0566 - Odins Zauber
und auf jeden Fall lag hier kein Schnee.
Dabei waren Tendyke’s Home am Rande der Everglades-Sümpfe und das Château Montagne im französischen Loire-Tal nur wenige Schritte und ein paar Minuten voneinander entfernt…
Natürlich nicht, wenn man mit einem Schul-Atlas oder einem Globus die Distanz zwischen beiden Orten maß. Da waren es nach wie vor ein paar tausend Kilometer, für die selbst ein schnelles Flugzeug etliche Stunden brauchte.
Für Zamorra und seine Gefährtin Nicole Duval zählten Atlanten und Globen mittlerweile nicht mehr.
Auf dem Grundstück von Tendyke's Home wuchs und gedieh eine Kolonie Regenbogenblumen, ebenso wie in einem Kuppelraum in den ausgedehnten Kellerräumen unter Château Montagne. Es waren magische Gewächse, die wahrscheinlich aus einer anderen, fernen Welt stammten. Und sie hatten eine verblüffende Eigenschaft.
Trat man zwischen diese mannsgroßen Blumen, deren Blütenkelche je nach Lichteinfali in allen Farben des Regenbogenspektrums schillerten, und führte sich eine klare, bildhafte Vorstellung des Ziels gedanklich vor Augen, erschien man im nächsten Mo ment genau dort zwischen anderen Regenbogenblumen.
So schrumpften gewaltige Entfernungen zu einer Gedankenlänge. Das sparte Zeit und Reisekosten, wenn man mal eben zu einem anderen Ort auf der Erde gelangen wollte oder sogar in eine andere Welt - sofern es dort ebenfalls Regenbogenblumen gab.
Deshalb versuchten Zamorra und Nicole diese magischen Gewächse überall dort anzupflanzen, wo sie häufig gebraucht wurden. Natürlich sollte das dann von der Entfernung her auch einigermaßen lohnend sein - es brachte nichts, eine ›Schnellverbindung‹ zum nächsten Kaufhaus oder Supermarkt einzurichten, nur um beim Einkäufen Zeit zu sparen.
Nicole und Zamorra hatten auch nicht die Warnung vergessen, die Pater Ralph ihnen gegeben hatte. Der Geistliche konnte sein Mißtrauen zwar nicht logisch begründen, aber er befürchtete einen ›Pferdefuß‹ bei dieser Sache. Die Magie dieser Blumen würde von ihren Benutzern irgendwann einmal einen Preis fordern, der um so höher war, je öfter sie sich der Regenbogenblumen bedienten.
Objektiv ließ sich jedoch keine Gefahr feststellen.
Es sei denn, man bezog die Unsichtbaren in die Rechnung ein, jene außerirdischen Wesen, die ihrerseits überall Regenbogenblumen auf der Erde anpflanzten. Nur ging es ihnen nicht allein darum, Wege zu verkürzen, sondern über diese verkürzten Wege Zamorra und seine Gefährten besser angreifen zu können.
Der Grund dafür war Zamorra bislang unbekannt, allerdings hatten die Unsichtbaren schon mehrmals versucht, ihn und seine Mitstreiter zu erledigen. Sie waren ein mörderisches, grausames Volk.
Davon konnte Zamorra mittlerweile ein schauriges Lied singen.
Warum die Unsichtbaren zur Erde kamen und Mord und Terror hierher brachten, dafür gab es - noch - keine Erklärung.
Aber dieses Problem stand jetzt nicht an.
Zur Zeit stand überhaupt kein Problem an.
Robert Tendyke hatte zur Sylvester-Party geladen, und Zamorra und Nicole waren der Einladung gefolgt. Jetzt war der ganze Rummel vorüber, man schrieb den 2. Januar, und das neue Jahr war somit bereits über 36 Stunden alt.
Über Florida schien die Wintersonne und sorgte für Temperaturen, von denen man in Frankreich derzeit nur träumen konnte. Deshalb hatten Zamorra und seine Gefährtin auch keine große Lust, schon wieder ins europäische naßkühle Schmuddelwetter zurückzukehren.
»Daß das Wetter verrückt spielt, ist hier mittlerweile schon wieder normal«, behauptete Robert Tendyke. »Vor drei Tagen hatten wir noch ein Mini-Schneestürmchen, bloß sind die Flocken so schnell wieder abgetaut, daß wir nicht mal eine ins Museum bringen konnten. Kann sein, daß wir morgen oder übermorgen schon wieder Frost bekommen.«
»Auf Schnee, Kälte und Winter bin ich gar nicht scharf«, gestand Monica Peters.
Sie, und ihre eineiige Zwillingsschwester Uschi lebten seit vielen Jahren mit dem Abenteurer zusammen. Der Zauberer Merlin hatte die beiden blonden Mädchen mit den starken telepathischen Kräften einmal die zwei, die eins sind genannt.
Nicht ganz zu unrecht. Abgesehen davon, daß sie äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden waren, dach ten und handelten sie wie eine Person. Sie waren absolut unzertrennlich und verliebten sich auch stets in denselben Mann. Und das, ohne eifersüchtig aufeinander zu werden.
In diesem Fall war Robert Tendyke der Glückliche, und der hatte nichts
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