0570 - Die Stimmen der Qual
Gang war.
Dem weiblichen Obmann von Plophos wurde auf dem Raumhafen von Terrania ein Empfang geboten, der dem Terheras kaum nachstand. Die Kandidaten der Sozialgalaktischen Bürgerrechts-Föderation, besser unter der Kurzbezeichnung SBF bekannt, war auf der Erde sehr beliebt.
Ihr eilte der Ruf voraus, bei der Reorganisation der Sozialeinrichtungen Großes geleistet zu haben. Jedermann im Solaren Imperium wußte, daß die Erschaffung der Rehabilitationszentren für Verdummungsgeschädigte auf ihre Initiative zurückzuführen war. Plophos war die erste Welt gewesen, auf der es ein solches Rehabilitationszentrum gegeben hatte, in dem alle Menschen, die durch die Verdummung geistigen Schaden erlitten hatten, nach neu entwickelten Methoden geheilt wurden.
Munisho Aerce war mit ihren 84 Jahren noch verhältnismäßig jung. Aber sie hatte schon früh mit ihrer diplomatischen Laufbahn begonnen und hatte sich in ihrer jahrelangen Tätigkeit als Erster Schreiber der plophosischen Staatsbank um ihre Welt verdient gemacht.
Sie war mittelgroß, rothaarig, verheiratet und Mutter zweier Kinder. Von ihrem Mann war kaum etwas bekannt, er führte das Schattendasein eines Prinzgemahls. In den Frauenzeitschriften des gesamten Imperiums war ihre glückliche Ehe ein beliebtes Thema; ihre Partei verstand es vorzüglich, sie als liebende Frau und Mutter, als modern denkend und schließlich auch als überragende Sozialpolitikerin hinzustellen.
Munisho Aerce konnte gewiß sein, daß die Mehrzahl der Frauen am 1. August für sie stimmen würde.
Zu ihrer Verteidigung muß gesagt werden, daß die Public-Relations-Manager der SBF nicht übertrieben, was ihre Fähigkeiten betraf; sie war als Expertin in Sozialfragen praktisch unübertroffen. Vom Charakter her war sie ehrlich und aufrichtig, was sie liebenswert machte. Sie hatte keine Feinde, und selbst ihre politischen Gegner anerkannten ihre Fähigkeiten neidlos.
Es wäre unvorstellbar gewesen, daß irgend jemand gegen sie intrigierte.
Gleich nach der Ankunft wurde ihr der Orden für Verdienste um die Resozialisierung der Verdummungsgeschädigten verliehen; Kinder überreichten Blumensträuße, Chöre erklangen... Munisho Aerce ließ geduldig über sich ergehen, was ihr der Propagandachef der SBF eingebrockt hatte.
Als der Publicity-Rummel vorbei war, stellte sie ihn allerdings zur Rede und ließ sich das Programm für die nächsten Tage neu zusammenstellen.
Am Tage nach ihrer Ankunft auf Terra inspizierte sie das Rehabilitationszentrum für Verdummungsgeschädigte, das in dem riesigen Gebäudekomplex des Ezialistischen Instituts untergebracht worden war.
Schon nach einem kurzen Rundgang durch die Lehrsäle mußte sie neidvoll anerkennen, daß hier die Bedingungen für die Behandlung der Verdummungsgeschädigten besser waren als auf Plophos.
Sie notierte im Geiste aber auch, daß die Möglichkeiten nicht voll genutzt wurden und nahm sich vor, die Verbesserungsvorschläge in ihrer nächsten Kundgebung einzustreuen.
Neben einigen aufschlußreichen Fachgesprächen mit wissenschaftlich geschulten Betreuern mußte Munisho Aerce an verschiedenen Veranstaltungen, an einem Galadiner und an einer ermüdeten Festansprache des Anstaltsdirektors teilnehmen.
Zwischendurch schüttelte sie unzählige Hände von Verdummungsgeschädigten, sprach tröstende Worte und spielte mit Kindern, die durch die Verdummung in ihrer Entwicklung um Jahre zurückgeworfen worden waren. Während der ganzen Zeit über klickten und surrten die Kameras - die Berichterstatter hatten Material genug, um Seiten ihrer Magazine und ganze Familiensendungen zu füllen.
Als Abschluß ihrer Exkursion durch das Rehabilisationszentrum war ein Besuch in einer Abteilung für besonders schwere Fälle gedacht. Munisho Aerce fühlte sich zu diesem Zeitpunkt bereits körperlich und geistig wie ausgelaugt, und sie wäre am liebsten auf dem schnellsten Weg in das Apartment im Gebäude der SBF zurückgekehrt. Aber dann sah sie ein, daß sie auch noch diese letzte Pflichtvisite hinter sich bringen mußte.
Sie hatte die Abteilung für besonders schwere Fälle kaum betreten, als ihr eine Überraschung beschert wurde.
„Muni!"
Munisho Aerce erblickte den Mann, der sie mit ihrem Kosenamen angesprochen hatte und erkannte ihn sofort.
„Halten Sie die Reporter zurück", sagte sie zu ihrem Berater.
„Achten Sie darauf, daß keiner von ihnen ins Zimmer kommt."
Während hinter ihr die Leibwächter und ihre Berater die Reporter
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