Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
056 - Zielort: Kratersee

056 - Zielort: Kratersee

Titel: 056 - Zielort: Kratersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
nicht in diese Situation geraten.
    Würde er mich wirklich umbringen?, fragte er sich.
    Noch am gestrigen Tag hätte er über ein mögliches Mordkomplott gelacht, aber der Anblick des toten Kriegers hatte ihm verdeutlicht, wie wenig ein Menschenleben wert war. Wenn Garrett bereit war, einen Mann zu töten, der einem einfachen Befehl nicht gehorcht hatte, was würde er mit jemandem machen, der seine Karriere bedrohte?
    Alles was nötig ist, antwortete er auf seine eigene Frage.
    Stuart war in seinem Leben nie ein Held gewesen, hatte körperliche Auseinandersetzungen stets vermieden und die Diskussionen über Politik und Freiheit anderen überlassen. In der Enge seines Büros hatte er sich in die Weiten der seltsamen Welt dort draußen begeben, hatte Kulturen studiert, Spra chen gelernt und Riten begriffen. Selbst hinaus wollte er aber nie. Und auch jetzt sträubte sich alles in ihm gegen die Idee, die Nacht außerhalb der Bunker zu verbringen. Eine andere Möglichkeit sah er jedoch nicht.
    Kurz dachte er darüber nach, den Genera l zu verständigen, dann verwarf er den Gedanken wieder. Crow schien Garrett zu vertrauen, sonst hätte er ihn wohl kaum zum zweiten Expeditionsleiter ernannt. Wenn er mit der Meldung etwas erreichen wollte, musste er bis zum Präsidenten, und obwohl er über gute Beziehungen zu Hymes' Büro verfügte, ließ sich vor morgen Mittag kaum etwas unternehmen. Bis dahin musste er sich gedulden.
    Der Fellmantel lag schwer auf Stuarts Schultern, als er die letzte Biegung passierte und auf den Ausgang B 12 zuging. Die Büros der Sprachwissenschaftler lagen ganz in der Nähe und seine Kollegen benutzten diesen Ausgang oft, um Studiengänge durch die Stadt zu unternehmen. Die dazu benötigte Genehmigung war meistens projekt - und nicht personengebunden.
    »Guten Abend, Private«, sagte Stuart zu dem schmächtigen rothaarigen Soldaten, der den Ausgang bewachte. Er wirkte viel zu jung für seine Uniform.
    »Guten Abend, Sir.«
    Der Private betrachtete einen kleinen, in der Wand eingelassenen Monitor, auf den die Daten aus Stuarts Identifikatio nsimplantat automatisch übertragen wurden.
    »Dr. Stuart«, sagte er dann. »Für welches Projekt arbeiten Sie, Sir?«
    »Hm, Nummer sieben C elf, äh, elf C sieben oder, hm, war das wirklich ein C oder, hm, ein Z?«
    Der Soldat verzog keine Miene. »Sir, ich benötige die Projektnummer, um Sie einzutragen. Sonst kann ich Ihnen keine Erlaubnis erteilen.«
    »Warten Sie.« Stuart musste seine Nervosität nicht spielen. »Es ist ein, äh, F, D oder P, so etwas in der Art, einer der Buchstaben, vielleicht auch, hm, zwei, oder waren das Zahlen? Private, Sie, äh, müssen die Nummern doch vorliegen haben. Geben Sie mir, äh, einen Tipp.«
    Der Blick des Soldaten verriet, was er von Wissenschaftlern hielt, die nicht einmal in der Lage waren, sich ein paar Zahlen zu merken. Trotzdem drückt e er einige Tasten an einem zweiten Monitor.
    »Ich habe hier ein linguistisches Projekt mit Nummer neun vier zwei Strich Alpha. Ist es das?«
    Stuart schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. »Genau, Nummer neun zwei vier Strich Alpha.«
    »Neun vier zwei, Sir.«
    »Sie, hm, haben absolut Recht, Private. Ich muss mich einfach, äh, wie sagt man, genau, besser konzentrieren. Das, äh, ist es dann wohl, oder?«
    »Ja, Sir.«
    Stuart hätte den Soldaten beinahe umarmt, als der von der Metalltür zurücktrat und sie mit einem Knopfdruck öffnete. Kalte, nach Desinfektionsmitteln riechende Luft schlug ihm entgegen. Kleine Düsen befanden sich in den Wänden. Auch wenn der Weltrat längst ein Serum zur Stärkung des Immunsystems entwickelt hatte, versuchte man die Bunker doch weitgehend keimfrei zu halten.
    Der Gang machte zwei Biegungen, dann stand Stuart vor einer zweiten, ungesicherten Tür. Dieses Mal musste er nur den Arm mit dem Implantat unter einen Scanner halten, dann öffnete sie sich automatisch.
    Vor ihm lag eine Mauer, die von Kletterpflanzen umschlungen war. Er brauchte einen Moment, bis er die Öffnung fand, die den Geheimgang mit der Stadt verband, dann holte er tief Luft und stieg hindurch.
    Der Lärm, die Kälte und der seltsame Anblick eines sternenklaren Himmels drohten ih n fast zu überwältigen. Er widerstand dem Impuls, sich die Ohren zuzuhalten, beobachtete stattdessen die grölenden, zumeist betrunkenen Gestalten, die durch die Gassen taumelten. Natürlich, dachte Stuart, morgen ist der Tag, den sie Suundai nennen. Niemand muss arbeiten.
    Neben ihm wurde

Weitere Kostenlose Bücher