0577 - Die Krakenfalle
und vorn nicht durch Knöpfe, dafür durch einen raffiniert geschlungenen roten Schal gehalten wurde, der sich ab und zu verschob, so daß die Gäste tiefe Einblicke bekamen.
»Also kein Wort!«
»Schon gut!«
Drei andere Gäste zahlten. Sie kannten das Spiel, wenn die Clique kam. Sie waren zu fünft. Drei junge Männer und zwei Mädchen. Allesamt stammten sie aus Nizza und gehörten zu den Leuten, die einmal in der Woche ausflippten.
Zu den Ärmsten gehörten sie nicht. Wahrscheinlich gingen sie auch guten Berufen nach, aber sie mußten einmal die große Schau machen. Die fing allein bei ihren Fahrzeugen an.
Der Volvo, den sie fuhren, war über zwanzig Jahre alt, aber noch sehr stabil. Die Motorräder nicht. Zwei neue Maschinen der Marke Honda, eine knallrot, die andere weiß, fielen selbst an der Küste auf, so berühmtberüchtigt waren sie. Später, wenn sie sich amüsiert hatten, fuhren sie meist in die Berge, um dort Mutproben abzuhalten.
Dann rasten sie mit den Maschinen durch das Gelände.
Vorerst aber feierten sie bei Cascadal. Man konnte nicht sagen, daß jeder nüchtern blieb, auch wenn sich die ausgesuchten Fahrer zurückhielten.
Wenn sie kamen, glich es einem Ritual. Da Cascadal die Tür nur selten schloß, drangen als Vorboten Abgasdämpfe in das Bistro. Ihnen folgten die Clique.
Zuerst Dakota!
Er war der Anführer und hatte seinen Namen deshalb erhalten, weil er für die Dakota-Sioux schwärmte. Sein schwarzes Haar trug er lang und teilweise geflochten. Federn schmückten die Zöpfe, bunte Ketten und Talismane zierten Hals und die Gelenke.
Er trug nur Lederkleidung, kein hartes Leder, seines war weich und geschmeidig, wie auch die perlenbesetzten Mokassins an seinen Füßen, die Laufgeräusche stark dämpften.
In der offenen Tür blieb er stehen. Die Jacke hing locker bis zu den Hüften. Sein knochiges Gesicht und der Mund mit den breiten Lippen waren zu einem Grinsen verzogen, als er in Richtung Bar nickte.
»Da sind wir wieder, Cascadal.«
»Oui, das sehe ich.«
»Alles klar?«
»So gut wie.«
Dakota kam näher. »Du hast doch keine Probleme – oder?«
»Wie kommst du darauf?«
»Wir lieben keine Probleme. Wir leben heute, jetzt und nicht morgen. Wir wollen uns nicht belasten.«
»Schon verstanden.«
Allmählich schoben sich auch die anderen vier über die Schwelle.
Das waren Marcel, Zucci, Denise und Viola. In der Clique wirkten sie gleich, tatsächlich aber waren sie individuell verschieden.
Marcel, der Mann mit den pechschwarzen glänzenden Gelhaaren, die flach nach hinten gekämmt waren. Er besaß etwas Ähnlichkeit mit dem jungen Delon, als Aufreißer junger Mädchen war er bekannt. Wochentags, außer Mittwochs, konnte er sie aussuchen. An diesem bewußten Tag allerdings gehörte er nur der Clique. Er hatte sich weiß gekleidet, bis auf die blaue, dünne Jacke, die seinen Oberkörper umgab und den Farbkontrast noch deutlicher vortreten ließ.
Denise hielt sich knapp hinter ihm. Orientlook war bei ihr angesagt. Bis zu den Ellenbogen hoch waren ihre Arme mit perlenbesetzten Bändern bereift. Auch das helle, lange Kleid zeigte die entsprechenden Schmuckstücke, wo sich Broschen und Ringe in bunter Vielfalt abwechselten. Das Haar fiel glatt und karottenrot bis über die Schultern hinweg. Sie war stolz auf diese natürliche Farbe, benutzte kaum Schminke, so daß ihr Gesicht stets bleich wirkte.
Geschminkt dagegen war Viola. Punkerinnen hätten ihren Spaß an dem kurzen Irokesenschnitt gehabt, der in der Kopfmitte einen dichten, dunklen Kamm bildete, die beiden Seiten jedoch so freiließ, daß sie wie ein Drei-Tage-Bart wirkten.
An den Ohren schaukelten grüne Ringe, die Fingernägel zeigten einen Lack in verschiedenen Farben. Da sie zusammen mit Zucci auf einer Maschine gefahren war, hatte sie auf eine entsprechende Kleidung nicht verzichten können.
Nur glänzte das Leder nicht schwarz, sondern in einem hellen Gelb, fast wie die Sonne.
Zucci trug die Mähne wild und gleichzeitig hellblond. Ein Friseur färbte ihm die Haare alle zwei Wochen neu ein. Er liebte die schwarze Lederkleidung deshalb, weil sie von seinem blonden Haar abstach. Die Gesichtszüge besaßen etwas Weiches, wozu auch der nahezu fraulich wirkende Mund beitrug.
Es hieß, daß Zucci und Viola sich stritten und liebten. Wenn einer der beiden genug hatte, gingen sie wieder auf Jagd, um irgendwann abermals zueinander zu finden. Da glichen sie schon fast dem Ehepaar Taylor und Burton.
Dakota, Chef der
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