0578 - Die Geisel
Flußufers war dicht bewachsen. Gras und Strauchwerk bildeten regelrechte Wände. Jenseits davon stieg das Gelände zu einem dunklen Waldstück an, das sich hervorragend als Versteck eignete.
»Komm wieder hoch, John. Wir lassen dann eine Fahndung anlaufen. Die Tote kann sich nicht so weit entfernt haben. Sie wird uns ins Netz laufen.«
Ich kam ihm entgegen. »Noch eine Frage, Cliff. Was hast du wegen des Kidnappers in die Wege geleitet?«
»Auch nach ihm läuft die Fahndung. Um London liegt ein Ring. Da kann er nicht durch.«
»Der schon«, sagte ich und umfaßte seine Hand, die er mir entgegenstreckte. »Danke, Cliff. So wie der Zombie uns reingelegt hat, traue ich ihm alles zu.«
»Gut, warte hier. Ich werde mich erkundigen, ob er uns ins Netz gegangen ist.«
Ich ließ Hamilton zu meinem Wagen zurücklaufen. Nein, der Meinung des Captains konnte ich mich nicht anschließen. Unser Einsatz würde ein Schlag ins Leere werden. Dazu war der Zombie einfach zu schlau. Und er hatte Zeit genug gehabt, seine Pläne genau auszutüfteln. Ich ging ebenfalls über die Brücke und dorthin, wo unsere beiden Fahrzeuge standen. Daneben blieb ich stehen.
Cliff Hamilton hatte im Wagen gesessen und stieg jetzt wieder aus. Sein Gesicht zeigte einen etwas enttäuschten Ausdruck. Er hob die Schultern. »Nichts«, sagte er, »gar nichts.«
»Das habe ich mir gedacht«, erklärte ich. »Dieser Zombie ist einfach zu schlau. Er hat alles vorher abgecheckt.«
»Verdammt noch mal, ich höre immer Zombie. Das sind Untote, die gehören in die Karibik oder wer weiß wohin. Ich kann mir nicht vorstellen, daß hier in London ein Zombie durch die Gegend geistern soll.«
»Das kann man auch schlecht nachvollziehen.«
»Was willst du tun, John? Ihn suchen?«
»Genau das hatte ich vor.«
»Wo denn?«
»Ich gehe davon aus, daß sich die Tote noch in der näheren Umgebung befindet. Wenn ich sie gefunden habe, kann sie mir möglicherweise den Weg zu diesem Zombie weisen.«
»Dann viel Spaß. Du wirst erkennen müssen, wie groß das Gelände ist. Da bist du als einzelner verloren.«
»Das kann sein.«
»Meine Leute kann ich dir nicht zur Seite stellen. Ich könnte den Einsatz vor meinem Vorgesetzten nicht rechtfertigen.«
»Die Probleme kenne ich, Cliff. Weißt du was? Zieh deine Leute ab! Laß mich hier allein wirken.«
»Das ist doch…«
»Nein, es ist nicht schlecht. Wenn sich mein Verdacht bestätigt, kann der Fall in eine Richtung laufen, die eigentlich nur mich etwas angeht. Außerdem werde ich nicht allein sein. Ich hole mir Suko als Verstärkung.«
»Da kann ich nicht widersprechen; Ich werde trotzdem die stille Fahndung nicht abblasen und werde auch eine Stimmenanalyse anfertigen lassen. Die Gespräche des Zombies haben wir auf Band.«
»Das ist eine hervorragende Idee.«
»Okay, John, ich fahre dann wieder zu meinen Leuten zurück. Wir hören voneinander?«
»Bestimmt.«
Ich setzte mich in den Wagen und telefonierte mit Suko, der auf heißen Kohlen saß und auf meine Nachricht gewartet hatte.
»Endlich, John, das hat ja eine Ewigkeit gedauert. Hat alles geklappt?«
»Nein, du mußt kommen.«
»Was ist passiert?«
»Erkläre ich dir später.«
»Gut, und wo kann ich dich finden?«
»Ich habe dir das Haus der Brookmans beschrieben, bevor ich fuhr.«
»Nein, nur die Lage.«
»Sei nicht päpstlicher als der Papst. Ich werde bei Mr. Brookman auf dich warten.«
»Was versprichst du dir davon?«
Ich lächelte den Hörer an. »Möglicherweise alles, vielleicht aber auch gar nichts.«
»Das klingt ja hoffnungsvoll. Bis später.«
Ich schaute auf die Uhr. Die erste Morgenstunde war angebrochen. Meine Müdigkeit hatte sich verflüchtigt. Ich fühlte mich durch die vergangenen Ereignisse aufgeputscht. Immer mehr war ich davon überzeugt, erst am Beginn zu stehen.
Als ich in Richtung Brookmans Haus fuhr, kamen mir die Einsatzwagen mit den dazugehörigen Mannschaften entgegen. Vom Fahrzeug her winkte mir Hamilton noch einmal zu.
Ich grüßte zurück und rollte in die Nacht hinein. Möglicherweise gelang es mir, bei David Brookman den Faden des Knäuels wieder aufzunehmen…
***
Er hatte sich umgezogen und gekämmt. Die Haare lagen wie dünne Fäden auf seinem Kopf und waren hinten relativ lang.
»Ach, Sie sind es.«
»Ja – darf ich eintreten?«
»Bitte. Der Captain hat mir bereits erzählt, daß die Geiseln nicht freigelassen worden sind.«
»Das stimmt auch.«
»Aber er hat das Geld.«
Ich nickte. »Es ließ
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