0573 - Der uralte Henker
»Ich habe einen Tisch für vier Personen bestellt.« Er grinste breit. »Schließlich denkt man ja mit, nicht wahr?«
»Das ist mir neu.«
»Untersteh dich.«
»Und wann gehen wir?« fragte Glenda.
»Eigentlich jetzt.«
»Okay, ich stelle nur meine Maschine aus.« Sie ging zum Haken und nahm ihre dreiviertellange Jacke ab, die sie sich über die Schultern hängte.
»Eine hübsche Person«, sprach mich der Mönch an. »Sag ehrlich, John, wie oft bist du schon schwach geworden.«
Daß ich noch rot werden konnte, merkte ich in den folgenden Sekunden. »Einige Male«, gab ich zu.
»Das ist eben das Schöne an uns Menschen«, sagte der Father.
»Wir sind keine Roboter.«
»Bestimmt nicht.«
»Können wir abdampfen?« rief Glenda aus dem Vorzimmer.
»Alles klar.«
Zehn Minuten später betraten wir das Lokal. Es gehörte schon zu den besseren seiner Klasse, denn es wurden nicht nur Pizza oder Lasagne serviert. Man bekam auch Menüs, und die beiden Besitzer empfahlen besonders ihre tagesfrischen Gerichte, deren Zutaten sie stets frisch auf dem Mark kauften.
Da wir bekannt waren, fiel die Begrüßung entsprechend herzlich aus. Auch Father Ignatius wurde wie ein Freund willkommen geheißen.
»Was darf ich euch denn heute kochen?« wurden sie gefragt, als wir saßen.
»Mir nicht so viel!« rief Glenda.
»Ich weiß, Signorina. Nur Salat.«
»Genau.«
»Ich habe Hunger.« Ignatius deutete auf seinen Magen. »Bei uns wird nicht italienisch gekocht.«
»Das ist ein Fehler!« rief der Besitzer. »Sie sollten es wirklich ausprobieren.«
»Ich glaube es Ihnen ja. Nur kann ich allein unseren Koch davon nicht überzeugen.«
Father Ignatius entschied sich für ein Gericht, das nicht auf der Karte stand. Frisch zubereiteter St. Peters Fisch in einer Champagnersoße, dazu feine Nudeln, etwas Broccoli und etwas Reis.
»Und eine Vorspeise.«
»Da kann ich den italienischen Wurstteller empfehlen. Die Zutaten sind nicht so mächtig.«
»Einverstanden.«
Ich entschied mich für eine kleine Pizza, Suko für eine große. Ignatius bestellte einen trockenen Soave, Suko und ich Mineralwasser, worüber der Mönch den Kopf schüttelte.
»Das begreife, wer will«, sagte er, »ich nicht.«
»Wir sind im Dienst.«
»Unsinn, Freunde, heute lassen wir es uns gutgehen.« Er hob sein Glas. »Auf daß wir noch lange beisammen sein können.«
»Das meine ich auch!« erwiderte Suko.
Als Appetithappen bekamen wir frisches, ofenwarmes Brot und Kräuterbutter gereicht.
Während wir aßen, rückte Father Ignatius mit einer Bemerkung heraus, die mich wunderte. »John, wenn ich dich so ansehe, habe ich das Gefühl, daß es dir in der letzten Zeit nicht gut ergangen ist. Hast du schwere Probleme gehabt?«
»In der Tat.«
»Darfst du darüber reden?«
»Natürlich.«
Wir berichten ihm davon, daß unser alter Freund Kommissar Mallmann zu einem Vampir geworden war und nun versuchte, eine neue Macht von Blutsaugern, weltweit aufzubauen.
Der Mönch zeigte sich geschockt. »Das darf doch nicht wahr sein«, flüsterte er. »Tatsächlich Will Mallmann?«
»Wenn ich es dir sage.«
»Gütiger Gott – wieso?«
»Es war Pech, meine ich.«
»Ein Unglücksfall«, fügte Suko hinzu. »Und deshalb so schlimm, weil Mallmann sämtliche Tricks kennt. Der war beim BKA und ist mit allen Wassern gewaschen.«
»Das scheint mir auch so.«
Unser Essen kam, so daß wir das leidige Thema beschließen konnten. Father Ignatius aß mit einem sehr gesunden Appetit. Wir konnten zuschauen, wie es ihm schmeckte. Auf einen Nachtisch jedoch mußte er leider verzichten, Vorspeise und Hauptgericht waren einfach zuviel gewesen. Nach dem Essen gönnte er sich eine gute Zigarre. Die Torpedos steckten in einem braunen Etui, das er unter seiner Kutte verborgen hielt.
Nachdem die ersten blauen Wolken der Decke entgegenstiegen, nickte er nachdenklich. »Irgendwie kommt es mir wie eine Fügung des Schicksals vor, daß wir in einem italienischen Lokal sitzen.«
»Wieso das?« wunderte ich mich.
»Es gibt nämlich noch einen zweiten Grund, weshalb ich euch besucht habe.«
»Der wäre?« fragte Suko.
»Es ist dienstlich und überhaupt nicht spaßig. Dabei geht es als Einsatzort um Italien.«
»Bitte weiter.«
Er schaute mich an, dann Suko und fragte: »Kennt ihr, Lorenzo, den Henker?«
»Nein!« Die Antwort klang wie aus einem Munde.
»Ihr werdet ihn wohl kennenlernen, denn er ist ein grausamer Mörder, der eigentlich seit 700 Jahren hätte tot sein müssen, doch
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