056 - Der Banknotenfälscher
mit einer Kopfbewegung fort.
»Ich bedauere, Mrs. Clifton«, führte er sich ein, »aber ich habe eine sehr unangenehme Pflicht zu erfüllen.« Erst in diesem Moment entdeckte er den Chefinspektor. »Sie sind mir ein wenig zuvorgekommen, Sir«, meinte er spitz.
»Bin auch gerade erst gekommen, Rouper«, brummte der andere. »Tun Sie nur Ihre Pflicht.«
Rouper verschluckte eine Gegenäußerung, kramte in seiner Brusttasche und zog ein zusammengefaltetes Papier hervor.
»Ich habe hier den vom Gericht erlassenen Hausdurchsuchungsbefehl, Mrs. Clifton. In Befolgung dieses dienstlichen Auftrages mochte ich jetzt Ihre Wohnung genauestens durchsuchen.«
»Er muß seiner Pflicht nachkommen«, sagte Bourke salbungsvoll mit einem nahezu wohlwollenden Blick auf seinen Untergebenen, nahm seinen Hut und klemmte das braune Paket unter den Arm.
»Ja, als Junggeselle muß ich meine Wäsche selber zur Wäscherei bringen, lieber Rouper«, nickte er ihm zu, dann verließ er nach einer Verbeugung vor Jane das Zimmer. Er überließ es ihr, Mr. Rouper, dessen Gesicht immer länger wurde, auf seiner Suche nach blutigen Kleidern und einem Tagebuch durch die Wohnung zu führen.
Rouper steuerte sofort zielsicher auf den Wandsafe zu.
»Kennen Sie die Kombination?« wollte er wissen.
»Nein«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
Offenbar schenkte er ihr keinen Glauben; aber seine Frage war ganz überflüssig gewesen, denn er zog einen Zettel aus der Tasche, prägte sich die darauf verzeichneten Buchstaben ein und hatte gleich darauf den Stahlschrank geöffnet.
Rouper erbrach die versiegelten Umschläge und sah ihren Inhalt durch. Sie schienen jedoch keine Geheimnisse zu enthalten: Es gab da einen oder zwei Mietverträge, ein Bündel Briefe, die anscheinend mit Peters Aufenthalt in Südafrika zu tun hatten, und ein Dokument, das der Inspektor entfaltete, um einen Blick hineinzuwerfen. Jane guckte über seine Schulter und erkannte, daß es ein Testament war - vermutlich das von Peters Vater. Ihr kam blitzartig die Erinnerung an Mr. Radlows Worte: ›Wenn die Esel nur das Testament genauer studiert hätten . . .‹ Anscheinend war Rouper an diesem Dokument nicht interessiert, denn er faltete das Papier wieder zusammen und legte es neben die anderen auf einen Sessel.
Jane nahm sich vor, sich das Kennwort für das Sicherheitsschloß zu verschaffen und das Testament genauer durchzusehen. Angesichts der neuen Probleme, die der Abend noch brachte, vergaß sie aber diesen Entschluß wieder.
Das Ergebnis der Haussuchung war für Rouper höchst unbefriedigend. Er hatte auch das von Longford mitgebrachte Gepäck durchstöbert, jedoch ohne Erfolg. Hierüber verärgert, beging er einen Fehler:
»Was war denn in dem Paket, das Chefinspcktor Bourke mitgenommen hat?« fragte er, doch noch ehe er den Satz vollendet hatte, erkannte er, daß er eine Dummheit begangen hatte.
»Sollten Sie diese Frage nicht Chefinspektor Bourke selbst stellen?« antwortete Jane gelassen.
»Ich habe nur gescherzt, Mrs. Clifton.«
Das kam so eilig heraus, daß Jane erkannte, Rouper hatte eine Heidenangst vor seinem Vorgesetzten.
»Ich hoffe, Sie werden es Mr. Bourke nicht wieder sagen; er könnte meinen Spaß mißverstehen.«
Gleich darauf verabschiedete er sich, und Jane blieb wieder ihren Gedanken überlassen. Das Mosaik, mit dem sich ihr Geist unausgesetzt beschäftigte, war um einige bunte Steine bereichert worden.
Ehe sie sich zu ihrem einsamen Abendessen niedersetzte, rief Peter an. Er schien überaus nervös zu sein, und Jane konnte sich vorstellen, in welcher Spannung er lebte.
»Ich konnte dich leider nicht eher anrufen, es gab hier allerlei Unannehmlichkeiten«, entschuldigte er sich, aber dann erkundigte er sich gleich teilnahmsvoll nach ihrem Ergehen und fragte, ob sie auch alles habe, was sie brauche. »Es muß doch scheußlich für dich sein, so altein in der fremden Wohnung zu sitzen. Willst du nicht deinen Vater bitten, über Nacht zu dir zu kommen?«
Jane hatte selbst schon daran gedacht, den Plan aber doch wieder verworfen.
»Nun, morgen komme ich zu dir«, fuhr Peter fort. »Hast du übrigens Bourke gesehen - und auch Rouper?«
Jane berichtete von dem Besuch Roupers, wollte aber am Telefon nicht von Bourkcs seltsamem Benehmen erwähnen.
»Ich bin in einer sehr dummen Lage«, hörte sie Peter weitersprechcn. »Anscheinend war ich der Mann, der der Nachrichtenagentur den ersten telefonischen Bericht über das Verbrechen gegeben hat, obschon ich
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