0579 - Das magische Mobile
steigen.«
»Welches Fabrikat? Welche Farbe?«
»Dunkel.«
»Wie schön. Und die Automarke?«
»Da kenne ich mich nicht so aus, wissen Sie. Ich bin nicht gerade ein Technik-Fan. Jedenfalls war er dunkel und auch groß.« Der Mund zwischen den Bartstoppeln verzog sich zu einem Grinsen. Ich bekam den Eindruck, als wollte mich der Knabe leimen.
»Gut, Mister, wie Sie wollen.«
»Waren das alle Fragen?«
»Von meiner Seite ja. Nur werde ich Sie mitnehmen. Die Kollegen unterhalten sich bestimmt gern mit einem Zeugen.«
Der Alte schüttelte den Kopf. »Hätte ich das gewußt, wäre ich längst verschwunden.« Er nahm seine Mütze ab. Seine Kopfhaut glänzte wie frisch gebohnert. Nur mehr am Nacken hatte er ein paar Haare. Sie bildeten einen hellgrauen Halbkreis.
»Wie heißen Sie eigentlich?«
»Ich heiße Boone.« Er erhob sich. »Daniel Boone. Wie der berühmte Trapper. Nur bin ich mit dem nicht verwandt, glaube ich.«
»Schön, Mr. Boone. Vielleicht fällt Ihnen noch etwas ein, wenn die Kollegen Sie befragen.«
»Ich garantiere für nichts«, er trottete mit mir den Weg zurück.
Vor dem Gebäude standen die Einsatzwagen. Es war bereits eine Fahndung ausgelöst worden. In einem der Wagen, dessen Tür nicht geschlossen war, hockte ein Uniformierter und sprach in ein Mikro.
Vor dem Eingang stand ebenfalls ein Polizist, der uns erst durchließ, als ich ihm meinen Ausweis zeigte.
In der Schalterhalle hatten sich die Kollegen verteilt. Den Einsatzleiter kannte ich. Er winkte mir zu, als er mich sah. »Mann, Sinclair, sind Sie dienstlich hier?«
»Nein, privat.«
»Gut. Und wer ist das?«
»Mr. Daniel Boone, ein Zeuge.«
»Oh.« Die Augen des Kollegen weiteten sich. »Das ist ja interessant. Kommen Sie…« Er zog ihn zur Seite.
»Ich glaube kaum, daß ich Ihnen helfen kann, Mister.« Boone lachte, mehr hörte ich nicht, weil ich mich zur Seite drehte und auf Stanley Mason schaute. Der war schon verhört worden und lehnte an einer Säule, das Geschehen aus interessiert blickenden Augen beobachtend.
»Na, haben Sie den Schock überstanden?« fragte ich ihn.
Er hob die Schultern. »Es hatte ja mal so kommen müssen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Irgendwann ist jeder mal an der Reihe. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, verstehen Sie? Man hat uns erklärt, daß es wohl im Laufe der Zeit keine Bankfiliale gibt, an der der Kelch eines Überfalls vorübergeht.«
»Steht schon fest, wieviel geraubt wurde?«
»Vierzigtausend.«
»Das ist relativ wenig.«
»Ja, das andere Geld liegt im Keller. Aber die Zeit hatten die Banditen nicht.«
Ich zündete mir eine Zigarette an.
»Sie haben nicht zufällig etwas Wichtiges gesehen, Mr. Mason?«
»Was sollte ich gesehen haben?«
»Nun ja, die waren schwer zu erkennen. Aufgefallen ist Ihnen an den Personen nichts.«
Er schob seine Brille wieder zurück. »Denken Sie etwa daran, daß ich den einen oder anderen Verbrecher hätte erkennen können oder müssen, Mr. Sinclair?«
»Nicht direkt. Nur haben Sie günstiger gesessen als ich. Sie konnten in die Bank hineinschauen, was mir nicht möglich war.«
»Das hatte kaum Vorteile, Mr. Sinclair. Vor den Gesichtern trugen sie die bunten Masken. Ihre Körper steckten in der Lederkleidung, die sie unförmig aussehen ließ. Ich habe da keine große Chance gehabt, mehr zu erkennen als Sie.«
»Sie waren zu viert.«
»Richtig.«
»Mr. Mason, sicherlich kennen Sie sich aus, was diese Überfälle angeht.«
»Nein!« Er hob beide Arme, stand da wie ein Schutzmann und fragte laut: »Wie… wie kommen Sie darauf?«
»Lassen Sie mich bitte ausreden! Ich denke da an die Statistik. Man wird Sie über Banküberfälle informiert haben. Wenn eine Bank beraubt wird, bekommt jede Filiale eine entsprechende Nachricht. Diese Leute waren zu viert. Haben Sie davon erfahren, daß hier in London eine andere Bank ebenfalls auf die gleiche Art und Weise ausgeraubt worden ist?«
Er kratzte über seine hohe Stirn, dann fuhr er durch sein Haar. Mir fiel auf, daß er sehr lange, schmale Finger besaß. »Nein, das habe ich nicht.«
Hinter mir weinten zwei Frauen. Sie hatten einen Schock bekommen. Ein Arzt kümmerte sich um sie.
»Dann könnten es Anfänger gewesen sein?«
»Das ist alles möglich.«
Ich drückte meine Zigarette aus. »Nun, es ist nicht meine Aufgabe, die Lösung herbeizuführen. Ich war nur rein zufällig anwesend. Die Kollegen werden noch weitere Fragen haben.«
»Sie sind auch Polizist. Sogar beim Yard,
Weitere Kostenlose Bücher