0572 - Zarkahrs Braut
deutlich mehr Details des Raumes erkennen, als bei ihrem ersten Erwachen, den Faltenwurf der Wandbehänge, eigenartige Muster, deren Anblick einen seltsamen Einfluß auf Patricia auszuüben schienen…
Benommen wandte sie sich ab. Sie befürchtete, daß sie mit den Mustern auf den Stoffen geistig manipuliert werden sollte.
Einen Ausgang konnte sie immer noch nicht entdecken.
Aber irgendwo mußte es eine Öffnung geben, denn die Luftzufuhr funktionierte. Die Flammen in den beiden Feuerschalen hätten sonst nicht so lange brennen können, und auch Patricia wäre das Atmen mit der Zeit immer schwerer gefallen.
Woher also kam die Frischluft?
Dort mußte auch eine Öffnung sein, die sich vielleicht erweitern ließ, so daß Patricia hindurchschlüpfen und aus dieser Gruselkammer entkommen konnte.
Auf ihrer nackten Haut konnte sie leider keinen Hauch verspüren, der ihr die Richtung des Luftsogs verriet, also beobachtete sie die Flammen. Wohin flackerten sie?
Da kehrte das Flüstern zurück.
»Gefallen sie dir, die Feuerschalen?« raunte der Dämon.
Mit einem Aufschrei fuhr Patricia herum und wich wieder zur Wand zurück. Unwillkürlich versuchte sie, ihre Blößen mit den Händen zu bedecken.
Zarkahr lachte spöttisch.
Er machte eine lässige Handbewegung in Richtung der Schalen.
»Sie sind schön, nicht wahr? Wunderschön. Vielleicht schenke ich sie dir. Sie können dir gute Dienste leisten.«
»Wobei?« keuchte Patricia unwillkürlich auf.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Deuteten Zarkahrs Worte nicht darauf hin, daß er sie nicht töten wollte? Aber weshalb hielt er sie dann hier gefangen?
Etwas zwang sie, die Feuerschalen näher anzusehen. Nicht die Flammen und die Richtung, in die sie loderten, sondern die Schalen selbst.
Jetzt erst fiel ihr deren kunstvolle Ausarbeitung auf. Sie wurden von dunklen Figuren getragen. Menschenähnliche Gestalten, wie aus schwarzem Holz geschnitzt, die geduckt kauerten und auf ihren hochgehobenen Armen die Schalen trugen.
Die Figuren wirkten so lebensecht, als könnten sie sich jeden Augenblick erheben und durch den Raum schreiten…
»Sie sind Diener«, sagte Zarkahr. »Gefrorene Seelen. Tauen sie auf, können sie deine willfährigen Diener sein, die dir widerspruchslos gehorchen und alles, wirklich alles tun, was du ihnen befiehlst. Benötigst du ihre Dienste gerade nicht, gefrieren sie wieder und zeigen sich in der Form, welche du jetzt vor dir siehst.«
»Seelen deiner Opfer!« stieß Patricia hervor. »Unschuldige Opfer, die ewig leiden müssen unter deiner abscheulichen Macht!«
»Unschuldig?« Zarkahr lachte höhnisch auf. »Oh, du glaubst, sie wären unschuldig? Kennst du sie nicht? Nun, einen müßtest du gesehen haben. Wie hieß er noch gleich? Jean? Ja, das war sein Name. Jean Greaux. Das hier…« - der Corr deutete auf eine der Figuren - »… ist seine Seele.«
Patricia erschauerte. Sie erkannte in der Figur den Mann, mit dem sie in der Discothek zusammen getanzt und geplaudert hatte!
Kaum wies die Hand des Dämons auf die geduckte Gestalt, als sie sich verfärbte, sich als menschliche Miniatur zeigte und aus geweiteten, angstvollen Augen Patricia anstarrte.
Der Mund öffnete sich zu einem Hilfeschrei, aber da zog der Dämon seine Hand bereits wieder zurück, und die gefrorene Seele erstarrte erneut zur schwarzen Skulptur.
»Unschuldig, meinst du?« Zarkahr lachte böse. »Dein hochgeschätzter Jean war einer meiner Helfer. Er und die anderen sorgten für deine Entführung, auf eine Weise, daß keine Spur zu mir führt! Hoffst du, daß Zamorra dich findet und rettet? Niemals wird er erfahren, wo du bist. Er weiß nicht, daß ich die Fäden zog. Er stieß auf menschliche Helfer und von Menschen geschaffene Hilfsmittel. Nur der Plan war von mir…«
»Jean«, flüsterte Patricia.
Sie hob den Kopf und sah den Dämon an.
»So also belohnst du deine Diener?«
»Ich belohne jeden, wie er es verdient.«
Langsam näherte er sich der Schottin.
»Was hast du mit mir vor? Was willst du von mir?« flüsterte sie.
»Hab keine Angst«, raunte er. »Dir wird nichts Böses geschehen. Denn ich brauche dich. Dir wird eine Ehre zuteil, wie nur wenigen Menschen vor dir.«
»Auf Ehrungen durch Dämonen kann ich verzichten«, keuchte sie.
»Oh, du zeigst Mut. Mehr Mut als bei unserer ersten Begegnung. Da flohst du vor mir in die Bewußtlosig keit. Doch du kannst nicht immer fliehen. Deine Widerstandskraft wird nachlassen, deine Kontrolle über dich
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