0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe
Fooly. »Ich werde dir nie, nie, nie das Rezept verraten!«
»Verrate mir lieber, warum du dieses ganze Theater veranstaltest«, bat Zamorra resignierend. »Was war das mit Kratzen und Bellen? Wer sollte hinter der Tür eingesperrt sein?«
»Der da!« krähte Fooly und deutete mit ausgestrecktem Arm in die Finsternis des Kellers.
Ein zottiger, großer, grauer sibirischer Wolf trottete die Stufen hinauf.
Wurde ja wohl auch Zeit, daß sich endlich jemand an seine Gastgeberpflichten erinnert und mich willkommen heißt, machte es sich telepathisch bemerkbar. Wo bleibt eigentlich mein Begrüßungssteak ?
***
Ich bin Zia Thepin, dachte sie. Ich habe einen Namen. Ich bin eine - Person.
Eine Person… das war sie einmal gewesen. Damals, ehe der Fluch sie traf, die Strafe.
Lange, so lange lag es zurück…
Zeigte sich jetzt ein Ende?
Sie sah zu den anderen, sah die blutigen Schnauzen und wußte, daß sie wieder Blut und Lebenskraft getrunken hatten.
Sie selbst hatte es nicht fertiggebracht. Nicht diesmal.
Sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
Schon einmal - vor kurzer Zeit - war sie eigene Wege gegangen. Doch der Mond hatte sie wieder zurückgebracht zu den anderen, zu ihren Wächtern.
Waren sie Wächter? War es nicht eher der Mond, der ihr Wächter war und sie nicht mehr zur Sonne ließ? Der dafür sorgte, daß die Sonne schmerzte?
Es war schlimm, sich zu erinnern und nichts tun zu können, um den Bann abzuschütteln. Oder konnte sie es doch?
Sie fühlte den Durst, und er raunte ihr zu, sie solle ihn stillen, nur so könne sie dem Fluch und der Strafe entrinnen. Sie fühlte den unbändigen Drang nach Blut, doch sie widerstand ihm erneut. Trotz der Qual, die sie peinigte.
Die Erinnerungen an einst waren schlimmer denn je. Die Erinnerungen an jene alten Zeiten.
Sie war Zia Thepin gewesen!
Sie war es jetzt nicht mehr, aber sie wollte es wieder sein.
Ich bin Zia Thepin.
Es mußte einen Weg geben, wieder zur Person zu werden.
***
»Wolf«, sagte Zamorra. »Wolf, der du bist, was, bei Lucifuge Rofocales Hühneraugen, tust du in meinem Keller?«
Ich warte darauf, daß mir endlich einer die Tür aufmacht, gab Fenrir zurück. Wenn dieses feuerspeiende Geflügel nicht gekommen wäre, würde ich vermutlich da unten versauern, bis du dich zu deinem nächsten Besäufnis durchringst und einen deiner Lakaien aussendest, ein paar Dutzend Flaschen Wein zu holen…
»Wie nennst du mich?« fauchte Fooly. Vor seinen Nüstern tanzten Funken. »Feuerspeiendes Geflügel? Freches Pelztier, ist das dein Dank für deine Befreiung? Warte, ich werde dir die Schwanzhaare versengen und…«
Zamorra hielt ihm einmal mehr Rachen und Nüstern zu.
Fooly quengelte protestierend, was Zamorra großzügig ignorierte.
»Ich veranstalte keine Besäufnisse«, stellte er indessen klar.
Der sibirische Wolf war steinalt und von Natur aus mit annähernd menschlicher Intelligenz und telepathischer Begabung versehen. Merlin hatte beides geschult und bis zur Perfektion ausgebildet.
Jetzt legte der Wolf den Kopf schräg.
Wenn es dieses sprechende Riesen-Huhn auch nur wagt, sich mit seinem Feuer an meinem wertvollen Schweif zu vergehen, beiße ich ihm den Blinddarm ab!
»Drachen haben keinen Blinddarm!« röchelte Fooly, als Zamorra seinen Griff ein wenig lockerte.
Dann fresse ich eben sein linkes Bein, konterte Fenrir. Und zwar bis hinauf zum Hals!
»Es wird dir im Hals stecken bleiben!« ächzte Fooly. »Zamorra, hilf mir! Schütze mich vor dieser reißenden Bestie! Sie wird mich verschlingen, mit Haut und Haar! Kannst und willst du solchen Frevel wider die Natur, die Schöpfung, göttliche und sonstige Gesetze zulassen?«
»Unter Umständen«, gestand Zamorra.
Erstens, verkündete Fenrir, hat dieser größenwahnsinnige Flattermann keine Haare, und zweitens bin ich weniger auf seine Haut erpicht als auf sein zartes Fleisch. Was ist nun, Zamorra, darf ich ihn jetzt endlich fressen, oder hast du vielleicht doch irgendwo einen Begrüßung sschinken vorrätig? Nicht zu mager, nicht zu klein… so etwa fünf Kilo reichen für den Anfang.
Zamorra seufzte. »Was ist denn nun? Ich warte immer noch auf deine Antwort, was du in meinem Keller tust.«
Du willst dem Problem nur ausweichen, behauptete Fenrir. Nun gut, ich wollte dir einen Besuch abstatten. Solange du aber nicht gedenkst, deine Regenbogenblumen umzutopfen beziehungsweise in freier Natur anzupflanzen, bleibt einem anständigen Wolf wie mir nichts anderes übrig, als deinen Keller zu
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