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056 - Der Werwolf

056 - Der Werwolf

Titel: 056 - Der Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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schnitten ihn in Lefzen und Zunge.
    Gellend schrie Anita Lassner auf. Trotz des heftigen Schmerzes handelte sie geistesgegenwärtig. Sie griff hinter sich. Dabei wischten ihre langen blonden Haare über die Augen des Tieres und nahmen ihm die Sicht. Als sich der Wolf auf den weißen Hals stürzen wollte, fand er statt dessen etwas Weiches, in dem sich seine Zähne verfingen.
    Er schüttelte den Kopf, und das Kissen verwandelte sich in eine Masse aus weißem Stoff und Federn. Durch diesen Wirbel hindurch stieß der Wolfsschädel abermals nach vorn und erwischte Fleisch, warmes Menschenfleisch. Tief grub er seine Zähne in die runde, feuchte Schulter der Frau, die ein zweites und ein drittes Mal aufschrie.
    Dieser folternde, hohe Ton schnitt schmerzhaft in die Lauscher des Wolfes und ließ ihn für Augenblicke das heiße Verlangen nach Rache vergessen. Er sprang vom Bett, Anita Lassner mit langen Kratzern auf Hals und Brüsten zurücklassend.
    Plötzlich hörte er hastige Schritte hinter sich. Noch einmal gellte ihm der schrille Schrei ins Ohr.
    „Anita!“ rief der Arzt, der durch den Korridor gerannt kam. „Was ist?“
    Der Wolf fuhr herum. Längst hatten sich seine Augen an das Licht gewöhnt. Er sah, wie der Mann die Tür aufstieß und ins Zimmer hereinstolperte. Sie standen sich gegenüber, der Mensch und der Wolf. Tödliches Erschrecken stand in dem Gesicht des Landarztes.
    Das Tier sprang ihn an. Wie von einer Feder losgeschnellt, warf sich die Bestie gegen die Brust des Arztes. Dr. Lassner rutschte mit einem Fuß auf dem zusammengeschobenen Teppich aus und krachte schwer gegen den Türrahmen. Zweimal biß der Wolf in die schützend erhobenen Arme, dann waren die verhaßten Augen des Mannes dicht vor seinen Raubtierlichtern.
    In dem tödlichen Lächeln des Wolfes lag die rasende Wut des Tieres, der Wunsch, seinen Gegner unschädlich zu machen. Er rammte seinen Schädel nach vorn, durch die unvollständige Deckung der Arme hindurch und drehte den Kopf nach rechts.
    „Nein!“ gurgelte der Arzt. „Nein … Anita, hilf …!“
    Er spürte einen rasenden Schmerz in den Halsmuskeln, der ihn fast bewußtlos machte. Kraftlos sanken seine Hände herab, fuhren dann ziellos nach oben und versuchten, den Hals des Untieres zu erreichen. Es gelang ihm nicht mehr.
    Einen Augenblick lang stand der Wolf regungslos über seinem Gegner. Ein herrliches Gefühl durchpulste ihn. Wieder hatte er gesiegt, einen Teil seiner Rache ausgekostet! Der erschlaffende Körper, aus dem das Leben zu rinnen begann, interessierte ihn nicht mehr.
    Im gleichen Moment spürte das Tier einen dumpfen Schmerz im Rücken. Fast senkrecht sprang der blutbespritzte Wolf in die Höhe und sah hinter sich Anita Lassner, die einen schweren Metall-Aschenbecher in der Hand hielt, mit dem sie noch einmal zuschlug. Sie war fast nackt und vom Hals bis zu den Knien mit Federn bedeckt, zwischen denen die Wunden hellrot hervorleuchteten.
    Mit einer instinktiven Reflexbewegung sprang der Wolf zur Seite, schnappte zu und erwischte Anita Lassner an der Wade.
    Wahnsinnige Angst vor diesem Killerwolf schnürte der Frau die Kehle zu. Ihr Schrei erstarb in einem Röcheln. Mit irrem Blick sah sie dem Tier nach, als es blitzartig durch die Tür verschwand. Dann brach sie zusammen und fiel halb über den Körper ihres sterbenden Mannes.
    Der schwarze Wolf stand inzwischen auf dem mondhellen Rasen. Er schüttelte sich und versuchte, die verhaßten Gerüche aus seinem Fell zu vertreiben. Um Blut und Federn abzuwaschen, wälzte er sich im feuchten Gras, dann setzte er sich auf die Hinterläufe und begann zu heulen.
    Es war ein wildes, schauerliches Geheul, wie ein Schrei aus einer anderen Welt. Die jammernden, klagenden und dennoch bösartigen Töne hallten bis zum Dorf hinüber und schreckten die Bewohner aus dem Schlaf. In die letzte Klage des schwarzen Wolfes mischte sich das gellende, hysterische Schreien der Frau, die wieder aus ihrer Ohnmacht erwacht war.
    Mit schräg nach unten hängender Rute, den grinsenden Rachen weit geöffnet, trabte die Bestie aus dem Dorf. Sie hatte mit der Rache begonnen. Der Hund, der Arzt und das Kind waren tot. Blieb nur die Frau, aber sie würde dafür sorgen, daß sich Angst und Schrecken verbreiteten. Alle würden sie zittern vor ihm, Christian Franke, dem Wolf! Er würde sie alle bestrafen – einige mit Verstümmelung, andere mit Tod. Am grausamsten würde er sich aber an Barbara rächen, an dem Weibchen, das er noch heute begehrte

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