056 - Metropole der Angst
ich sie und warf die Furie gegen die Wand, aber so war ihr nicht beizukommen. Sie konnte ewig in diesem Tempo weiterkämpfen, ohne zu ermüden.
Ich war zwar durchtrainiert und kampferprobt, aber irgendwann würde mir die Puste ausgehen, und darauf schien es das Höllenmädchen anzulegen, ich sollte mich verausgaben, und wenn ich mich dann vor Erschöpfung nicht mehr auf den Beinen halten konnte, würde sie mir ihre scharfen Zähne in die Kehle schlagen.
Ich durfte die Kontrolle über Julie Ross nicht verlieren.
Mit meinen Fäusten würde ich sie nur noch kurze Zeit auf Distanz halten können. Danach würde ihre Zeit anbrechen.
Aber das konnte ich nicht verhindern.
Mein Tritt beförderte sie weit zurück. Sie knallte mit dem Rücken gegen die Badezimmertür, stieß sie auf und landete in der Duschecke.
Ich hatte kurz Luft und holte mein silbernes Feuerzeug, das gleichzeitig ein magischer Flammenwerfer war, aus der Hosentasche. Blitzartig schoß mein rechter Arm vor.
Ich drückte auf den Knopf, und aus der Düse raste ein Flammenstrahl, der etwa ein Meter lang war.
Solange ich auf den Knopf drückte, stand die Flamme vor dem Feuerzeug. Es hatte den Anschein, ich würde ein Schwert in meiner Hand halten, dessen Klinge brannte.
Julie Ross fauchte zornig und wagte sich nicht näher. Sie spürte, daß die Flamme sie vernichten konnte.
Ich beschränkte mich nicht darauf, die Furie in Schach zu halten, sondern griff sie an, denn nun war ich ihr überlegen. Sie hatte mich zu töten versucht. Jetzt sollte es ihr ans Leben gehen.
Ich stach mit der lodernden Flammenzunge auf sie ein.
Sie wich zurück. Ich folgte ihr. Sie packte einen Stuhl und warf ihn mir entgegen. Das war jetzt ein Rückzugsgefecht. Julie brauchte ein paar Sekunden, um fliehen zu können.
Ich sprang zur Seite, berechnete die Flugbahn des Stuhls jedoch falsch und wurde von der Lehne an der Schulter getroffen.
Ein stechender Schmerz durchzuckte mich, und Julie Ross bekam ihre wichtigen Sekunden, die sie sofort nützte.
In Gedankenschnelle drehte sie sich um und hetzte zur Tür. Mit dem magischen Flammenwerfer war sie nicht aufzuhalten. Ich hätte sie mit einer geweihten Silberkugel stoppen können, aber der Knall wäre im ganzen Stock gehört worden.
Ich mußte das Höllenmädchen lautlos ausschalten, und dafür standen mir drei silberne Wurfsterne zur Verfügung, die ich in der Tasche meiner zerfetzten Jacke trug.
Einer würde genügen.
Ich stieß meine Hand in die Tasche, und Augenblicke später flog etwas Blitzendes durch die Luft.
Die Sterne hatten die Form eines Pentagramms, in dessen Schenkel eine Menge Zeichen und Symbole eingraviert waren. Außerdem waren sie auch noch geweiht und somit brandgefährlich für Wesen wie Julie.
In einer kaum meßbaren Zeitspanne holte der Silberstern das Höllenmädchen ein. Der Drudenfuß traf sie zwischen den Schulterblättern, ehe ihre Hand sich auf den Türknauf legte, und dann passierte etwas, das mich verblüffte.
Julie Ross' Körper wölbte sich vor, und ich vernahm ein dumpfes Geräusch, so, als würde etwas, in dem sich Luft befand, zerplatzen.
Ja, die Furie zerplatzte.
Nach Schwefel stinkende Hitze wehte mich an, und dann war das Mädchen nicht mehr vorhanden. Der Silberstern klimperte zu Boden. Aus.
***
Ich atmete mehrmals kräftig durch, hob den Stern auf und steckte ihn ein. Dann drehte ich mich um und schaute dorthin, wo Julie Ross ihre Handtasche abgelegt hatte.
Auch diese gab es nicht mehr.
Es schien so, als hätte die Furie nie existiert. Aber mein Hemd, die Jacke… Ich hatte sie mir nicht selbst zerrissen!
Die Hölle hatte mir einen ersten Willkommensgruß geschickt. Wenn es Julie gelungen wäre, mich ins Bett zu kriegen, wäre ich verloren gewesen. Meine Standhaftigkeit hatte mir das Leben gerettet.
Wieder klopfte es, und diesmal war es Mr. Silver. Seine perlmuttfarbenen Augen weiteten sich.
»Sag mal, wie siehst du denn aus?«
»Man hat mich zum Lumpenball eingeladen«, entgegnete ich. »Soll ich deine Kleidung auch ramponieren?«
Der Ex-Dämon zog die Luft prüfend ein. »Schwefel!« stellte er fest. »Was ist passiert?«
Ich berichtete es ihm.
»Verdammt!« knurrte der Hüne.
»Wenn es bisher noch Zweifel gegeben haben sollte, jetzt steht es fest, Silver: Es ist etwas faul im Staate Dänemark.«
»Wieso in Dänemark? Ich denke, wir sind in Amerika.«
»Das sagt man so, stammt aus der Weltliteratur, du Banause.«
»Was habe ich mit deiner Weltliteratur zu schaffen?
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