0573 - Der uralte Henker
ereignet hatten.
Darin waren auch die schrecklichen Taten eines Henkers namens Lorenzo aufgeführt.
»Aber der ist tot, er kann nicht mehr leben«, flüsterte Bernardo.
»Davon sollten wir ausgehen.«
»Und jetzt?« Bernardo hob die Schultern. »Ich… ich weiß mir keinen Rat mehr.«
»Hm.« Der Bischof lehnte sich zurück. »Ich wüßte vielleicht eine Möglichkeit. Man sollte jemand informieren, den ich anläßlich eines bestimmten Besuches kennengelernt habe. Es ist ebenfalls ein Bruder von uns, nur lebt er in einem anderen Land. Ich glaub, daß Padre Ignatius genau weiß, was jetzt zu tun ist…«
***
Wir hatten hohen Besuch beim Yard!
Nicht die Queen, auch keine Minister oder andere Adelige, nein, es war ein Mann, der normalerweise in einem schottischen Kloster in den Grampian Mountains lebte. Er war nach London gereist, um sich den Yard anzuschauen, um etwas zu plaudern und um uns ein Paket mitzubringen.
Ein Paket mit geweihten Silberkugeln!
Father Ignatius war derjenige, der sie herstellte. Nicht maschinell, nein, in Handarbeit, die normalerweise niemand bezahlen konnte, aber er fühlte sich einfach dazu verpflichtet, uns auf diese Art und Weise zu helfen für den Gotteslohn. Das Silber bekam er gestellt, die Kugeln drehte er selbst und weihte sie auch.
Father Ignatius gehörte keinesfalls zu den alten, in sich gekehrten und etwas verschroben wirkenden Mönchen, wie man sie mal als Karikatur sieht. Das Gegenteil war der Fall. Trotz der Abgeschiedenheit des Klosters war er allem Modernen gegenüber aufgeschlossen.
Er wußte von den verschiedenen Strömungen in der Kirche, seine Ansichten waren glasklar und überzeugten auch durch ihr immenses Wissen.
Dennoch vergaß er die andere Seite nicht. Die dunkle Seite des Lebens oder des höllischen Daseins.
Mehrere Male hatte Father Ignatius an meiner Seite gegen die Mächte der Finsternis gekämpft, und wir hatten auch erleben müssen, wie das Kloster in den Bergen von AEBA, den vier gefährlichen Horror-Reitern überfallen worden war. [1]
Da hatten wir Seite an Seite gefightet, genau wie in anderen, prekären Situationen.
Suko und ich hatten uns quasi einen Tag frei genommen, um Father Ignatius durch das Yard Building zu führen. Die Kollegen in den wissenschaftlichen Abteilungen waren von uns einiges gewohnt, aber als wir mit einem Mönch auftauchten, da staunten sie doch.
Noch größere Augen bekamen sie, als Father Ignatius damit an fing, konkrete Fragen zu stellen, die allesamt wissenschaftlich fundiert waren und von einer großen Sachkenntnis zeugten.
Auch ich konnte nur den Kopf darüber schütteln und fragte ihn, als wir in einem der unterirdischen Gänge eine Pause einlegten, woher er das alles wußte.
Sein Gesicht nahm einen pfiffigen Ausdruck an. Er strich das dünne, etwas schüttere Haar und lächelte, bevor er eine Antwort gab.
»Das ist doch einfach, John. Ich drehe eben nicht nur Silberkugeln. Unser Kloster besitzt eine hervorragend ausgestattete Bibliothek, deren Bücher nicht nur zum Anschauen da sind.«
»Dann liest du oft?«
»So ist es.«
»Habt ihr nicht auch eine Glotze?« fragte Suko.
»Mehrere. Doch du kennst ja die Programme, John. Es lohnt sich nicht oft.«
»Da hast du recht.«
»Was werden wir noch alles sehen?« Der Father schaute auf seine schlichte Uhr.
»Wieso? Hast du es eilig?«
»Nein«, er beugte sich vor und gab die Antwort fast verschwörerisch. »Ich habe Hunger.«
Suko und ich mußten lachen. »Ja«, mein Freund nickte. »Das kommt mir übrigens sehr gelegen.«
»Wie ist denn eure Kantine?«
Ich hob die Schultern. »Von der Einrichtung her recht nett, vom Essen weniger.«
»Dann laß uns zum Italiener nebenan gehen«, schlug Suko vor.
»Das wollte ich auch.«
Der Italiener war unser Stammlokal für die Mittagspause. Und nicht allein wir gingen dorthin, auch andere Kollegen schlugen sich des Mittags um die Tische.
Vom nächst erreichbaren Telefon aus rief Suko an. Wir hatten Glück. Man konnte uns einen Tisch reservieren.
»Die Fahndungsabteilung wäre dann etwas für den Nachmittag«, erklärte Suko.
»Ist mir recht.«
Mit dem Lift fuhren wir wieder hoch in unser Büro, wo Glenda wartete. Sie lächelte den Pater an. »Na, Father, hat es Ihnen bei uns gefallen?«
»Ja, Glenda, ja.« Er nickte. »Ich bin überwältigt, aber ich habe auch Hunger bekommen.«
»Oh!« rief Glenda, »einen Salat könnte ich auch vertragen.«
»Dann kommen Sie doch mit.«
»Schon erledigt«, meldete Suko.
Weitere Kostenlose Bücher