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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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nicht. Ich ziehe mit bloßem Arm die Nummern, und zwar für jeden einzelnen Treffer fünf. Die Prioren bestimmen im voraus, die wievielte der gezogenen Nummern als Treffer zu gehen hat, so daß ich zunächst nicht weiß, welche die richtige ist. Die fünf Nummern oder fünf Gruppen von Nummern werden aufgeschrieben, und erst nach beendeter Ziehung teilen die Prioren mit, welche Nummer oder Nummernreihe gewonnen hat. Mir bleibt dann nichts weiter zu tun, als die zu den Gewinnummern gehörenden Namen festzustellen und die Schecks auszufüllen.«
    Bill saß mit gerunzelter Stirn da.
    »Demnach hätte also ein Verbrecher kaum Aussicht, etwas aus dem Orden herauszuholen, es sei denn, du wärst der Verbrecher ...«
    Er blickte dabei seinen Vetter mißtrauisch an, doch Pawter war die beleidigenden Bemerkungen des jungen Mannes schon so gewöhnt, daß er eher eine belustigte als beleidigte Miene machte.
    »Auch ich hätte nicht viel Aussicht ...« begann er.
    Aber Bill unterbrach ihn:
    »Sage mir nur noch das eine: Hast du je das Gesicht Leiff Stones gesehen, seit er Großprior geworden ist?«
    »Nein. Ich kann ihn nur am purpurvioletten Gewand von den andern unterscheiden. Wenn er mir heute auf der Straße begegnete, würde ich ihn wahrscheinlich nicht erkennen.«
    »Und wer war Bruder John?«
    »Bruder John war der Gehilfe des Großpriors und der einzige Geistliche in der Gesellschaft.«
    »Was ist eigentlich in der Priorei verborgen?«
    »Gar nichts«, versicherte Pawter mit Überzeugung. »Ich kenne das Gebäude vom Dach bis zum Keller, jede Zelle, jeden Raum. Und ich kann dir sagen, es gibt nichts Harmloseres als einen Prior der Stolzen Söhne von Ragusa.«
    Armer Bullott! dachte Bill bei sich. Die Razzia konnte unter solchen Umständen doch nur zu einem Mißerfolg führen. Trotzdem durfte er die Verantwortung nicht auf sich nehmen, den Inspektor von der Hausdurchsuchung abzuhalten.
    »Hast du nicht die leiseste Ahnung, wer Bruder John ermordet haben könnte?«
    Pawter schüttelte den Kopf.
    »Nicht die geringste. Bruder John hatte keine Feinde und außer dem Großprior auch kaum einen Freund. Er lebte völlig zurückgezogen. Ich denke manchmal, daß der Schuß jemand anderem gegolten hat ...«
    »Sprich bloß nicht von einem Zufall!« erwiderte Bill. »Solche Zufälle wiederholen sich nicht so rasch hintereinander. Bedenke, daß der Mann, der Bruder John ermordete, auch auf mich geschossen hat und mich beinahe erledigt hätte.«
    »Es ist doch zu etwas gut, wenn man einen kleinen Kopf hat!« brummte Pawter, als er seinen einstigen Mitarbeiter zur Tür geleitete.
    Dann warf er einen Blick auf seine Uhr. Es war höchste Zeit. Er machte sich bereit und fuhr zum Bahnhof.

29
    Abends sechs Uhr entstieg Pawter dem Taxi, das ihn von der Bahnstation zum Hotel ›Zu den zwei Brücken‹ gebracht hatte, einem alten, im Herzen des Moorlandes von Dartmoor gelegenen Gasthof. Er zahlte den Fahrpreis, trat ein, belegte ein Zimmer und bestellte sich ein Abendessen. Der bejahrte Kellner begrüßte ihn wie einen alten Freund.
    »Sie gehen wohl wieder zu den Prioren hinaus, Sir?« fragte er, wie er wohl schon zwanzigmal gefragt hatte. »In letzter Zeit herrschte ziemlicher Betrieb in der Priorei«, erzählte der Alte, während er das Tischtuch ausbreitete. »Ich habe noch nie so viele Leute hinausfahren und zurückkommen sehen wie in diesen Tagen. Zu jeder Tages- und Nachtstunde kamen Automobile vorbei. Einmal muß auch jemand krank geworden sein, denn ich sah einen Krankenwagen - wann war das nur gleich? Ich glaube, vorige Woche. Ich wohne nämlich in dem kleinen Häuschen vorn an der Straße, und man kann nicht zur Priorei gelangen, ohne bei mir vorbeizufahren. Da ich einen leichten Schlaf habe, höre ich jedes Geräusch. Es sind doch Mönche, die da hausen, nicht wahr?«
    »Eine Art Mönche«, erwiderte Pawter.
    Er verspeiste rasch sein einfaches Mahl, zog sich dann um und ging aus dem Haus. Das kleine Auto, das ihn jedesmal zur Priorei brachte, wartete schon. Der ältliche Mann am Steuer berührte grüßend den Mützenschirm.
    »Alles in Ordnung in der Priorei?« erkundigte sich Pawter, als er sich neben den Fahrer setzte.
    »Gewiß, Sir.«
    »Niemand krank gewesen?«
    »Nicht daß ich wüßte, Sir.«
    Sie fuhren eine Weile schweigend, dann fragte Pawter:
    »Wie geht es dem Großprior?«
    »Soviel ich weiß, sehr gut. Aber wir sehen ihn nicht oft. Er geht und kommt, wie Sie wahrscheinlich wissen, fast immer nur bei Nacht und benützt

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