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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hätte sie vor Erleichterung weinen mögen, als sie für eine Weile von den glotzenden Augen befreit war.
    »Es ist allein Laffins Idee«, sagte er. »Er hat uns ursprünglich beauftragt, Reklame für den Tisch zu machen, dann aber alles selbst in die Hand genommen und uns nur die Belieferung der Zeitungen mit einem Werbetext überlassen, den er übrigens auch selbst verfaßt hat.«
    »Wie lautet der Text?« fragte sie gespannt. »Es ist doch hoffentlich darin nicht von mir die Rede!«
    Bill kramte in seinen Taschen, zog ein halbes Dutzend Briefumschläge hervor, suchte darin und entfaltete schließlich ein Stück Papier.
    »Ihr Name ist nicht genannt - hören Sie:
    DAS ROTHAARIGE MÄDCHEN
    Wer in diesen Tagen durch die Duke Street geht, kann eines ungewöhnlichen Anblicks gewärtig sein. Ein Schaufenster in dieser Straße zeigt täuschend echt das Interieur eines hübschen privaten Arbeitszimmers, und an dem kleinen Damenschreibtisch sitzt ein außergewöhnlich schönes Mädchen mit prächtigem, wundervoll rotem Haar. Auf dem Tisch steht eine grüne Jadevase, in der eine einzige rote Rose steckt. Die junge Dame bemüht sich offenbar, für den Schreibtisch, an dem sie arbeitet, Reklame zu machen. Doch schon das Bild, das sie selbst bietet, ist überaus reizvoll.«
    Bill Holbrook sah, als er geendet hatte, von dem Blatt auf, zuckte die Schultern und fügte ärgerlich hinzu:
    »Wozu das dienen soll, weiß ich allerdings nicht. Es wird höchstens Gaffer anziehen. Nicht ein Wort wird über die Vorzüge des Tisches verloren. Ich fürchte, beim Doktor stimmt da oben etwas nicht ganz.«
    Bei diesen Worten schlug er sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
    »Muß denn das Zeugs gedruckt werden?« fragte Betty beklommen, denn in ihrer Vorstellung sah sie die Menge vor dem Schaufenster immer größer und größer werden.
    »Wir müssen es jedenfalls verschicken, das ist unser Geschäft. Ob es gedruckt wird, hängt von der Meinung der Redakteure ab. Die Hälfte von ihnen wird den Artikel nicht annehmen wollen, weil er eine versteckte Reklame enthält. Ich glaube ... Oh, guten Tag, Doktor!«
    Laffin war durch die Ladentür eingetreten. Seine Lippen zitterten vor Wut.
    »Warum bist du nicht auf deinem Platz?« fuhr er Betty an.
    »Weil ich Miss Carew gebeten habe, mir einen Augenblick Gehör zu schenken«, antwortete Bill an ihrer Stelle. »Hören Sie, Doktor, ich zerbreche mir den Kopf, was das alles bedeuten soll. Wollen Sie mir nicht sagen, was dahintersteckt?«
    »Kümmern Sie sich um Ihr Geschäft ...« begann Laffin, sich mühsam beherrschend.
    »Nicht doch, Doktor! Sprechen Sie nicht so mit mir!« fiel ihm Bill ins Wort. »Ich weiß genau, was mein Geschäft ist, und kümmere mich reichlich darum. Aber die Schaustellung hier im Fenster dient einem andern Zweck als der Reklame für den Tisch.« Er hakte seinen tintenbefleckten Zeigefinger zwischen zwei Knöpfen von Laffins Weste ein und ließ nicht mehr los. »Wenn ich nicht in der Reklamebranche, sondern immer noch Zeitungsreporter wäre, würde ich jetzt zur Polizei laufen und sagen: ›Ich weiß eine Geschichte, die mir zu gut für die Zeitung erscheint. Schicken Sie einen tüchtigen Detektiv zum alten Laffin, und lassen Sie ihn verhören.
    Vielleicht wird Ihr Beamter nicht allein zurückkommen.‹«
    Aus den Wangen Joshua Laffins wich allmählich die Farbe; sie wurden schmutzigweiß. Und die Lippen waren bleifarben, als Bill den Laden verließ.

10
    Eine Stunde später kam Bill Holbrook atemlos in Mr. Pawters Büro hereingeschneit.
    »Dein Wunsch ist in Erfüllung gegangen, Onkel Pips!« rief er schon in der Tür. »Ich bin wieder in die Redaktion des ›Dispatch Herald‹ eingetreten - als Kriminalreporter.«
    Pawter lehnte sich zurück.
    »Ist das dein Ernst? Sei doch kein Narr! Du bekommst hier ein gutes Gehalt ...«
    »Gehalt interessiert mich nicht. Hör zu, Pips, ich bin der interessantesten Geschichte auf der Spur, an die je eine Zeitung herangekommen ist.«
    Pawter warf einen Blick auf die Wanduhr.
    »Die Kneipen öffnen doch erst mittags. Wo hast du dich denn schon so früh betrunken?«
    Doch Bill fochten solche Sticheleien nicht an.
    »Ich bin völlig nüchtern. Ich habe Lowther vom ›Dispatch Herald‹ gesprochen, und er hat mir den Posten gegeben.«
    Pawters Gesicht nahm den Ausdruck geduldiger Ergebung an.
    »Es gibt allerdings so etwas wie Verträge - etwas wie Verpflichtungen. Aber diese Dinge kommen wahrscheinlich in deinem Wortschatz nicht vor. Ist es

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