056 - Der Banknotenfälscher
Zuneigung, die sie für ihn empfand, war vielleicht vor allem dem reibungslosen Verhältnis zwischen ihnen zuzuschreiben.
»Die ganze Geschichte ist furchtbar!« John Leith saß wieder in dem altgewohnten Lehnstuhl, und die weißen Hände mit den langen, feinen Fingern strichen durch den Bart. »Mit Hate habe ich nicht viel Mitleid - er war ein Lump! Ich habe ihm noch am Vorabend deiner Hochzeit ins Gewissen geredet, und dann hat er sich doch so schändlich benommen.«
»Weißt du, daß man Peter des Mordes verdächtigt?«
»Ja, ich habe die Zeitungen gelesen.« Er streckte die Glieder und seufzte tief: »Gott sei Dank, daß du dir nichts aus ihm machst!«
»Ich liebe ihn aber«, sagte sie einfach. Er richtete sich kerzengerade auf und starrte sie ungläubig an.
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst?« Er versuchte gar nicht erst, seine Betroffenheit zu verhehlen. »Natürlich hatte ich immer den Eindruck, daß er dir nicht gerade unsympathisch war, und natürlich hoffte ich, daß du ihn mit der Zeit gern haben würdest, aber . . .«
Ihr Vater sprach nur zögernd, und seine Worte konnten sie nicht überzeugen. Vielmehr dämmerte ihr die Erkenntnis auf, daß er es durchaus nicht gehofft hatte.. »...aber ich habe mir gedacht...« Offensichtlich war ihm nicht sehr behaglich zumute. »Habe mir gedacht, daß eure Ehe - du wirst dich doch erinnern, daß du mir noch vor Antritt eurer Hochzeitsreise gesagt hast, du würdest Peter bitten, dich noch einige Zeit in Ruhe zu lassen, damit du ihn besser kennenlernen könntest. Tatsächlich habe ich Peter angedeutet . . .«
Jane unterbrach ihn.
»Ich habe genug Zeit gehabt, ihn kennenzulernen - und ich liebe Peter. Alles, was ich früher gesagt habe und was du angedeutet hast, ist belanglos geworden. Ich liebe ihn - aber ich weiß wirklich nicht, ob ich deshalb glücklicher bin.«
Er blickte sie beunruhigt an. Verlegen meinte er dann:
»Darüber müßte man sehr glücklich sein, wenn - wenn nicht diese schreckliche Geschichte geschehen wäre.«
Plötzlich fiel Jane ein, daß sie ihrem Vater schon bei ihrem letzten Beisammensein etwas hatte erzählen wollen.
»Weißt du, daß Peter die angeblich verlorenen Radierungen wiedergefunden hat?«
Einen Augenblick sah er sie verdutzt an.
»Was für Radierungen?« Dann sah sie, wie ihm das Kinn herabsank. »Du meinst doch nicht ... Du meinst doch nicht die Platten?« Er nahm sich jedoch rasch zusammen und fuhr fort: »Das freut mich wirklich! Hat Peter dir gesagt, wo er sie gefunden hat?«
Jane war sprachlos vor Staunen. Warum machte diese belanglose Nachricht einen so gewaltigen Eindruck auf ihn, daß alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen war?
»Ja, ich freue mich, daß Peter die Radierungen wiedergefunden hat.« John Leith hatte seine Selbstbeherrschung zurückgewonnen. »Weißt du, Jane, sie waren ja keine epochemachenden Meisterwerke, aber Peter hat doch wohl sehr großen Wert auf sie gelegt... Ich hätte das sicher auch getan, wenn ich in seinem Alter schon ähnliches geleistet hätte.«
Anscheinend hatte er keine Lust, die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage zu besprechen. Dagegen kam er noch einmal auf ihr Verhältnis zu ihrem Mann zurück.
»Ich würde mich an deiner Stelle nicht zu stark an Peter binden, Jane ... Ich hatte heute ein längeres Gespräch mit Wells, und er sagte mir, daß er heute morgen einen Spezialisten nach Longford Manor gerufen habe, um Peter untersuchen zu lassen; sie seien beide ein wenig beunruhigt. Auch wisse er nicht, wie die Kriminatuntersuchung ausfallen werde. Du mußt dich jedenfalls auf das Schlimmste gefaßt machen.«
»Mit anderen Worten: Du glaubst, Peter ist wahnsinnig?«
Ihr Vater zuckte die Achseln.
»Ich weiß es nicht. Wells ist verdammt schlau und natürlich ganz auf Peters Seite . . .«
»Wirklich?«
Er blickte sie scharf an.
»Warum fragst du?«
»Ich bin mir dessen nicht so sicher.«
»Daran kann gar kein Zweifel bestehen«, betonte John Leith mit erhobener Stimme. »Natürlich muß Wells auf seine Berufspflichten Rücksicht nehmen. Er ist ein angesehener Mann.«
»Seit wann ist er denn ein sehr angesehener Mann, Vater?«
Es war ein Abend der Überraschungen für John Leith.
»Was du für sonderbare Fragen stellst! Ich dachte immer, du hättest Donald gern?«
»Wie lange ist er schon ein sehr angesehener Mann? Wann hat er denn Nunhead verlassen?«
Bei dem Wort Nunhead stutzte John Leith.
»Wer hat dir etwas von Nunhead erzählt?« erkundigte er sich,
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