0576 - Brennendes Blut
Könntest du mir nicht deine Beretta überlassen. Du hast das Kreuz und…«
»Gern hätte ich das getan. Nur habe ich sie nicht. Man hat sie mir abgenommen.«
»Wer?«
Ich winkte ab. »Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir später erzählen.«
Die Asche, die das brennende Blut hinterlassen hatte, lag noch immer in der Ecke. Sie war dunkel, auf der Oberfläche lag ein matter Glanz.
Ich schritt die Treppe hoch und spürte eine Gänsehaut. Weshalb sie sich auf dem Gesicht festgesetzt hatte, konnte ich auch nicht sagen. Jedenfalls war sie vorhanden.
Gefahr?
Ich blieb am Ende der Treppe in der großen Diele stehen. Verändert hatte sich nichts. Sie zeigte noch immer diese fürchterliche, makabre Szene.
Und doch war etwas anders geworden. Sehr vorsichtig durchquerte ich die Diele. Meine Rechte steckte in der Tasche, ich berührte mit den Fingern das Kreuz.
Ich betrat ein Zimmer, dessen Tür nicht geschlossen war. Den ersten, den zweiten Schritt, vorbei an der Tür – da erwischte es mich.
Der Schlag traf nicht meinen Kopf, dafür den Nacken. Als wäre ein schwerer Sandsack dagegengefallen, so kam es mir vor. Ich sah mich fallen, ich spürte den wilden Druck, ich sah auch die Sterne vor meinen Augen blitzen, dann gar nichts mehr.
Regungslos blieb ich auf dem Holzboden liegen. Für Blutsauger eine leichte Beute…
***
Als Suko und McDuff den Planwagen erreichten, sahen sie einige Männer aus der Bürgerwehr. Die Leute standen zusammen, tranken Tee und auch Whisky, um sich aufzuwärmen.
»Habt ihr jemand gesehen?«
»Ja.«
McDuff erzählte sein Erlebnis. Die Männer bekamen große Augen und bleiche Gesichter. Damit hätten sie nicht gerechnet, jetzt wußten sie wieder, wie ernst es war.
Die Straße hatte eine weiße Schicht bekommen. Der Planwagen ebenfalls. Die abgestellten Fahrzeuge konnten kaum noch erkannt werden. Innerhalb von zwei, drei Stunden war Lauder unter der weißen Decke begraben. Jemand stampfte herbei. Er lief sehr schnell. Im Schneegestöber sah es aus, als würde er tanzen.
»Das ist Kincaid«, sagte McDuff.
Der Mann gehörte nicht zu dieser Bürgerwehr, aber er hatte trotzdem etwas erfahren und auch gesehen.
»McDuff – gut, daß ich dich sehe.«
»Was ist denn?«
Kincaid wischte Schnee aus seinem Gesicht. »Ich glaube, daß ich sie entdeckt habe.«
»Wen?«
»Die Fremde!«
»War sie allein?«
»Ja.«
»Wo war das?«
Kincaid drehte sich und deutete schräg gegen einen Hang. Zwar nicht dort oben, aber sie lief in die Richtung. Sie schien es ziemlich eilig zu haben. Ich konnte sie von meinem Wohnzimmerfenster aus gut beobachten. Ich habe sie nicht verfolgt, sondern euch Bescheid gesagt.
»Das ist auch gut gewesen«, erklärte Suko und nickte.
»Was kann sie dort wollen?« fragte McDuff.
»Eigentlich ist es nicht ihre Gegend.«
»Wie meinen Sie das?«
Suko zeigte ein knappes Lächeln. »Ich kenne zwar Lauder nicht besonders, weiß aber, daß in der Gegend da oben nicht sehr viele Menschen wohnen. Wenn man es vergleicht mit der Disco und deren Umgebung.«
»Ja«, sagte McDuff, »ja, da haben Sie recht. Da haben Sie sogar sehr recht. Bis auf eine Kleinigkeit.«
»Die wäre?«
»In der Nähe steht auch das Haus der Sinclairs!«
Suko starrte den Polizisten an. »Verdammt. McDuff, ich glaube wir sollten nicht mehr länger hier am Wagen stehen.«
Der Sergeant nickte heftig. »Das meine ich auch!«
***
Brennendes Blut – Blutsverwandtschaft im eigentlichen Sinne des Wortes, das alles waren Begriffe, die für Fatima besonders ins Gewicht fielen. Sie und ihr Bruder wollten den Plan des Meisters durchführen. Sie waren eine Gemeinschaft. Sie hingen zusammen und ließen sich durch nichts stören, bis zu diesem schrecklichen Augenblick, als Fatima, die bereits auf Jagd nach einem neuen Opfer war, es spürte.
Es war wie ein Schlag, ein mächtiger Hieb, nein, ein Brennen in ihrem Innern.
Kaltes Feuer, brennendes Blut…
Sie hatte an der Rückseite eines Hauses gestanden, geschützt durch den fallenden Schnee und gleichzeitig in Deckung eines Abhangs. Da war sie so gut wie unsichtbar gewesen. Über ihr schimmerte ein heller Fleck durch den tanzenden Vorhang. Da brannte Licht hinter einem Fenster, ein Zeichen, daß die Bewohner noch auf den Beinen waren.
Und dann das!
Sie beugte sich vor. Aus ihrem Mund drangen Geräusche, als würde ein Tier schreien. Es gelang ihr auch nicht, auf den Beinen zu bleiben, die Schwäche trieb sie nach vorn. Fatima mußte die Arme
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