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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dir wirklich ernst mit deinem Entschluß?«
    Bill nickte stumm.
    »Dann ist also nichts mehr darüber zu sagen. Es ist für mich freilich etwas ganz Neues, dich etwas ernst nehmen zu sehen. Ich werde dich entschieden vermissen ...«
    »Wir wollen uns keine Schmeicheleien sagen«, erwiderte Bill.
    »Du bist mir noch ein Monatsgehalt schuldig.«
    Pawter seufzte, zog sein Scheckbuch aus der Schreibtischschublade und begann zu schreiben, was ihm anscheinend außerordentlich schwerfiel.
    »Wenn du wieder bei mir eintreten willst -«, meinte er leichthin, »dein Posten wird frei sein, obschon mir deine Art, unsere Interessen wahrzunehmen, manche schlaflose Nacht bereitet hat. Nun sage mir aber ernstlich, was du vorhast!«
    »Ich will's dir sagen!«
    Eine Viertelstunde lang hörte sich Pawter die Aufzählung von Verdachtsmomenten an, die Bill hoffen ließen, einem ›großen Fall‹ auf der Spur zu sein.
    »Sehr sensationell«, bemerkte Pawter ohne Überzeugung. »Es ist komisch - das leiseste Anzeichen eines Verbrechens regt deine Phantasie sofort zu fieberhafter Tätigkeit an, während du in unserem Geschäft nie einen guten Einfall hattest. Nebenbei bemerkt - hast du Mr. Stone gesprochen?«
    »Jawohl. Und ich werde heute eine weitere Unterredung mit ihm haben. Er gefällt mir ausnehmend gut. Er scheint ein guter, anständiger, rechtlich denkender Bürger zu sein. Das einzige, was gegen ihn spricht, ist, daß er deinen Reklamevorschlag gut findet.«
    »Natürlich«, brummte Pawter. »Bring diese Sache noch in Ordnung, bevor du uns verläßt, Bill, und ich werde zum erstenmal, seit du hier arbeitest, das Gefühl haben, daß du dein Gehalt verdient hast.«
    Von Pawters Büro ging Bill direkt zu Mr. Stone. Er war nicht im Hotel abgestiegen, sondern hatte in der Albemarle Street eine möblierte Wohnung für die ganze Saison gemietet. Dort hatte ihn Bill schon einmal besucht.
    Stone war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit nahezu weißem Haar. Sein Gesicht hatte etwas Verwittertes und war von tiefen Furchen durchzogen, aber aus seinen Augen sprach ein Humor, der nach Bills Beobachtungen alle erfolgreichen Männer auszeichnete.
    Ein englischer Diener ließ den Besucher ein und führte ihn sofort in den Salon, der in eine Art Büro umgewandelt worden war.
    »Nur herein, Mr. Holbrook!« rief Stone. »Sie bleiben doch zum Frühstück?«
    »Sehr gern.«
    »Schön. Ich habe auch meinen Bruder eingeladen, aber ich zweifle, ob er kommen wird.« Stone lachte leise. »Sie sind Journalist, nicht wahr? Oder waren es mindestens, bevor Sie in das Reklamebüro eintraten?«
    »Ich war nicht nur Journalist, ich bin es wieder«, sagte Bill. »Tatsächlich sind Sie - wahrscheinlich für sehr lange Zeit - der letzte Kunde, den ich im Auftrag von PIPS aufsuche.«
    »Sehen Sie! Ich war ganz sicher. Die Herren Ihres Berufes sind unverkennbar - sie haben alle etwas Charakteristisches an sich.« Unvermittelt ging Stone zum geschäftlichen Teil der Besprechung über. »Der Vorschlag Pawters gefällt mir. Man hat um den Holzhandel in diesem Lande nie viel Aufhebens gemacht, und doch wird Holz ständig gebraucht.« Er sprach eine volle Stunde über den Holzhandel und ließ Pawters Entwurf nach seinen Angaben verbessern, dann hielt er inne, um einen Blick auf seine Uhr zu werfen. »Ich glaube, mein Bruder wird nicht mehr kommen. Es ist schon zehn Minuten nach ein Uhr, und er ist bei all seinen Mängeln immer ein pünktlicher Mensch gewesen.«
    »Lebt denn Ihr Bruder hier?«
    »Ja, er lebt hier. Ich habe ihn zwar seit zehn Jahren nicht mehr gesehen, höre aber manchmal von ihm.«
    »Waren Sie früher schon einmal in London?« erkundigte sich Bill.
    »Ich war erst einmal da und nur für ein paar Tage. Damals sah ich meinen Bruder zum letztenmal. Ich würde bei aller Anerkennung der Vorzüge Londons nicht gern hier leben. Mein Bruder aber hat eine große Vorliebe für England.« Lambert Stone lächelte schwach. »Ja, meinen Bruder sollten Sie kennenlernen! Er würde Ihnen gefallen und Sie als Zeitungsmann interessieren. Er ist das lebende Beispiel eines verwirrten Genies, wie man es manchmal im Gerichtssaal antrifft. Aber Leiff - ich meine meinen Bruder - ist durchaus keine Verbrechernatur. Er verwendet nur seine hohen Geistesgaben in höchst merkwürdiger Weise. Er hätte als Priester Wertvolles leisten können, oder auch als Geschichtsschreiber. Ja, Sie würden Leiff sicher schätzen, er ist Idealist. Sein größter Fehler ist vielleicht seine Vorliebe

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