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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zurückhaltend. Ich erinnere mich, daß ich vor nicht sehr langer Zeit noch einen Umweg machte, um Ihnen nicht begegnen zu müssen. Aber das ist vorbei. Wirklich, sind Sie mir böse?«
    »Warum sollte ich?«
    »Warum wollen Sie nicht mit nach Amerika kommen? Mein Onkel hätte Sie sehr gern eingeladen, aber ich habe ihn damals davon abgehalten.« Sie ging jetzt neben ihm. »Wissen Sie, Mr. Holbrook, ich fürchtete mich vor Ihnen. Da war erst diese schreckliche Schaufenstergeschichte, und ich sagte zu Clive ...«
    »Wollen wir nicht Lord Lowbridge aus dem Spiel lassen?« unterbrach er sie gereizt.
    Sie schwieg einen Augenblick.
    »Sie mögen Lord Lowbridge nicht? Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Er gefällt mir sogar sehr. Aber - was soll ich von einem Mann halten, der die Vollkommenheit selbst ist?«
    »Sie sind eifersüchtig!«
    »Eifersüchtig? Wie meinen Sie das? Warum sollte ich eifersüchtig sein?«
    »Sie sind eifersüchtig«, wiederholte sie. »Mr. Holbrook, Sie sind im Begriff, sich zu verlieben, und das sollten Sie nicht!«
    »Warum nicht? Natürlich, ich weiß, Sie sind furchtbar reich und in einen andern Mann verliebt, aber Sie können mich nicht hindern, Sie zu lieben, wenn es mir paßt.«
    »Wenn ich aber verheiratet bin?« warf sie ein.
    Er blieb wie angewurzelt stehen.
    »Mit Lowbridge?« fragte er, und seine eigene Stimme klang ihm fremd.
    »Nein, mit Dr. Laffin. Ich denke, es ist gut, wenn Sie es wissen. Ich bin insofern verheiratet, als ich vor dem Beamten auf dem Standesamt meine Unterschrift gegeben habe. Ich weiß nicht, warum Laffin es wollte - das heißt, doch, ich kenne den Grund.«
    »Und - weiß es Ihr Onkel?«
    »Nein, und ich möchte auch nicht, daß er es schon jetzt erfährt.«
    Sie näherten sich wieder dem Hotel. Da blieb er stehen.
    »Nehmen wir an, Sie wären nicht verheiratet -«, begann er, und es bereitete ihm einige Mühe, die nachfolgende Frage über die Lippen zu bringen, »wie, glauben Sie, wären dann Ihre Gefühle, ich meine, Lowbridge oder - mir gegenüber?«
    »Kommen Sie«, sagte sie, »ich glaube, der Inspektor hat gerufen.«
    Aber er rührte sich nicht von der Stelle.
    »Wen würden Sie wohl .«
    »Beide, beide gleich!« rief sie leichthin. Dann schob sie ihren Arm unter den seinen. »Ich werde Clive niemals heiraten.«

31
    Der kleine Raum, in dem Pawter sich befand, hatte zwei Türen. Trotz den Fesseln an seinen Beinen gelang es dem Gefangenen, zu beiden zu humpeln. Wie nicht anders erwartet, fand er sie versperrt. Bald darauf hörte er, wie Riegel zurückgeschoben wurden. Die eine Türe öffnete sich, der Mann im Purpur trat ein und stellte eine Laterne mit einer Kerze auf den Boden. Daneben legte er eine Metalldose. Er öffnete sie und entnahm ihr eine kleine Spirituslampe und eine Brennschere. Pawter lief es kalt über den Rücken, als er die Vorbereitungen verfolgte.
    Ein Streichholz flammte auf. Der Docht wurde entzündet und die Brennschere auf zwei aufklappbare Backen gelegt. Die bläulich leuchtende Flamme leckte um den Stahl.
    »Es wird einige Zeit dauern, bis das Eisen heiß genug ist«, sagte der Mann gedämpft, »währenddessen können Sie sich's noch einmal überlegen. Eine ganz gewöhnliche Brennschere, wie sie die Damen verwenden, erfüllt den Zweck vollkommen, wenn ich damit Ihre Augenlider berühre ... Wahrscheinlich können Sie sich gar nicht vorstellen, was Schmerz wirklich heißt.«
    »Ich kann mir eine Menge Dinge vorstellen«, erwiderte Pawter, »nur das eine nicht, daß ich mich an einem gemeinen Betrug beteilige, wie Sie ihn vorhaben.«
    »Sie sind ein Narr, Pawter! Ich zahle Ihnen eine ansehnliche Summe und bin bereit, die Zahlung halbjährlich zu wiederholen, wenn Sie mir den kleinen Dienst erweisen. Sie könnten in wenigen Jahren ein reicher Mann sein.«
    »Ich bin bereits ein reicher Mann«, sagte Pawter.
    Beide schwiegen eine Weile.
    »Jetzt ist sie schön heiß ...«
    Pawter beobachtete, wie die Brennschere aufgenommen wurde. Er schreckte nicht zurück, als sie sich langsam seinem Gesicht näherte.
    Bum, bum, bum!
    Jemand klopfte wuchtig an die Tür. Der Rotviolette fuhr herum.
    »Wer da?« rief er.
    Bum, bum, bum!
    »Wer ist draußen?« brüllte er aufgeregt.
    »Aufmachen! Im Namen des Gesetzes - aufmachen!« Gleich darauf folgte der Befehl: »Aufbrechen!«
    Es war Inspektor Bullotts Stimme. Pawter hatte sie gleich erkannt und erleichtert aufgeatmet.
    Die Tür erzitterte unter einem heftigen Schlag. Der falsche Großprior stand einen

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