0570 - Die Stimmen der Qual
Mißtrauensanträge behandeln zu lassen. Dieser Aufschub von einem Monat wurde von seinen Gegnern als Verzögerungstaktik hingestellt und gleichzeitig als Schuldbekenntnis gewertet.
Gleichzeitig mit dieser gezielten politischen Maßnahme gegen die Regierung wurde eine zweite Kampagne von privater Seite gestartet.
Schon nach dem Verschwinden des Schwarms am 5. Juni 3443 hatten viele Firmen und Personen, die sich durch die Verdummung geschädigt fühlten, Ansprüche auf Entschädigungen geltend gemacht. Die Anträge waren von der Regierung zur Kenntnis genommen und nach ihrer Wichtigkeit und der Reihenfolge der Einreichung behandelt worden. Niemand hatte davon besondere Notiz genommen.
Jetzt wurde diese Angelegenheit plötzlich künstlich hochgespielt.
Einige kleinere Parteien, die von Großunternehmern und Konzernen gegründet worden waren, warfen der Regierung vor, die Wiedergutmachung des der Öffentlichkeit durch den Schwarm entstandenen Schadens zu langsam und nicht im richtigen Ausmaß zu betreiben.
Und dann ging es Schlag auf Schlag. Aus allen Teilen des Imperiums trafen Klagen gegen die Regierung auf Schadenersatz ein. Es waren etliche tausend, hauptsächlich von eigennützigen Institutionen, Firmen und Konzernen eingereicht, die durch den direkten oder indirekten Einfluß des Schwarms finanzielle Verluste erlitten hatten.
Wohlgemerkt, es handelte sich keineswegs um Anträge auf Wiedergutmachung, sondern um an den Obersten Gerichtshof des Imperiums gerichtete Klagen! Darin wurde Rhodan beschuldigt, durch seine falsche Handlungsweise die Geschäftsverluste und die Zerstörung kostspieliger Fertigungsanlagen verschuldet zu haben.
Als Beschuldigter wurde zwar die Regierung des Solaren Imperiums genannt, aber gemeint war Rhodan, denn auf ihm ruhte die Verantwortung.
Viele dieser Klagen gingen über Merytot Bowarotes Schreibtisch, denn die klagenden Parteien waren auf Terra ansässige Firmen, deren Verluste durch die Transition des Solsystems entstanden waren.
Bowarote beobachtete mit steigender Bestürzung, welche Entwicklung der Wahlkampf nahm. Er glaubte nicht, daß der überwiegende Teil der Menschheit, der auf Rhodans Seite stand, plötzlich abtrünnig würde. Rhodan war immer ein guter Staatsmann gewesen, und das vergaßen selbst die durch die Verdummung zerrütteten Menschen nicht von einem Tag auf den anderen. Wenn sich viele auch beeinflussen lassen würden, so verblieben bestimmt noch genügend standhafte Rhodanisten, die dem Großadministrator zu einem Wahlsieg verhalfen.
Vorausgesetzt natürlich, daß Rhodan sie in ihrem Glauben an ihn bestärkte.
Doch gerade hier sah Bowarote den Grund zur Besorgnis. Wer könnte es Rhodan verübeln, wenn er unter der auf ihn einstürmenden Welle des Mißtrauens den Glauben an die Menschheit verlor und resignierte!
Neben der Sorge um die zukünftige Politik des Solaren Imperiums, hatte Merytot Bowarote auch private Probleme. Am 8.
Februar überreichte ihm sein Propagandachef Hamsdierd Flee einen knallroten Briefumschlag.
Bowarote öffnete ihn und entnahm ihm ein halbes Dutzend 3-D-Fotos. Auf einem Bild war er mit einem Thermostrahler zu sehen - und zu seinen Füßen lagen zwei tote Blues. Das Bild war aus einer so raffinierten Perspektive geschossen, daß es in dem Betrachter den Eindruck erweckte, daß Bowarote die Pose eines erfolgreichen Jägers einnahm.
Das zweite Bild zeigte Bowarote mit haßverzerrtem Gesicht, wie er gerade seine Hände um den Hals eines nach Luft ringenden Blues legte.
Auf den vier restlichen Bildern war Bowarote auf der Anklagebank eines Blues-Gerichts zu sehen.
„Was soll das?" fragte Bowarote.
„Drehen Sie das erste Bild um", riet der Parteivorsitzende der GTU.
Bowarote tat es. Auf der Rückseite des Fotos stand in steiler Handschrift geschrieben: Ist das der Freund aller Fremdvölker?
Aussprache erforderlich! Ein Schweber wird sie am 9. Februar vor der Administration erwarten. Diskretion zugesichert.
„Erwarten Sie etwa, daß ich darauf reagiere?" fragte Bowarote erzürnt.
„Den ersten Brief dieser Art habe ich ebenfalls ignoriert", sagte Hamsdierd Flee. „Aber das ist bereits der dritte. Wenn eines dieser Bilder an die Öffentlichkeit dringt, dann kann uns das teuer zu stehen kommen. Sie sollten sich zumindest einmal anhören, worauf dieser Erpressungsversuch hinausläuft, Administrator."
7.
Munisho Aerce traf erst am 8. Februar auf Terra ein; zu einem Zeitpunkt also, da der Wahlkampf bereits in vollem
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