen zurückgezogen; für sie und auch für Gryf gab es in Caermardhin immer ein Zimmer.
Für Zamorra nicht…
Er hatte es Merlin vorgeworfen.
Merlin war schon immer ein Eigenbrötler gewesen, ein Geheimniskrämer, der sich gern zurückzog und abkapselte. Andererseits war er gar nicht kleinlich, wenn es darum ging, andere für sich arbeiten zu lassen. Doch die Schicksalsschläge der letzten Zeit, die vielen und verhängnisvollen Fehler, die ihm unterlaufen waren, hatten dafür gesorgt, daß er sich noch viel mehr abkapselte. Mittlerweile litt er unter dem, was Menschen vielleicht midlife-crisis genannt hätten; er war nahe daran, seine Aufgabe von sich zu weisen und an den Wächter der Schicksalswaage zurückzugeben, in dessen Diensten er stand.
Er, der schon so unwahrscheinlich lange lebte, hatte die Lust am Leben verloren und war drauf und dran gewesen, einfach zu sterben. Einfach mit dem Leben aufzuhören.
Vermutlich war es letztendlich Fooly gewesen, der ihn daran gehindert hatte. Aber Zamorra hatte sofort eingehakt. Massiver denn je hatte er Merlin seine Hilfe angeboten, allerdings auch zur Bedingung gemacht, jederzeit Caermardhin betreten zu dürfen, was früher nur möglich gewesen war, wenn Merlin es ausdrücklich wollte. [1]
Vor etwa zwei Jahren hatte Merlin Zamorra dann ein Permit gegeben, eine Art Schlüssel, den Zamorra insgesamt siebenmal verwenden konnte, um von sich aus und ungerufen Caermardhin zu betreten und zu Merlin zu gelangen. Er hatte es benutzt - aber es war nicht das, was er wollte. Vor allem wollte er diese Möglichkeit nicht nur dafür verwenden, zwischendurch nach Merlin zu schauen und ihm, wenn der es für nötig erachtete, zur Verfügung zu stehen.
Nun bot sich eine andere Chance, und
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