0555 - Verrat der Götter
Blaster unter der Kutte hervor. Dann feuerte er einen Warnschuß ab.
Der grell aus der Mündung fauchende Laserstrahl traf in die Wand hinter den Gegnern und ließ Stein aufglühen und knackend zerspringen. Die Tempelsoldaten prallten zurück, suchten nach Deckung. Für ein paar Sekunden hatte Zamorra Luft.
Aber was half’s? Er steckte in der Falle. Der Raum, in dem der Gnom eingekerkert war, besaß kein Fenster und eine zweite Tür sowieso nicht. Es gab nur einen Luftschacht.
Nicht gerade das, was Zamorra sich für eine schnelle Flucht wünschte…
Er fuhr herum und sah den Gnom an. Der schien seinen Augen immer noch nicht trauen zu wollen.
»Herr«, keuchte er. »Seid Ihr’s denn wirklich? Seid Ihr wahrhaftig hergekommen, um mich zu befreien?«
»Her mit deinen Händen und Füßen!« befahl Zamorra.
Der Gnom begriff sofort und streckte seine Gliedmaßen aus. Mit zwei schnellen Laserschüssen zerglühte Zamorra die Ketten zwischen den Hand- und Fußschellen. Jetzt konnte der Schwarze sich wenigstens wieder bewegen, auch wenn er die Eisenschellen natürlich noch nicht los war. Allein durch ihr Gewicht behinderten sie ihn in seiner Bewegungsfreiheit, und mit den scharfen Kanten schürften sie die Plaut an den Gelenken auf.
Aber - verdammt! - es gab Schlimmeres!
Die Tempelsoldaten zum Beispiel. Die trauten sich jetzt wieder näher, als er sich nur wenige Augenblicke lang nicht um sie gekümmert hatte. Abermals trieb er sie mit ein paar Warnschüssen zurück.
»Kannst du noch zaubern?« fragte er den Gnom.
»Alles, was Ihr wollt, Herr de Montagne«, versicherte der Kleine sofort. »Gold, schöne Frauen, ein köstliches Festmahl…«
»Verdammt, wir müssen hier raus!« fuhr Zamorra ihn an. »Schaffst du es, den Soldaten eine Illusion vorzugaukeln?«
Da schüttelte der Kleine traurig den Kopf.
»Ihr kennt mich, Herr. Ihr wißt, wieviel mir schiefgeht. Und ich bin schwach. Ich scherzte eben.«
Zamorra seufzte bitter. Er hatte es befürchtet.
»Die Nacht im Kerker hat dir zugesetzt, nicht?«
Der Gnom nickte stumm.
Die Tempelsoldaten schlugen eine neue Taktik ein. Sie drangen nicht vor, sondern nahmen mit ihren Laserwaffen den Eingang der Kammer unter Strahlbeschuß. Die grellen Energiebahnen zersprühten am Türrahmen, heizten das Mauerwerk auf. Innerhalb weniger Augenblicke stieg die Temperatur in der kleinen Klause beträchtlich an.
»Sie wollen uns braten«, klagte der Gnom. Er preßte die Hände an die Schläfen. »Mir fällt kein Zauber ein, mir fällt einfach nichts ein… Bei allem, was mir heilig ist… ich kann’s nicht… nicht mehr…«
Es wurde immer heißer. Von dem Stein, der bereits zu schmelzen begann, gingen schwere Dämpfe aus, die sich in der Zelle verteilten und das Atmen zusätzlich erschwerten.
»Versuch, uns in deine Zeit zurückzubringen!« stieß Zamorra hervor. »Oder meinetwegen auch in unsere! Rasch, ich kann dir helfen! Ich habe einen Dhyarra-Kristall!«
Es bedeutete, daß er Nicole in dieser Zeit und auf dieser Welt zurücklassen und auf Merlins Eingreifen vertrauen mußte! Es bedeutete, daß Nicole, die sich noch irgendwo in der Stadt aufhielt, vielleicht starb, wenn Lucifuge Rofocales Energiewelle auch ohne den magisch aufgeladenen Gnom stark genug war, eine Katastrophe auszulösen!
Aber diese Explosion würde zumindest schwächer sein ohne den Gnom. Es würde den anderen zumindest eine Chance geben!
Der Gnom hustete krampfhaft.
»Es… muß vorbereitet… werden…«, keuchte er und krümmte sich zusammen, während auch Zamorra bereits nach Atem rang.
Die Hitze war bereits unerträglich geworden, schlimmer als in einer Schwitzhütte der Cheyenne- oder Sioux-Indianer. Immer noch gaben die Tempelkrieger aus ihren Blastern Dauerfeuer. Zamorra hätte es nie für möglich gehalten, daß in den Magazinen dermaßen viel Energie steckte.
»Ich… zu wenig Zeit… kann nicht…«
Im nächsten Moment brach der Gnom besinnungslos zusammen.
Da war es auch mit Zamorras Beherrschung vorbei.
Er konnte der Glut und den betäubenden Dämpfen nicht mehr länger standhalten.
Er mußte aufgeben…
***
In Merlins unsichtbarer Burg Caermardhin standen sich zwei Wesen im Saal des Wissens gegenüber. Merlin berührte einige der Myriaden selbstleuchtender Kristalle, aus denen die Wände des Saales bestanden. Jeder dieser Kristalle barg Informationen, und ständig flössen neue Daten hinzu. Was auch immer in der Welt geschah - in den Welten, zu denen Merlin Kontakt unterhielt -,
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