0557 - Gehetzt, gejagt, getötet
schaute etwas verlegen auf seine Hände. »Da wäre noch eine Kleinigkeit zu klären.«
»Reden Sie!«
»Haben Sie eigentlich Angst vor Vampiren…?«
Nicht Suko antwortete, sondern Jane. Sie drehte sich auf dem Sitz und schaute zurück. »Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, Mr. Kropec. Aber gibt es die überhaupt…?«
Er schob seinen Kopf vor. In den Augen lag ein beinahe schon unheimliches Funkeln. »Manchmal, schöne Frau«, flüsterte er, »manchmal gibt es die Blutsauger.«
»Auch hier, Mr. Kropec?«
»Lassen Sie sich überraschen…«
***
Unter der Erde, tief in den Gewölben und Gängen, wo das Schweigen tagsüber wie eine dicke Wand lastete, wurde es allmählich lebendig. Leben kehrte in die Finsternis zurück, doch es war ein grausames, ein schlimmes, untotes und nicht lebenswertes Leben.
Die Vampire erwachten…
Sie hatten genau mitbekommen, daß sich über ihnen der Tag verabschiedete. Die Helligkeit und die Strahlen der Sonne waren zurückgedrängt worden. Jetzt krochen die langen Schatten der Dämmerung heran, vermischt mit weißgrauen Nebelschwaden, die eine gesamte Landschaft gespensterhaft bleich umfingen.
Unruhe erfüllte die Nischen in dem langen Gang unter den Resten des Klosters.
Die Vampire erwachten. Sie hatten den Tag schlafend verbracht.
Im Aussehen als normale Menschen, aber nun, wo die Dunkelheit da war, erlebten sie ihre zweite Existenz.
Aus aufgerissenen Mündern drang ein manchmal qualvolles Stöhnen. Auf den Gesichtern spannte sich die Haut und schien so dünn wie die Bespannung einer Trommel zu werden.
Augen bekamen einen anderen Glanz und nahmen an Größe zu.
Schwarze Pupillen »leuchteten«. Lippen rissen, bildeten breite Mäuler, und aus den Oberkiefern schauten die langen Blutzähne hervor.
Sie waren bereit, die Verstecke zu verlassen, um auf Blutjagd zu gehen. Zudem sollte diese Nacht eine besondere sein, denn ihre große Meisterin Milena hatte endlich die Chance bekommen, sich wieder zu befreien. Die Zeiten des Redens, des Wartens waren vorbei. Jetzt konnte sie sich endlich rächen, denn das Gefäß mit ihrer Asche war ihr gebracht worden.
Asche, die sie brauchte, um als Königin die unterirdischen Verstecke zu verlassen.
Ihre Diener verwandelten sich weiter. In das Dunkel der Nischen tauchte das alte Grauen hinein. Bewegungen entstanden. Schatten wanderten von Wand zu Wand. Zuckend manchmal, dann wieder schwerfällig über das alte Gemäuer huschend.
Schatten, noch schwärzer als die Finsternis und allmählich Gestalt annehmend.
Schwingen entstanden. Arme waren verschwunden, die Beine der Menschen ebenfalls. Die Verwandlung zu Fledermäusen vollzog sich nach einem genau abgestimmten Ritual.
Die Vampire haßten plötzlich die Enge der Nischen. Sie wollten hinaus, sie suchten Blut, sie wollten die Jagd.
Diesmal sollte es eine besondere werden, denn an ihr würde auch Milena teilnehmen.
Sie drückten sich aus ihren Verstecken. Im Gang bewegten sie die Schwingen. Staub wirbelte auf. Kleintiere, auch Ratten und Mäuse huschten in ihre Verstecke.
Das Böse war unterwegs…
Die Blutsauger kannten den Weg. Es gab nur einen Ausgang. Die alte, breite Steintreppe führte in die Höhe und zu dem versteckten Eingang, den bisher niemand gefunden hatte.
Der Reihe nach schwebten sie mit hastigen Flügelbewegungen über die Stufen.
Schon bald hatte der erste den Ausgang erreicht und drückte sich ins Freie. Dunkelheit, vermischt mit grauen Nebelschwaden, umfing sie. Das gab ihnen Deckung, sicheren Schutz, denn sie wollten einzig und allein aus dieser Sicherheit heraus agieren.
Kaum spürten sie die Kälte und den feuchten Nebel, da breiteten sie die Schwingen aus.
Der erste stieß sich vom Boden ab.
Ein schwarzes, breites Monstrum mit einem bleichen Gesicht, in dem zwei Vampirhauer darauf warteten, in Adern schlagen zu können.
Sie wollten Blut – sie würden es bekommen…
***
Es war für Bill Conolly nicht zu fassen. Beim Erwachen überkam ihn das Gefühl, aus einer Welt zurückzukehren, die man mit dem Reich der Toten umschreiben konnte.
Es gab für ihn keine Erinnerung mehr. Nur die absolute Leere in einer unermeßlichen Tiefe, die Bills Geist gefangengehalten hatte und ihn endlich freigab.
Er stieg auf, bahnte sich seinen Weg in Bills Gedächtnis. Zum erstenmal spürte er wieder Leben in sich. Der Kreislauf lief normal.
Blut rann durch die Adern, versorgte sein Gehirn. Der Sauerstoff trug ebenfalls dazu bei, daß Bills Denken angekurbelt
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