0554 - Sie kam von den Sternen
kreischenden und splitternden Geräusche wiesen darauf hin, daß es sich nicht um ein weiches Material handelte. Das Blech wölbte sich dem Killer entgegen, zugleich sprangen die Scherben aus dem Rahmen und wirbelten wie durchsichtige Flocken in die Richtung des Mörders.
Auch die Klinge kam.
Auf ihr stand die Frau. Sie hatte ihre Haltung ein wenig verändert, sich gedreht und breitbeinig hingestellt. Um das breite Messer herum wirbelten die zerhackten Teile des Saab, der »zersägt« worden war.
Die Spitze wuchs vor den Augen des Killers zu einem riesenhaften Gebilde auf.
Er konnte nicht anders, er mußte schreien.
Kurz nur, dann verstummte der Schrei. Am Hals spürte er ein Brennen und wunderte sich, woher das Blut kam. Daß es sein eigenes war, merkte er erst, als er zu Boden fiel und sich nicht mehr rührte.
Da war das Messer längst über ihn hinweggeglitten und hatte einen Halbbogen beschrieben, um an Höhe zu gewinnen. Nur stieg es nicht mehr bis hoch in den Himmel, es überflog die Kante des Steinbruchs und beschrieb dort einen Kreis.
Die dunkelhaarige Frau stand auf der Klinge, als könne keine Macht der Welt sie davon lösen. Sie war ein Phänomen, ein Wunder.
Das sah auch James Lidholm, der sich rechtzeitig genug hatte in Sicherheit bringen können.
Er hockte hinter einem Busch in Deckung und hatte die Zweige so weit zur Seite geschoben, daß er eine genügend große Sichtlücke besaß. Vor den Mündungen der Waffen hatte er gezittert. Das Gefühl war geblieben. Er bebte, er spürte den Schweiß auf seinen Handflächen und den kalten Schauer sowie den Druck im Magen.
Über dem Steinbruch drehte sich das gewaltige Messer mit der Frau darauf.
Der heimliche Beobachter damit, daß es einen Kreis schlagen würde, das stimmte nicht ganz. Bei der halben Gradzahl blieb die Klinge stehen. Mit der Spitze wies sie jetzt wieder auf den zerstörten Wagen. Er war nicht mehr als ein Klumpen aus Blech und Glas.
Plötzlich jagte es vor.
Lidholm hörte ein Fauchen, als hätte eine alte Dampflok gezischt.
Einen Moment später rauschte das Messer über ihn hinweg. Erst jetzt sah er, daß es einen Griff besaß, dessen Farbe in einem Schwarzblau schimmerte. Es jagte hinein in das Dunkel des Geländes, als befände es sich auf der Jagd nach Beute.
Das stimmte auch.
Lidholm vernahm einen fürchterlichen Schrei. Der blonde Mann mit dem schwedischen Namen hockte wie erstarrt am Boden und preßte beide Handflächen gegen die Ohren. Er wollte den Schrei nicht mehr hören, wollte auch nichts sehen und hielt die Augen geschlossen. Erst nach einer Weile öffnete er sie wieder.
Der Schrei war verstummt. Kein Wimmern wehte mehr durch die Stille. Wie im Zeitlupentempo drückte sich der Mann in die Höhe.
Er starrte dorthin, wo er die Klinge vermutete.
Sie stand noch dort, drehte sich, als hätte sie einen Befehl bekommen und glitt den Weg wieder zurück.
Diesmal hatte sie sich ein neues Ziel ausgesucht. Lidholm brauchte nicht lange zu raten, um wen es sich dabei handelte.
Er war es!
Und er wußte auch, daß es keinen Sinn hatte, sich vor dieser Waffe zu verbergen. Die dunkelhaarige Frau würde ihn überall auf der Welt finden. Sie war von den Sternen gekommen wie ein Phantom, um ihre Ziele mit tödlicher Sicherheit anzuvisieren.
Auf einmal war die Angst verschwunden. Als hätte sie ihm jemand aus dem Körper gerissen. James Lidholm fühlte sich wieder frei und gelöst. Er wußte, daß ihm die Frau nichts tat.
Wie unter einem Zwang stehend richtete er sich auf, um der Klinge entgegenzublicken.
Etwas hatte sich trotzdem verändert.
An ihrer Spitze klebte Blut…
Nicht sehr viel, die dunkle Flüssigkeit lag auf der Kante. Einige Tropfen rutschten über die Kante hinweg und fielen zu Boden, wo sie als makabre Erinnerung liegenblieben.
Die beiden so verschiedenen Personen starrten sich an. Auf der einen Seite die schöne, schwarzhaarige Frau, deren weißes Kleid aus Sternenglanz gewebt zu sein schien. Auf der anderen stand James Lidholm, ein dubioser Geschäftsmann, der zu allen Gruppen Kontakt hatte und Waffen an jeden verkaufte.
Allmählich wurde Lidholm klar, daß die Frau ihn gerettet hatte. Er lebte, die beiden Killer waren tot! Zumindest ging er davon aus, denn keiner von ihnen rührte sich.
Ihm lagen zahlreiche Fragen auf der Zunge, nur traute er sich nicht, sie zu stellen. So forschte er nur im Gesicht der Frau nach, das unter dem dunklen Haar deutlich zu erkennen war. Er sah auch die Augen. Ihr Blick hatte
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