0557 - Gehetzt, gejagt, getötet
wohl fühlen«, meinte Jane. »Das ist die richtige Umgebung für sie.«
»Meinst du?«
»Klar doch. Nebel, Dunkelheit, ein fast voller Mond. Sieht aus wie ein bleiches Auge.« Jane schüttelte sich. »Wenn ich an früher denke, da habe ich das Licht des Mondes geliebt. Heute… verdammt, Suko, was ist das denn?«
»Nebel…«
»Klar, weiß ich auch.«
Sie hatten beide von der Wand gesprochen, in die zwei Scheinwerferstrahlen hineinglitten und aufgesaugt wurden. Sie erhellten einen Teil der wolkigen Fläche. Darauf kam es Jane und Suko nicht an.
Scharf zeichnete sich die Gestalt davor ab.
Ein Mann!
Ob er direkt auf oder nur zur Hälfte auf der Straße stand, war nicht genau zu erkennen. Auf die beiden im BMW wirkte er wie ein Pantomime, der mit abgehackten Bewegungen in die Scheinwerferlanzen hineinwinkte, als wollte er den Wagen stoppen.
Jane lachte scharf auf. »Ein Anhalter«, sagte sie. »Wie schön.«
»Das wird sich noch herausstellen.«
»Willst du denn stoppen?«
»Klar. Der steht doch nicht zufällig da. Und einen Wagen, den er in den Graben gesetzt hat, sehe ich auch nicht.«
»Jetzt geht er sogar auf die Straßenmitte.« Jane schüttelte den Kopf. Der Mann trug dunkle Kleidung. Sie wurde von einem Mantel aus Nebelstreifen umwabert. Der Dunst kroch an ihm hoch und ließ seine Gesichtszüge verschwimmen.
Suko stoppte den BMW direkt vor ihm.
»Müssen wir den einladen?« fragte Jane, denn sie sah, daß der Mann keinerlei Anstalten traf, sich in Bewegung zu setzen.
»Mal sehen.« Auf Knopfdruck surrte die Scheibe nach unten. Suko drehte sein Gesicht in den Nebel. Seine Stimme klang dumpf, als er fragte: »Was ist mit Ihnen los?«
»Ich warte hier.«
»Auf uns?«
»Vielleicht…«
Der Typ sprach in Rätseln. Suko schaute Jane an und hob dabei die Schultern. Auch sie wurde aus dem Mann nicht schlau, der die Hände in die Taschen der anorakähnlichen Jacke geschoben hatte und darauf wartete, daß etwas geschah.
»Der Aussprache nach ist er kein Engländer«, flüsterte Jane. »Hört sich ziemlich hart an.«
»Osteuropa.«
»Tschechei, würde ich sagen.«
»Milena ist auch eine Tschechin gewesen. Da wären wir bei ihm sogar richtig.«
»Ich würde ihn vorerst nicht laufenlassen«, flüsterte Jane.
»Genau das habe ich auch vor.« Suko stieß die Fahrertür auf und verließ den Wagen.
Der Fremde ging nicht weg. Er strich nur mit der Hand über das feuchte Blech der Kühlerhaube, als wollte er sie putzen. Suko blieb vor ihm stehen. »Wollen Sie mit oder nicht?«
Der Fremde strich über seinen schmalen Oberlippenbart. »Es kommt darauf an, wo Sie hinfahren.«
»Die Straße führt nach Talley.«
»Dort wohne ich.«
»Ist doch gut.«
»Aber ich will nicht dorthin.«
»Sondern?«
Er hob die Schultern. »Eigentlich wollte ich dem Kloster einen Besuch abstatten.«
»Zu Fuß?«
»Es ist nicht weit.«
»Gibt es dort etwas Besonderes zu sehen?« erkundigte sich Suko.
»Möglich.«
»Wie heißen Sie?«
Der Mann lachte. »Es geht Sie zwar nichts an, aber ich bin Basil Kropec.«
»Das hört sich tschechisch an.«
In seinen Augen leuchtete es. »Ja, das ist so, und ich bin stolz darauf.«
»Schön, daß wir uns gefunden haben.« Suko lächelte. »Auch wir sind unterwegs, um eine Tschechin zu suchen. Vielleicht kennen Sie die Person. Sie heißt Milena Mancow.«
Kropec trat einen Schritt zurück. Es sah so aus, als wollte er im Nebel verschwinden. »Milena!« flüsterte er, »ja, ich kenne sie. Ich kenne sie sogar gut…«
»Okay, dann führen Sie uns.« Suko drehte sich und deutete auf den Wagen. »Bitte, steigen Sie ein.«
Basil Kropec überlegte noch. Seine Lippen zuckten. Es sah aus, als wollte er lächeln. »Gut, fahren wir. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich zum Kloster will.«
»Stimmt.«
»Da müssen wir jetzt hin.«
»Finden wir Milena dort?«
In seinen dunklen Augen blitzte für einen Moment Freude auf.
»Ja«, sagte er. »Wir werden sie dort finden.« Er schaute in den Wagen. »Oh, Sie sind nicht allein gekommen.«
»Nein, eine Freundin ist dabei. Jane Collins. Ich heiße übrigens Suko, aber das spielt keine Rolle.«
Boris Kropec lächelte, als er einstieg und sich in den Fond setzte.
Bevor Suko starten konnte, wurde ihm noch klargemacht, daß sie bald die Straße verlassen mußten.
»Ins Gelände hinein?«
»Ja. Es gibt aber einen schmalen Pfad, der bis in die Nähe unseres Ziels führt.«
»Schön, Mr. Kropec. Sonst noch etwas?«
Der Tscheche lächelte und
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