0556 - Milenas Opferstätte
er die Waffe kaum anzuwinkeln.
Er würde flach schießen können.
Der andere war schneller.
Ich stand günstig. Praktisch in Grealys Rücken, dabei etwas versetzt und mit der Beretta in der Rechten.
Ich schoß.
Die Kugel war genau gezielt. Das blaß leuchtende Gesicht der Fledermaus-Bestie konnte ich nicht verfehlen. Die geweihte Silberkugel platzte mitten hinein und zerstörte es.
Die Schwingen bewegten sich plötzlich arhythmisch. Ich sah noch, wie sie stürzte, vernahm einen schrillen Aufschrei und erlebte im nächsten Augenblick eine Explosion.
Grealy hatte gefeuert.
Fast schon eine mörderische Detonation. Aus dem rechten Rohr war eine handlange Feuerlanze gefaucht, gefolgt von der Ladung aus Schrot und geweihtem Silber.
Nicht nur den Kopf der blutgierigen Bestie erwischte Grealy, auch die Schwingen blieben bei dieser Streuwirkung nicht verschont. Das geweihte Silber riß sie auf, fetzte Teile aus den Schwingen, der Kopf war gar nicht mehr vorhanden. Feuer erfaßte die Stücke der Flügel, als sie zu Boden segelten und dort verbrannten.
Grealy ließ seine Schrotflinte sinken. Er drückte den Rücken durch, legte den Kopf in den Nacken und gab einen wilden Schrei von sich, der hinein in die tiefe Stille der Nacht stach.
»Geschafft!« brüllte er dann, ballte die rechte Hand zur Faust, hob den Arm an und wuchtete ihn nach unten. »Verdammt noch mal, wir haben es geschafft.«
»Natürlich.«
Auf meine trockene Antwort hin drehte er sich um. Er schaute mich an. Zunächst lauernd, dann etwas dümmlich, aber auch der Ausdruck wechselte, als sich das Begreifen in seine Augen stahl.
»Moment mal, Sir, Moment mal. Da waren zwei Schüsse, nicht wahr?«
»So ist es. Ich habe den ersten Blutsauger erledigt. Er wäre in Ihren Nacken gejagt.«
»Einfach so?«
»Ja.«
»Das meine ich nicht«, sagte er und lud seine Waffe nach. »Sie haben geschossen und ihn erwischt.«
»In der Stirn.«
Grealy räusperte sich, bevor er losstiefelte und dort stehenblieb, wo die Reste der Bestie liegen mußten. Sie lagen nicht mehr dort.
Das meiste jedenfalls nicht. Den Staub hatte der Wind längst mit sich genommen und irgendwo verteilt.
Ich wußte, was in seinem Kopf vorging und ließ ihn zunächst einmal in Ruhe. Dabei suchte ich den Himmel nach weiteren Bestien ab, konnte jedoch keine mehr entdecken.
Grealy schnaubte, als er sich umdrehte. »He, Sir, Lebensretter. Ich habe mit dir zu reden.«
»Tatsächlich?«
»Ja, verdammt!«
»Dann bitte.«
»Wo hast du deine Kanone?«
Ich zog sie hervor. »Eine Beretta, ein Modell aus Italiens bekanntester Waffenschmiede.«
Er nickte, starrte die Pistole an, hütete sich aber davor, sie zu berühren. »Hast du was, Grealy?«
»Ja…«, dehnte er und schaute auf seinen Schießprügel. »Damit hast du eine Bestie gekillt?«
»Klar.«
Auf der Straße verbrannten die letzten Flügelreste. Das Feuer erlosch und damit auch der Widerschein, der bisher auf unseren Gesichtern gelegen hatte. »Dann muß sie etwas Besonderes sein.«
»Nicht die Waffe, der Inhalt.«
»Was heißt das?«
»Es gibt noch andere Menschen außer dir, die sich auf geweihte Silberkugeln verlassen.«
Grealy starrte mich an, schob die Unterlippe vor und blies den Atem in die eigenen Nasenlöcher. »Interessant«, murmelte er, »sehr interessant. Kann ich Partner sagen?«
»In diesem Fall ja.«
Er reichte mir die Hand und lachte. »Weißt du, Sir, ich habe dich zuerst für einen Dämon oder etwas Ähnliches gehalten. Aber die Ansicht muß ich wohl revidieren.«
»Das glaube ich auch.«
»Dann ist dein Auftauchen nicht so rein zufällig, wie man eigentlich vermuten könnte.«
»Stimmt.«
»Und du kommst aus…?«
»London.«
»Ein verdammt weiter Weg. Hat sich der Horror schon bis in die Hauptstadt durchgesprochen?«
»Nicht direkt, aber ich habe so meine Beziehungen. Außerdem gehört es zu meinem Job.« Ich setzte mich wieder in Bewegung, um auf den Porsche zuzugehen.
»Das Jagen von Vampiren?« fragte er.
»Unter anderem.« Ich blieb dort stehen, wo der zweite verbrannt war. Auf dem Asphalt klebten dunkle Flecken, gegen die ich mit dem Strahl meiner Lampe leuchtete.
Grealy trug Schuhe mit Nägeln an den Absätzen. Sie kratzten über den Boden, als er auf mich zukam. »Wie Öl, nicht?«
»Richtig.«
Er nickte. »Ich will ja nichts behaupten, aber ich meine, daß wir es bei diesen Blutsaugern mit einer neuen Generation von Vampiren zu tun haben.«
»Die nicht zu Staub zerfallen, wenn man sie
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