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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Erkrankung gehabt. Das war voriges Jahr, als der Großprior von Herzkrämpfen befallen wurde. Unglücklicherweise war gerade niemand da, der ein Auto lenken konnte, so daß zwei Brüder auf die Straße laufen mußten, um womöglich einen vorüberfahrenden Wagen aufzuhalten. Zum Glück begegneten sie gerade einem Arzt, der nach Exeter fuhr.«
    Pawter sah Blackwood rasch an.
    »Wann hat sich das ereignet?«
    »Etwa vor sechs oder sieben Monaten.«
    »Kennen Sie zufällig den Arzt, um den es sich handelte?«
    »Nein. Er wurde durch die Gartenpforte eingelassen. Als er kam, ging es dem Großprior wirklich sehr schlecht. Er delirierte. Bruder John war ganz außer sich und lief selbst mit auf die Straße hinaus, um Hilfe zu holen.«
    »Voriges Jahr also ...« Pawter schien in Gedanken versunken. »Und man fand einen Arzt im Wagen auf der Straße nach ... So, so ... Das erklärt mir vieles - sehr vieles ...«
    Der Verwalter warf einen Blick auf seine Uhr.
    »Sie werden sich bereitmachen müssen, Sir.« Er öffnete den Wandschrank und nahm einen seidenen Mantel heraus, den Pawter über seine Kleidung anzog. »Sie können froh sein, daß Sie keine Maske tragen müssen. An einem so heißen Tag muß das zum Ersticken sein. Aber ich muß jetzt gehen. Haben Sie alles, was Sie brauchen?«
    Pawter begleitete ihn zur Tür und sah ihm nach, bis er in dem dunklen Gang verschwunden war. Dann ging er in seinem Zimmer auf und ab. Er hatte über ein neues Problem nachzudenken.
    Fünf Minuten vor acht Uhr hörte er auf dem Korridor die leisen Tritte von Sandalen und gleich darauf ein eigenartiges Pochen an seiner Tür.
    »Wer klopft?« fragte er laut.
    »Zwei Prioren dieses stolzen Ordens.«
    »Tretet ein!« rief er, und die Tür ging langsam auf. Im Türrahmen stand eine vermummte Gestalt, die Hände übereinandergelegt, so daß sie in den weiten Ärmeln verschwanden. Hinter der ersten war eine zweite, ebenso gekleidete Gestalt zu sehen. Die beiden Männer machten kehrt und gingen mit langsamen, würdevollen Schritten voran. Pawter folgte ihnen. Sie durchquerten den Hof, dann ging es auf einem Gartenweg unter einem Torbogen hindurch und weiter über einen zweiten gepflasterten Hof, bis sie vor der geschnitzten Eichentür eines kleinen Gebäudes ankamen. Die beiden Begleiter nahmen zu Seiten des Eingangs Aufstellung und ließen Pawter eintreten.
    Er befand sich in der ihm wohlbekannten kleinen Kapelle. Die Chorstühle waren von Vermummten besetzt. Der eigentliche Kirchenraum war leer bis auf eine große drehbare Trommel und einen Tisch, auf dem ein riesiger Haufen kleiner weißer Nummernschildchen mit Metallrändern lag. Die Begleiter ließen Pawter allein vor diesen Utensilien stehen und schritten auf die Chorstühle zu.
    Das milde Licht des Sonnenuntergangs strömte durch die bemalten Fenster herein, ließ die Banner über den Sitzen aufleuchten und umfloß die schlanke, purpurviolett gekleidete Gestalt, die über die zum Chorraum führenden Stufen herabkam.
    »Willkommen, sichtbarer Prior!« begrüßte ihn eine gedämpfte Stimme aus der Kapuze. »Möge der Zufall entscheiden, wem diesmal die Illusion irdischen Glückes zuteil werden soll.«
    Auf dem Tisch lag eine vergoldete Schaufel. Pawter ergriff sie und schaufelte alle Nummern in die Trommel, bis keine einzige mehr auf dem Tisch lag. Sodann streifte er den rechten Ärmel seines Gewandes hoch, hob den nackten Arm mit ausgespreizten Fingern in die Höhe, versetzte die Trommel in rasche Drehung, griff, nachdem sie stehengeblieben war, hinein, zog ein Nummernschildchen heraus und legte es auf den Tisch. Zehnmal tat er das gleiche, dann wies der Großprior mit der Hand auf zwei Vermummte, die sofort zum Tisch traten. Der eine rief laut die Nummern aus, der andere schrieb sie auf ein Blatt Papier.
    Darauf legte Pawter die gezogenen Nummern auf die Fläche seiner linken Hand, um sie dann wieder in die Trommel zu werfen. Fünfmal wiederholte sich die Ziehung von je zehn Nummern in ganz derselben Art, nur daß jedesmal zwei andere Männer dazu bestimmt wurden, die gezogenen Nummern aufzuschreiben. Schließlich erklärte der Großprior mit feierlicher Stimme:
    »Der Priorenkonvent hat entschieden, daß die vierte Reihe die gültige sei.«
    Pawter memorierte für sich kurz die Zahl der vierten Reihe, während die Prioren sich erhoben und, ihren Hymnus anstimmend, aus der Kapelle abzogen.
    Pawter runzelte die Stirn. Was sollte das bedeuten? Noch nie hatten die Prioren ihre Sitze verlassen,

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