057 - Schreckensmahl
den
Gedanken sogleich wieder.
Sie konnten beide das Anwesen verlassen, wann immer es
ihnen beliebte. Joan fuhr einen Zweitwagen. Sie konnte Eric nehmen und mit ihm
durch die Gegend fahren. Vielleicht lernte sie in der Zeit seiner Abwesenheit
auch die Nachbarn näher kennen.
●
Das nächste Haus stand knapp eine Meile von ihrem Anwesen
entfernt. Die Leute dort lebten ebenso einsam wie sie, und mit der Zeit würde
man sicher Kontakte knüpfen.
Obwohl Frank Berry seine Frau täglich anrief, begann Joan
zu spüren, wie einsam sie ohne ihren Mann war.
Sie freute sich darauf, als es endlich Samstag wurde.
Frank hatte versprochen, übers Wochenende von London herüber zu kommen. Um die
Lunchzeit klingelte das Telefon. Die junge Frau befand sich gerade auf der
Terrasse und lief rasch in den großen Wohnraum zurück.
»Oh, Frank!« Sie war froh, die Stimme ihres Gatten zu
hören.
Doch der Freude folgte sofort die Enttäuschung.
»Es tut mir leid, Darling! Aber ich kann dieses
Wochenende unmöglich kommen. Wir sind in Verzug geraten.
Der Regisseur will die ausstehenden Szenen noch in den
Kasten bekommen.«
»Oh, Frank!«
Alle Enttäuschung mischte sich in ihre Stimme.
»So schlimm?«
»Sehr.«
»In dem schönen neuen Haus, Darling! Fühlst du dich dort
denn gar nicht wohl?«
»Doch, sehr wohl sogar. Wir sind zu beneiden, Frank. Aber
ich brauche einen Menschen, mit dem ich meine Freude teilen kann! Sonst habe
ich selbst keinen Spaß daran.«
»Ich denke, daß ich nächstes Wochenende bestimmt kommen
kann«, tröstete er sie. »Du bist es doch gewohnt, allein zu sein!«
»Schon! Aber das war bisher doch etwas anderes. Es waren
Menschen in der Nähe. Ich habe mich zwar nach Ruhe und Stille gesehnt, aber
manchmal braucht man auch jemand, mit dem man sich unterhalten kann.«
»Ruf May an, oder Peggy!
Vielleicht hat eine Lust, unser neues Haus
kennenzulernen.«
Joan Berry atmete auf.
»Das ist eine gute Idee, Frank. Dann bin ich wenigstens
am Sonntag nicht allein.«
»Allein bist du doch nie. Schließlich hast du Eric.«
Sie seufzte. »Den bekomme ich nur noch zu den
Essenszeiten und abends kurz vor dem Schlafengehen zu Gesicht. Eric ist voll ausgelastet.
Der Junge ist den ganzen Tag nicht in das Haus zu bekommen.«
»Das ist doch herrlich. Ich freue mich, daß er sich so
wohl fühlt.«
Er führte ein ausgedehntes Telefongespräch mit Joan. Er
erkundigte sich auch danach, ob sie in der Zwischenzeit schon Leute aus der
Umgebung kennengelernt habe.
»Einige. Beim Einkauf im Dorf, Frank. Ich bin auch mit
einer Nachbarin ins Gespräch gekommen. Einer gewissen Mrs. Biller. Sie hat mich
sogar angesprochen.«
»Na, wunderbar. So entstehen neue Bekanntschaften.«
»Davon bin ich noch gar nicht überzeugt, Frank. Sie
fragte mich, ob wir das Haus von Mrs. Moorefield gekauft hätten. Als ich das
bejahte, verfinsterte sich ihre Miene, und sie meinte, daß sie uns bewundere.
Sicherlich seien wir fremd hier, daß wir nichts Näheres über das Haus wüßten.
Ob uns denn der niedrige Preis nicht stutzig gemacht hätte.«
»Was soll das komische Gerede?«
Frank Berrys Stimme klang verändert.
»Was wollte diese – Mrs. Biller damit sagen?«
»Ich weiß nicht, Frank.
Sie machte keine näheren Andeutungen.«
»Ich kann solche Geheimnistuereien nicht vertragen.
●
Sieht beinahe so aus, als gönne man uns den Besitz nicht.
Die Einheimischen können manchmal recht komisch in solchen Dingen sein. Sie
vermiesen mit irgendwelchen unsinnigen und unhaltbaren Bemerkungen einem
Fremden das neue Heim, das generationenlang einen ortsansässigen Besitzer
hatte.
Laß dich durch solches Geschwätz nicht aus dem Konzept
bringen, Joan.«
»Natürlich nicht, Frank.
Wenn ich Mrs. Biller beim nächsten Einkauf treffe, frage
ich sie, was sie mit ihrer Andeutung eigentlich beabsichtigt.«
Der Zufall wollte es, daß sie zwei Tage nach diesem
Gespräch Mrs. Biller tatsächlich in dem kleinen Krämerladen des Ortes traf. Die
Frau war Mitte der Fünfzig.
Sie hatte kleine, dunkle Augen, denen nichts zu entgehen
schien. Das bereits ergraute Haar zu einem unvorteilhaften Knoten
zusammengesteckt, wirkte sie um etliche Jahre älter und sah aus wie eine
pensionierte Lehrerin. Das Haus, in dem Mrs. Biller wohnte, war bei weitem nicht
so groß und schön wie das, welches die Berrys erstanden hatten. Aber es war
immerhin eine Villa, die sich sehen lassen konnte. Und der Grundbesitz war
ebenfalls beachtlich. Joan Berry nutzte
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