0568 - Die Braut des Wahnsinns
Ihnen was sagen.«
»Und?«
Sie deutete auf die zerstörte Tür. »Dieser Raum ist gefährlich, glaube ich. Jedenfalls durfte ich ihn nie betreten.«
»Danke für die Warnung.«
Sie nickte noch und zog sich zurück. Mochte das Zimmer noch so gefährlich sein, hinein mußte ich auf jeden Fall. Bisher hatte ich meine magischen Abwehrmittel nicht einzusetzen brauchen. Bevor ich sprang, holte ich das Kreuz hervor und steckte es griffbereit in die Tasche meiner offenstehenden Lederjacke.
Ich kam mir vor wie Charles Bronson in seiner besten Zeit, als man ihn in Hollywood noch nicht die greise Granate nannte. Mit einer huschenden Bewegung drückte ich mich um die Zimmerecke, bekam freies Sichtfeld und freie Schußbahn.
Ein Ziel sah ich nicht.
Abgesehen von einem Vorhang, der mitten im Raum hing und ihn teilte. Er wehte von der Decke, war sehr dünn und schimmerte wie eine seichte Gardine, in der wolkige blaue Inseln zu sehen waren.
Sie waren verschwunden.
Weder Gunhilla von Draben noch ihren sauberen Freund Simon Arisis entdeckte ich. Auch nicht die Menschen, die sich ebenfalls in diesem Raum aufgehalten hatten.
Wo konnten sie sein?
Ich übertrat die Schwelle und ging mit schußbereitem Gewehr auf den Vorhang zu. Wenn sie geflohen waren, dann nur durch diese Trennung. Was lag dahinter?
Der Vorhang war zwar dünn, aber nicht durchsichtig. Die Welt an der hinteren Seite verschwamm. Da konnte alles mögliche sein, nur die Menschen sah ich nicht.
Welche Bedeutung besaß er?
Ich blieb stehen und berührte ihn mit der Gewehrmündung. Kaum hatte die Waffe Kontakt bekommen, da riß das dünne Gewebe schon entzwei. Ich bewegte den Lauf heftiger und schuf so ein Loch, durch das ich schreiten konnte.
Wer immer das Haus erbaut und später gekauft hatte, er hatte es nach seinen Wünschen verändert. Hinter dem Vorhang lag eine andere Welt. Sie war nackt und kahl. An den Wänden klebten keine Tapeten. Die Steine bildeten große Quader, der Boden bestand ebenfalls aus Stein, aber von der makabren Hochzeitsgesellschaft sah ich keine Spur.
Wohin hatten sie sich zurückgezogen? Durch den vorderen Raum waren sie nicht gelaufen, es blieb nur diese Möglichkeit hier. Ich rechnete mir aus, daß es im Haus einen Geheimgang geben mußte, durch den sie das Weite gesucht hatten.
Der Zugang konnte sich entweder vor mir in der Wand befinden oder aber unter meinen Füßen.
Das Licht erreichte diesen Teil nur schwach. Ich klemmte mir das Gewehr unter den Arm und holte die kleine Leuchte hervor. In ihrem Strahl suchte ich die Wände ab.
Das Licht streifte lautlos über die Fugen hinweg, ohne daß ich dort eine Veränderung entdeckte. Bei manchen Geheimgängen steht ein Hebel vor, gibt es irgendeinen anderen Kontakt, der Zugänge zu anderen Räumen öffnet. Hier war alles glatt.
Das Gewehr entlud ich und legte es zu Boden neben die Patronen.
Dann klopfte ich die Steine einzeln ab, um nach Hohlräumen zu suchen, aber auch sie fand ich nicht.
Blieb nur der Boden!
Allmählich wurde ich unruhig. Ich dachte an Wendy Wilde. Gern hätte ich Arisis einige sie betreffende Fragen gestellt, das war leider nicht mehr möglich gewesen.
Sie hatte ihn verraten. Wie ich Arisis kannte, würde er kein Pardon kennen. Den verdammten Film mit der schrecklichen Szene hatte ich noch gut in Erinnerung. Wenn der Eisläuferin das gleiche Schicksal widerfuhr, würde ich mir nur Vorwürfe machen.
Erst bei genauem Hinsehen war zu erkennen, daß auch der Boden aus Steinen bestand, die ein großes Vierreck bildeten. Ich trat auf jeden mit der Hacke und suchte hier nach irgendwelchen Hohlräumen. Pech auf der ganzen Linie, da war nichts zu machen.
Allmählich wurde ich nervös. Das Gefühl, versagt zu haben, verstärkte sich immer mehr.
Ich drehte mich um und schaute auf die Fetzen des von mir zerstörten Vorhangs.
Weiter rechts, fast an der Wand und nur bei genauem Hinsehen zu erkennen, sah ich die Kordel.
Sie hing von der Decke. Ihre Farbe hob sich so gut wie nicht von der Wand ab.
War das die Lösung?
Ich ging hin, umfaßte das untere Ende der Kordel und zog daran.
Vergeblich.
Etwas anderes geschah.
Hinter mir entstand ein Geräusch, als würden Totenfinger über Gestein kratzen. Ich drehte mich um und sah, daß sich ein Stein im Mauerwerk bewegte.
Das also war der Trick, der den Geheimgang in eine düstere, unheimliche Welt freigab.
Um meine Lippen zuckte ein knappes Lächeln. Ich war verdammt froh, den Gang gefunden zu haben und schaute zu, wie
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