0579 - Die Psycho-Vampire
Ohren.
„Forschen Sie nicht nach den Gründen, sondern seien Sie froh, daß Sie leben", erwiderte Corello. „Wenn Sie sich schwach fühlen oder Schmerzen haben, sagen Sie es. Dann werde ich Sie von meinem Roboter behandeln lassen. Er ist entsprechend ausgerüstet. Wenn das nicht nötig ist, dann gehen Sie wieder an die Arbeit."
Das war es also!
Onacro gelang ein spöttisches Lächeln, als er zu Corello sagte: „Sie benötigen mich, deshalb haben Sie mich am Leben gelassen. Sie müssen befürchten, daß Sie ohne mich die acht Normalsynthos nicht innerhalb von fünf Tagen bekommen. Und Sie haben damit recht, Corello! Ich bin für Sie unentbehrlich, deshalb können Sie mich nicht töten."
„Seien Sie nur nicht zu sicher", entgegnete Corello. „Ich habe noch immer Ihre Kollegen, die Ihnen kaum nachstehen."
Onacro sah den Wissenschaftlern nach, die sich aus der Hauptschaltzentrale zurückgezogen hatten und den beiden Antigravliften zustrebten.
„Einst waren sie alle fähige Wissenschaftler", sagte Onacro. Er blickte zu Corello auf. „Aber Sie haben ihnen ihre Persönlichkeit genommen und Roboter aus ihnen gemacht. Jetzt sind sie willenlose Sklaven, sonst nichts, und können nicht mehr als solche leisten. Aber selbst wenn sie ihnen die Zügel lockern, können sie Ihnen keinen Erfolg bringen. Denn keiner von ihnen ist in der Lage, nicht einmal Lowo Phantroc, das Extreme Notprogramm durchzuführen. Das kann nur ich. Deshalb müssen Sie mich am Leben lassen."
Corello nickte leicht mit dem riesigen Kopf - ohne ihn jedoch aus der Stütze zu heben.
„Zugegeben, Onacro, aber ich kann Ihnen dieses Leben zur Hölle machen", sagte der Mutant mit gefährlichem Unterton.
Er hatte kaum ausgesprochen, da verspürte Onacro plötzlich einen Schmerz wie von tausend Nadeln; er spürte die Einstiche am ganzen Körper. Er sprang von einem Bein auf das andere, weil er glaubte, daß aus dem Boden spitze Dornen ragten, die sich in seine Fußsohlen bohrten.
Er schloß die Augen, weil er geblendet wurde.
Seine Hautsinne vermittelten ihm brodelnde Hitze.
Seine chemischen Sinne rebellierten unter dem Eindruck eines abscheulichen Geschmacks. Übelkeit und Brechreiz waren die Folge.
Er roch Äther, Methan, Ammoniak... Sein Körper wurde in Säure gebadet... Seine Ohren wurden mit markerschütternden Geräuschen traktiert... Hitze, Gestank, Lärm.
Und dann war alles wieder so schnell vorbei, wie es begonnen hatte.
„Das alles kann ich mit Ihnen anstellen - und noch mehr, Onacro", ertönte Corellos schrille Stimme. „Ich könnte Ihnen auch meinen Willen aufzwingen, aber darunter würden wahrscheinlich Ihre Leistungen leiden. Warum also wollen Sie nicht freiwillig mit mir zusammenarbeiten?"
Das war eine Frage, auf die Onacro keine Antwort wußte - so seltsam es auch klang. Seine feindselige Einstellung war lediglich gefühlsmäßiger Natur und auf Alaska Saedelaeres Aussagen zurückzuführen.
Er wußte weder, was Corello für Ziele verfolgte, noch welcher Sache er diente. Genaugenommen sprach nur ein Punkt wirklich gegen den Mutanten, nämlich, daß er mit jeder Handlung Gewalt säte.
Und Onacro verabscheute Gewalt.
Corello schien seine Gedanken zu erraten - oder zu lesen - denn er sagte: „Ihr Unglück ist, daß Sie einiges in Erfahrung gebracht haben und nun glauben, genügend Wissen zu besitzen, um sich ein Urteil erlauben zu können. Doch das ist ein Trugschluß. Sie wissen noch lange nicht genug, um Partei für Alaska Saedelaere zu ergreifen oder Abwehrstellung gegen mich einzunehmen. Sie sind ein Relikt der Vergangenheit, Onacro, und haben keine Berechtigung, in den Machtkämpfen der Gegenwart für irgendeine Seite einzutreten. Seien Sie also neutral."
Onacro mußte sich eingestehen, daß Corellos Argumente etwas für sich hatten. Aber es gab dennoch etwas, das Corello übersehen hatte; das war Onacros Sinn für Gerechtigkeit, seine Eigenschaft, zwischen Gut und Böse, zwischen Unterdrücktem und Unterdrücker zu unterscheiden - und die zwangsläufige Folgerung, dem Geknechteten beizustehen und den Gewalttätigen als „Feind" einzustufen.
Onacro konnte gar nicht anders, als gegen Corello zu kämpfen.
Doch er hatte nicht vor, diese seine Überlegungen Corello mitzuteilen. Er würde ihn in dem Glauben lassen, auf seine Forderungen einzugehen - und gleichzeitig insgeheim gegen ihn zu arbeiten.
„Ich werde versuchen, die Rolle des Neutralen zu übernehmen", sagte Onacro.
Aber der Mutant schien ihn gar nicht zu
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