0577 - Die Krakenfalle
Bewegungen, die man nicht mehr als menschlich ansehen konnte.
Sein Blick war leer, als hätte ein Streich mit dem Lichtschwert jedes Leben aus ihm vertrieben.
Er schwankte auf die Bar zu, wo ihm Zucci und Denise Platz machten, damit er sich gegen den Handlauf stemmen konnte. »Das Grauen«, flüsterte er, »es war ein altes Grauen. Ich habe es gesehen.«
»Wovon sprichst du überhaupt?«
Marcel hob den Kopf und starrte den Frager, Cascadal, an. »Der Krakenfluch, das Krakengrauen, die Krakenfalle. Uralt, unermeßlich gefährlich. Ich weiß es, ich habe es gesehen…«
»Wo?« kreischte Dakota und starrte seinen Kumpan an. »Wo willst du das gesehen haben?«
»In seinem Gesicht«, raunte Marcel und betonte dabei jedes Wort.
»Genau in seinem Gesicht.«
Dakota schüttelte den Kopf und widersprach heftig. »Er hatte kein Gesicht. Ich habe es genau gesehen. Dieser Mann hatte kein Gesicht, das kannst du mir nicht erzählen. Oder habt ihr etwas unter der verdammten Kapuze entdecken können?«
Sie schüttelten die Köpfe. Es reichte als Erwiderung.
Marcel aber nickte. Er ließ sich von seiner Behauptung nicht abbringen. »Er hatte ein Gesicht, wenn ich es euch sage. Allerdings trat es erst später auf.«
»Wann später?«
Marcel griff zu einer Flasche. Es war Cognac. Er setzte sie an und trank einen Schluck. Hart stellte er die Flasche ab. Sie rutschte noch etwas weiter. »Als er mich berührte, als mich dieser verdammte Strahl traf, ich das Gitter aus Energie vor meinem Gesicht sah und durch die Lücken schauen konnte, da erkannte ich sein Gesicht unter der Kapuze. Es war… es war …« Er stierte gegen die Bar. »Es war einfach grauenvoll, kann ich dir sagen. Grauenvoll. Ich sah einen Kraken, der in seinem Gesicht schwamm. Er hatte lange Tentakel.« Speichel sprühte vor seinen Lippen. »Es war ein Krake. Verlaßt euch drauf.«
Die Freunde schwiegen. Auch Dakota, der gegen die Flaschen im hinteren Barregal schaute. Plötzlich aber begann er zu lachen. Zunächst leise, als wollte er kichern. Dann immer lauter, danach röhrend und schließlich glucksend, als hätte er sich verschluckt. »Ein Krake!« prustete er los, »ich werd’ nicht mehr. Ich werde nur noch blöd. Stellt euch das vor, ein Krake!«
Cascadal schwieg zu allem. Im Gegensatz zu Doris, die plötzlich sagte: »Ich glaube ihm.«
»Ach ja?«
Die Frau nickte heftig. »Klar, Dakota. Habe ich dir nicht den Spalt in der Küche gezeigt?«
»Sicher.«
»Der kann von einem Kraken stammen, wenn du mal genauer dar über nachdenkst.«
»Kann – muß aber nicht. Jetzt will ich dir mal was sagen, Süße. Ihr könnt die Küche auch aufgehackt haben.«
»So blöd sind wir nicht.«
»Dann ist der Krake aus dem Gesicht gekrabbelt und hat flugs die Erde aufgerissen.«
»Ja.«
Denise fing an zu lachen. »Ich glaube, wir sind alle verrückt. Da kommt einer her, hat sich verkleidet, läuft herum wie jemand aus Star Wars, und ihr macht euch in die Hose, nur weil der Knabe ein paar elektronische Tricks kennt. Das ist doch Wahnsinn, platt und blöde. Tut mir leid, ich mache mir nicht in die Hosen.«
»Recht hat sie«, sagte Zucci, der sich reckte. »Das war einer, der kennt sich bei solchen Spielereien aus.«
Marcel wollte es nicht wahrhaben. »Du, Zucci, hast nicht gespürt, wie es ist, wenn dir jemand eine Lichtlanze auf den Kopf legt. Ich hatte das Gefühl, in einem elektrischen Käfig eingeklemmt zu sein. Kannst du das begreifen?«
»Nein.«
»Dann red nicht so dumm daher.«
Cascadal wollte das Geschäft wieder anheizen. Er fragte: »Hat einer von euch vielleicht noch Durst?«
»Ja, ich.« Viola schnippte mit den Fingern. »Ich brauche jetzt einen großen Schluck.«
»Wir alle brauchen ihn!« rief Dakota und schlug mit der flachen Hand auf die Bar. »Wäre doch gelacht, wenn wir uns von so einem ins Bockshorn jagen lassen. Wir leeren noch eine bis zwei Flaschen und fahren hoch in die Felsen.«
Damit waren alle einverstanden.
Nur zwei hielten sich zurück. Zum einen Doris, zum anderen Marcel. Er hatte etwas gesehen, dessen Anblick er nicht so leicht vergessen konnte, weil er ihn bis in die Tiefen seiner Seele erschreckt hatte.
Und er wußte auch, daß die Krakenfalle sehr leicht zuschlagen und sie alle vernichten konnte…
***
Es war nur mehr ein winziger Augenblick, der bei uns, vielleicht auch bei Kara über Leben und Tod entscheiden konnte. Ich sah nicht genau, wer von uns getroffen werden würde, wahrscheinlich beide, deshalb mußte ich
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