0555 - Consuelas bitteres Sterben
des Universum-Verlags waren durch eine Weltkugel getrennt worden. Sie strahlte in einem dunklen Rot, das düster hinein in die Nebelschwaden stach. Die übrigen Buchstaben gaben helles Licht ab. Trotz des Dunstes erreichte es auch einen freien Platz vor dem Gebäude, wo einige Wagen abgestellt waren. Auf den Dächern der Autos klebte das feuchte Laub. Zahlreiche Fenster des Verlagsgebäudes waren erleuchtet. Vor den Scheiben trieben ebenfalls Nebelschwaden her.
Der Eingang war sehr breit und modern, doch meiner Ansicht nach paßte er nicht zu dem Gebäude, das einen victorianischen Stil zeigte. Also viel Stuck, großzügige Vorbauten, Dachgauben, Säulen und Figuren.
Ein wunderschöner alter Bau, in dem der Verlag seinen Platz gefunden hatte. Ich konnte mir vorstellen, daß in diesem Haus schon damals das Buch verlegt worden war.
Die Tür war verschlossen. Dafür gab es eine Klingel, die Jane drückte. Sie trug ein schickes Herbstkostüm im modischen Grün.
Leider war der Rock etwas eng, so daß sie beim Laufen einige Probleme bekam.
Eine Frauenstimme echote durch die Rillen des Lautsprechers und fragte nach unseren Wünschen.
Jane erklärte, wer wir waren und daß sie bereits angerufen hätte.
Die Sprecherin konnte sich erinnern. »Ich werde gleich öffnen. Warten Sie bitte in der Halle, dort hole ich Sie ab.«
In der Halle lag hellblauer Teppichboden. Glasvitrinen standen strategisch günstig verteilt und wurden von Spotlights angeleuchtet, damit die Bücher jedem Besucher sofort präsentiert wurden. Er konnte dem Anblick auch nicht entrinnen, wenn er in den schmalen Ledersesseln der Gästeecke seinen Platz gefunden hatte.
Mich interessierte das Programm sowieso. Der Reihe nach wanderte ich die Vitrinen ab.
So verschieden die Bücher auch waren, eines hatten sie gemeinsam. Inhaltlich beschäftigten sie sich mit den Problemen, die in der letzten Zeit Furore gemacht hatten.
New Age, das Finden zu sich selbst. Yoga und Verinnerlichung.
Das Suchen nach der neuen, tatsächlich aber alten Kraft aus den Tiefen des Alls. Da paßte die Sternen-Prinzessin genau in das Mosaik hinein.
Das fand auch Suko. »Eine interessante Literatur, die man uns da präsentiert.«
»Das verkauft sich eben gut«, erklärte Jane. Sie kam auf uns zu wie ein Mannequin. Endlich konnte sie wieder durch ihr normales Blondhaar streichen. Die Spotlights warfen blitzende Reflexe auf die dichte Pracht. Jane lächelte, sie war nicht geschminkt, das hatte sie auch nicht nötig. Wir standen zwischen dem Licht und den sanften Farben der Möbel, die sich an die des Teppichbodens anlehnten.
»Halte mich fest, John…« Jane ließ sich gegen mich fallen.
»Was hast du?«
»Nichts«, flüsterte sie. »Ich möchte nur spüren, daß ich wieder ein Mensch bin.«
Dafür hatte ich vollstes Verständnis. Wer so lebte wie Jane Collins, der brauchte einen Moment der Besinnung, wenn er es geschafft hatte, wieder so auszusehen wie früher.
Sukos Räuspern machte uns klar, daß wir Besuch bekamen. Der Teppichboden hatte die Tritte der hochhackigen Schuhe verschluckt.
So konnte sich die Frau uns lautlos nähern.
Wie sollte man sie beschreiben? Nicht sehr weiblich auf den ersten Blick. Das Kostüm zeigte einen strengen, beinahe klassischen Schnitt im Hahnentrittmuster. Ihr braunes Haar war sorgfältig frisiert. Unter dem Licht der Lampen fielen auch die roten Wellen auf, die hineingetönt waren. Das gleiche Rot zeigte das Gestell der Brille. Sie besaß die stilisierte Form eines Schmetterlings und stand der Frau gut, die unter der Kostümjacke keine Bluse trug, nur die weiße, helle Haut. Das Gesicht zeigte eine sorgfältig geschminkte Glätte, die Lippen waren vielleicht eine Spur zu breit, das Lächeln geschäftsmäßig.
»Sie wollen uns einen Besuch abstatten?« erkundigte sich die elegante Person, wobei ihre Augen hinter den Gläsern wanderten und sie uns blitzschnell einstufte.
»Das hatten wir vor.«
»Ich bin Regine Dumont«, erklärte sie, »und gleichzeitig Chefredakteurin des Universum-Verlags.« Sie räusperte sich und entschuldigte sich dafür. »Mit wem, bitte, habe ich das Vergnügen?«
Jane fühlte sich durch die Anwesenheit der Frau irgendwie herausgefordert. Sie übernahm die Antwort und stellte uns vor, verschwieg allerdings die Berufe.
Die beiden Frauen fixierten sich gegenseitig. Jane brauchte die Herausforderung, das war mir längst klargeworden. Nach den Stunden der Demütigung, in denen sie mit dem Knochenschädel umherlief,
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