Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
für das Theatralische, wie es bei diesen ›Söhnen von Ragusa‹ zum Ausdruck kommen ...«
    »Die Söhne von Ragusa?« fiel ihm Bill ins Wort. »Was hat Ihr Bruder mit denen zu tun?«
    »Er hat doch den Orden gegründet«, sagte Stone, und seine Augen zwinkerten vergnügt, als er sah, welchen Eindruck diese Mitteilung auf den Gast machte. »Leiff ist vor fünfzehn oder zwanzig Jahren unter die Weltverbesserer gegangen und hat die Gesellschaft gegründet. Ich sage Ihnen, er ist der geborene Organisator. In einem Geschäft wären seine Dienste mit zehn Cents im Monat überzahlt, aber wenn es etwas Bizarres, Phantastisches ins Leben zu rufen gilt, das ihm Gelegenheit gibt, eine Atmosphäre von mittelalterlichem Mystizismus zu schaffen, dann ist er in seinem Element. Es war ein Geniestreich von ihm, eine halbjährliche Lotterie für die Mitglieder einzuführen. Das hat Leute zum Beitritt bewogen, die sonst bestimmt nie daran gedacht hätten. Er hat damit Menschen aller Schichten angelockt, und gleichzeitig ist es ihm gelungen, die für Glücksspiele geltenden Gesetze so geschickt zu umgehen, daß die britischen Behörden nie dagegen einschreiten konnten. Niemand weiß, wie die Glücklichen ausgelost werden, und es darf nach den Satzungen der ›Stolzen Söhne von Ragusa‹ auch gar nicht darüber gesprochen werden, ja, ich glaube sogar, daß der vor der Aufnahme abzulegende Eid zum Schweigen verpflichtet.« Er blickte eine Weile zum Fenster hinaus. »Vierzigtausend Mitglieder!« sagte er schließlich, mit den Lippen schmatzend. »Was für leine Verkaufsorganisation das wäre!«

11
    Für Betty Carew begann der dritte Tag der qualvollen Zurschaustellung. Sie stöhnte, als sie in die gewohnte Straße einbog und vor dem Schaufenster mit den herabgelassenen Rolläden eine kleine Gruppe Neugieriger warten sah. An diesem Morgen hatte fast jede Zeitung den eingesandten Text über das rothaarige Mädchen - mit oder ohne redaktionelle Ausschmückung - gebracht. Erst hatte sie gezögert, einen Blick in die Morgenblätter zu werfen. Und tatsächlich war das Schlimmste eingetreten. Sie war erkannt worden. Eine Zeitung veröffentlichte eine ganze Spalte - mit voller Namensnennung. Ein anderes Blatt brachte ein über drei Spalten reichendes Bild, das sie bei ihrer Beschäftigung zeigte. Glücklicherweise hatte sie dem Fotografen den Rücken zugekehrt. Einen Erfolg hatte diese Publizität immerhin. Sie fand drei Briefe von Theaterdirektoren vor, die ihr Engagements anboten. Einer wollte mit einer Wandertruppe eine Posse aufführen, die ›das Mädchen im Schaufenster‹ heißen sollte, wobei ihr die Titelrolle zugedacht war. Sie zerriß die Briefe, betrat das Schaufenster und drehte der Menge den Rücken zu.
    Das konnte so nicht weitergehen! Es war unerträglich. Sie zog mit Anstrengung eine Schublade auf, was keine Empfehlung für das Möbelstück war, und nahm einen Brief heraus. Es war die ›Botschaft‹, die dem unbekannten Besucher übergeben werden sollte. Was spielte sich wohl ab, wenn er kam? War ihre Qual dann zu Ende? Sie hatte Laffin gefragt, aber keine Antwort erhalten.
    Gegen Mittag warf sie einmal einen Blick auf die Menge. Ein Auto kam langsam die Straße herauf und hielt in der Nähe der Menschenansammlung. Jemand bahnte sich einen Weg durch die Gaffer, doch Betty sah nicht länger hin. Da hörte sie plötzlich, daß ans Fenster gepocht wurde. Sie wandte den Kopf und starrte direkt in die Augen der Florette. Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. Das Lächeln der Tänzerin, machte sie verrückt. Schnell drehte sie dem Fenster den Rücken zu. Aber nun hörte sie die Ladentür gehen, und eine Duftwolke von La Florettes Lieblingsparfüm flutete bis zu ihrem Platz.
    Betty schoß auf, durchmaß mit zwei Schritten das Schaufenster und sprang hinaus.
    »Nein, wie süß!« flötete die Florette.
    »Wollen Sie einen Schreibtisch kaufen?« fragte Betty eisig.
    La Florette zuckte mit ihren dünnen Schultern.
    »Meine Liebe, was sollte ich mit einem Schreibtisch anfangen?«
    »Das weiß ich auch nicht, aber selbst Analphabeten brauchen einen - als Alibi!«
    »Sie unverschämtes kleines Biest -«, zischte die Tänzerin, »Sie, Sie Ausstellungspuppe!«
    Betty blieb ganz ruhig.
    »Ich kann Ihnen leider nicht sagen, was Sie sind, denn da müßte ich Ausdrücke gebrauchen, die in anständiger Umgebung nicht üblich sind. Wenn Sie also keinen Schreibtisch kaufen wollen, dann verlassen Sie gefälligst diesen Laden!«
    »Ich werde mich

Weitere Kostenlose Bücher