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0562 - Mordnacht in Paris

0562 - Mordnacht in Paris

Titel: 0562 - Mordnacht in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sah er denn aus?«
    »Das war der Bucklige!«
    »Also doch!« sagte der Wirt und stellte den ersten Pastis vor Lady Sarah auf die Theke. »Wir haben es vermutet. Er also ist der Killer. Quasimodo.«
    Lady Sarah bekam große Ohren und stieß ihren Nebenmann an.
    »Sagen Sie, junger Mann, habe ich recht gehört: Quasimodo?«
    »Oui.« Er nahm sein Glas und prostete Lady Sarah zu.
    »Aber das ist doch eine Gestalt aus dem Roman von Victor Hugo. Der Glöckner von Notre Dame?«
    »Sie wissen Bescheid. Der Bucklige wurde von uns nur Quasimodo genannt. Er gleicht der Romangestalt.«
    »Das ist ein Mörder?«
    Lady Sarahs Nebenmann beugte sich zu ihr herab und flüsterte:
    »Wenn Giselle sagt, daß sie ihn gesehen hat, dürfen Sie ihr glauben. Der Bucklige ist ein Killer. Seit einem Jahr schon, genau seit dem letzten Dezember, irrt er durch Montmartre.«
    »Und mordet?«
    Der Mann hob die Hand: »Fünf Opfer in zwölf Monaten. Das ist die grausame Bilanz. Er ist der Schrecken von Montmartre. Viele Bewohner haben Angst, bei Dunkelheit auf die Straße zu gehen. Immer waren es Frauen. Junge, ältere, Huren und Heilige.« Er mußte selber lachen.
    »Und die Polizei?«
    Der Mann mit der schief auf dem Kopf sitzenden Schirmmütze und der knotigen Jean-Gabin-Nase winkte ab. »Was ist unsere Polizei schon wert? Nichts. Sie fährt Streife und ermittelt, findet ihn jedoch nicht. Der Bucklige ist raffiniert.«
    »Aber wenn man weiß, wer der Mörder ist, kann man ihn stellen, ihn in eine Falle locken?«
    »Das haben wir auch gedacht. Nur ist er raffiniert. Der muß ein so sicheres Versteck haben, daß niemand an ihn herankommt.«
    Lady Sarah verzog den Mund. »Dann werde ich mir doch lieber ein Taxi bestellen.«
    »Tun Sie das, Madame, obwohl…« Der Mann rieb seine Nase.
    »Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, ein junges Mädchen sind Sie ja nicht mehr.«
    »Das stimmt.«
    »Er hat sich bisher nur die jungen Frauen ausgesucht. Sie brauchten wohl keine Furcht zu haben.«
    »Wissen Sie, Monsieur, was im Kopf dieses Killers abläuft?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Deshalb gehe ich lieber auf Nummer Sicher. Sie verstehen?«
    »Klar.« Er schnickte mit den Fingern. Der Wirt wußte Bescheid und stellte das alte, schwarze Telefon auf die Theke. Er sprach zu Lady Sarah, während er wählte. »Ich habe einen Schulkamerad, der fährt Taxi. Bei dem sind Sie sicher.«
    Lady Sarah lächelte sparsam. »Das ist also nicht der Killer?«
    Der Mützenträger verschluckte sich fast vor Lachen und mußte dann mit der Zentrale sprechen. Er forderte einen gewissen Claude an, nickte ein paarmal und war zufrieden. »In zehn Minuten.«
    »Das reicht noch.«
    »Wo wollen Sie denn hin, wenn ich mal fragen darf?«
    »Paris bei Nacht.«
    Der Mann lachte. »Toll – ja. Das ist etwas wert, auch heute noch.«
    »Nicht was Sie denken, Monsieur, ich will mich nur zum Hotel fahren lassen.« Sarah schaute sich um. »Hier gefällt es mir. Ich werde wohl wiederkommen.«
    »Würde uns alle freuen.«
    Inzwischen erzählte Giselle die Szene mit dem Schal schon zum drittenmal. Immer schlimmer wurde sie, gruseliger. Sarah bezahlte die beiden Pastis, während sie mit einem Ohr zuhörte. Manchmal sprach Giselle so schnell, daß sie nicht mitkam. Erst ein Kognak unterbrach den Redefluß.
    Der Wagen war früher da als erwartet. Sein Fahrer schaufelte sich bis zur Theke durch, wurde lautstark begrüßt und war überrascht, als er Lady Sarah sah.
    »Ah, dann wollen wir mal los, Madame.«
    »Und gib auf sie acht, Claude«, sagte der Mützenträger. »Du weißt ja, der Killer.«
    »Mach’ ich, keine Sorge.«
    Draußen dämmerte es. Die Dächer, die Häuser und die kahlen Bäume zerflossen ineinander, als wären sie nur mehr eine graue Soße. Lady Sarah ließ sich auf den durchgesessenen Beifahrersitz des Peugeot fallen und hörte die Frage des Fahrers. »Wohin soll es denn gehen, Madame?«
    »Cimetiere Montmartre!«
    Fast hätte sich der Mann verschluckt. Es dauerte Sekunden, bis er eine Frage stellen konnte. »Habe ich richtig gehört? Sie… Sie wollen zum Friedhof?«
    »Genau, Monsieur, da will ich hin…«
    ***
    Der Mann fuhr und war still. Nur das Leder seiner Jacke knarrte, wenn er sich bewegte.
    Lady Sarah lächelte still in sich hinein. Sie fuhr nicht zum Spaß in Richtung Friedhof, denn dieser Ort war der eigentliche Grund ihrer Reise nach Paris gewesen. Der alte Totenacker auf dem Hügel beinhaltete ein Teil Historie. Unter den oft verwitterten Grabplatten lagen

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