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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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bei Ihrem Chef beschweren ...«, begann La Florette.
    »Wenn Sie das täten, wäre ich Ihnen allerdings sehr dankbar«, sagte Betty so ernst, daß die andere sie anstarrte. »Haben Sie hier noch etwas zu suchen? Wenn nicht, so gehen Sie hinaus zu den Gaffern, dorthin gehören Sie - Miss Florette alias Simkins oder Snooper, wie immer Sie heißen mögen!«
    »Sie - Sie haben Ihren wahren Beruf gefunden -«, kreischte La Florette, »als Mannequin, als Lockvogel ...« Sie erstickte fast vor Wut. »Ja, ich gehe hinaus, ich werde mich hinstellen und den Leuten sagen, wer Sie sind, was für eine miserable Schauspielerin Sie waren!«
    Da riß Betty die Tür auf und stieß die überrumpelte Tänzerin auf die Straße.
    Der zweite unwillkommene Besucher kam, als sie in dem leeren Laden hastig zu Mittag aß. Sie hörte schnelle Schritte, jemand drückte auf die Klinke, und dann blickte sie in die unruhigen Augen des hübschesten Mannes von London.
    »Oh, Clive, Sie haben mir doch versprochen, nicht zu kommen!«
    »Ich mußte kommen. Haben Sie die Morgenblätter gesehen?« fragte er wild. »Es ist gräßlich, Betty. Ich werde es nicht mehr erlauben. Ich will noch heute mit dem alten Schurken sprechen.«
    Sie mußte unwillkürlich lächeln.
    »Es hat keinen Zweck, mit dem alten Schurken zu sprechen - ich muß durchhalten, Clive!«
    Er rannte mit gerunzelter Stirn auf und ab.
    »Haben Sie den Kerl von Pawters Büro gesehen?«
    »Meinen Sie Holbrook? Ich fange an zu glauben, daß er gar kein so schlechter Kerl ist, wie ich zuerst dachte.« Und sie erzählte die kleine Szene, die sich zwischen Dr. Laffin und Holbrook zugetragen hatte. »Ich bin überzeugt, er sprach die Wahrheit, als er behauptete, daß er mit der Schaufensteridee nichts zu tun habe.«
    »Aber er ist an den Geschichten in den Zeitungen schuld«, grollte Lord Lowbridge. »Wie lange haben Sie eigentlich Mittagspause?«
    »Gerade so lange, wie ich esse. Der Doktor schärfte mir ein, es dürfte nicht länger als zehn Minuten dauern.«
    »Und hat schon jemand die kostbare Botschaft abgeholt?« fragte er nach einer Weile.
    »Nein. Ich glaube auch nicht, daß jemand kommen wird. Ich fürchte, ich muß jetzt gehen, Clive.« Sie erhob sich. »Sie werden doch nicht etwa vor dem Fenster stehenbleiben und mich anstarren? Nein, natürlich nicht!« Liebevoll drückte sie seinen Arm. »Gehen Sie jetzt. Ich möchte Sie außer Sicht wissen, wenn ich meine große Rolle als Diana am Schreibtisch wieder aufnehme!«
    In seiner Gegenwart konnte sie sogar scherzen, aber als er fort war, befiel sie wieder Verzweiflung.
    Sie hatte ihre Uhr auf den Schreibtisch gelegt. Manchmal glaubte sie, sie sei stehengeblieben, so langsam rückten die Zeiger vor. Es wurde zwei Uhr, es wurde drei Uhr. Der Geschäftsleiter brachte ihr eine Tasse Tee. Ich habe mich beinah schon an die Situation gewöhnt, dachte sie bei sich, als sie zur Unterhaltung der Schaulustigen langsam das heiße Getränk schlürfte. Sie stellte die Tasse fort und nahm ihr sinnloses Gekritzel wieder auf.
    Es war gegen vier Uhr, als sie aufschaute und bemerkte, daß die Aufmerksamkeit der Zuschauer nicht mehr ihr galt, sondern sich einer neuen, sonderbaren Erscheinung zugewendet hatte.
    Es war ein hagerer, mittelgroßer Mann, dessen bleiches Gesicht auch aufgefallen wäre, wenn er nicht einen vom Hals bis zu den Füßen zugeknöpften schwarzen Talar getragen hätte. Er war barhäuptig, sein eisengraues Haar wallte bis über den Kragen hinab. Auf einen langen Stab gestützt, staunte er Betty wie verzaubert an. Es schien ihr, als prüfte er jeden ihrer Züge genau, ihr Kleid, das Haar, aber auch die Anordnung auf dem Schreibtisch.
    Sie war über die unerwartete Erscheinung so verblüfft, daß sie den Blick nicht von dem Mann abwandte und ihm voll in die Augen sah. Langsam bahnte er sich den Weg zur Tür. Seine Füße waren nackt, nur mit dünnen Sandalen bekleidet. Er öffnete die Tür. Bettys Herz schlug heftig. Sie wußte, daß der entscheidende Augenblick gekommen war - diesen Mann erwartete Laffin, ihm mußte die Botschaft übergeben werden.
    Mit zitternden Händen nahm sie den Umschlag aus der Schublade und ging ohne zu zögern dem Besucher entgegen. Er starrte sie schweigend an.
    »Wollen Sie zu mir?« fragte sie ihn atemlos.
    Zweimal hoben und senkten sich seine schweren Augenlider.
    »Oh, welch wunderbarer Tag für mich!« sagte er mit zitternder Stimme. »Sprich, o goldene Stimme des Weltalls, sprich und nenne mir die Stunde

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