0573 - Die Lady und der Barbar
weißen Hosenanzug. Vor ihr auf der gelben Decke standen einige Gläser, ein Mokkaservice und ein Aschenbecher. Sie rauchte in einer kantigen Spitze eine der langen Zigaretten, die Cascal so gern rauchte.
Sandal trat an den Tisch heran, auf unhörbaren Sohlen.
„Schwester! So teuer essen? Da reicht das Geld nicht lange!"
Sie erkannte ihn sofort am Klang seiner Stimme. Sie blickte hoch und sagte verblüfft: „Sandal! Sie hier? Ich bin überrascht. Wissen Sie, das ist eine lange Geschichte, aber..."
Sandal setzte sich ihr gegenüber und schob das Geschirr aus dem Bereich seiner Handgelenke.
„‚Alle guten Geschichten sind lang', sagte einer meiner Freunde. ‚Je mehr Text, desto mehr Honorar'."
Sie lachte vergnügt, und Sandal hob den Arm.
Zum Erstaunen des Mädchens bestellte er mit großem Sachverstand einige kleine Vorspeisen, ein Steak mit Beilagen, Kaffee und einen dreifachen Cognac einer teuren, von Terra importierten Marke. Er gab sich damit eine gewisse Blöße, gleichzeitig stieg aber seine Bedeutung. Das war wohlkalkuliert.
„Ich bin in Wirklichkeit Spielerin, Sandal. Mit Ihrem Geld ging ich gestern in einen Salon, gewann eine riesige Summe, kämpfte in einer dunklen Gasse mit jemandem, der mir das Geld wieder abnehmen wollte, und dann stieg ich hier ab. So zerlumpt, wie ich war. Aber für Geld bekommt man alles. Soll ich Ihnen die Summe zurückgeben?"
Sie sprach ein wenig zu aufgeregt. Ihre Erklärung kam ein wenig zu schnell und war zu ausführlich. Sandal sah in ihr Gesicht und zweifelte sofort wieder am Grund seines Mißtrauens.
Sie freute sich wirklich, ihn wiederzusehen. Sandal zuckte die Schultern und entgegnete auf ihre Frage: „Laden Sie mich nachher an die Bar ein, dann sind wir quitt."
Sie sahen sich an. Für das Mädchen schien ihr gestriges, zufälliges Zusammentreffen eine bestimmte Wichtigkeit zu haben. Er hatte ihr geholfen, und offensichtlich war sie vor dem Essen in bewußtem Grill tatsächlich am Ende gewesen. Sandal erwiderte ihren Blick und fand, daß sie sich seit dreiundzwanzig Stunden sehr zu ihrem Vorteil verändert hatte. Er murmelte: „Ich erkenne Sie kaum wieder, Schwester."
Sie winkte ab.
„Alles nur Fassade! Ich war bei der Kosmetikerin, beim Friseur, habe mich in der Hotelboutique eingekleidet und vor allem... ich bin ausgeschlafen und satt!"
„Das hat schon vielen Menschen die Selbstachtung gerettet!"
sagte Sandal.
„So ist es. Und was führt Sie, Sandal, in diese feine Gegend?"
„Die Neugierde!" sagte er geheimnisvoll.
„Ich werde nicht mehr lange auf Plophos bleiben", sagte das Mädchen. „Sie wirken auf mich... wissen Sie, wie Sie auf mich wirken?"
Sandal nickte dem Kellner zu und antwortete in gemessener Ruhe: „Nein. Aber Sie werden es mir gleich erklären."
Sie warteten, bis die Teller wieder gefüllt waren, dann trank Sandal einen kleinen Schluck Wein. Bisher hatten seine Augen unauffällig die elegante Umgebung gemustert. Abgesehen davon, daß seine Gestalt und Kleidung ein gewisses Aufsehen erregten, schien sich niemand für ihn zu interessieren. Aber er sah nicht in die geparkten Gleiter hinein, nicht in das Dunkel des schmalen Grünstreifens zwischen den Hotelvorgärten und dem gewundenen Kanal. Ihm war, als müsse er mit einem Zwischenfall rechnen.
„Sicher. Sie wirken wie ein Mann, der scheinbar ziellos durch eine fremde Stadt schlendert und wartet, bis ihm etwas zustößt.
Ich weiß, es ist unsinnig, aber so ungefähr wirken Sie."
Sandal beendete sein Essen mit einigermaßen guter Laune und dachte daran, daß der Botschafter und Orana Sestore um diese Zeit auf einer Party waren, auf der unter anderem auch Munisho Aerce anwesend sein würden.
„Ich fühle mich aber keineswegs so!" sagte er und hob das Cognacglas.
Die Terrasse füllte sich mit Gästen. Das Stimmengewirr nahm zu. Die Kellner huschten hin und her, und das Mädchen lächelte Sandal an.
„Wohin fliegen Sie?" fragte er nach einer Weile.
„Ich weiß es noch nicht genau. Mein Geld wird ziemlich lange reichen - es war eine beachtlich hohe Summe, die ich gewonnen habe. Vielleicht nach Terra? Vielleicht auf einen anderen Planeten? Ich weiß es noch nicht."
Sandal deutete auf das Hotel und fragte: „Sie wohnen hier?"
„Natürlich. Ein entzückendes Zimmer."
Sandal zog aus einer Brusttasche eine winzige Uhr hervor, warf einen Blick darauf und stand auf. Er legte eine Banknote, deren Wert die Kosten des Essens beträchtlich überstieg, neben den Teller und sagte:
Weitere Kostenlose Bücher