0579 - Die Sturmrösser von Khe-She
auch nicht dein eigenes Leben. Ich bin weder eine Mörderin noch eine Selbstmörderin. Ich habe einen Plan.«
»Dann verrate ihn mir!«
Byanca lächelte. »Hör zu…«
***
Die riesige Gestalt trat geradewegs aus der Wand, und der Zauberer schrak zusammen und verneigte sich hastig.
Der Dunkle streckte die Hand aus und spreizte die Finger. Helle Funken sprühten daraus hervor, wurden zu tänzelnden Flammen, und glühende Augen beobachteten, wie aus diesen Flammen eine Figur entstand, eine leuchtende männliche Gestalt, gerade eine Handspanne groß.
»Du bist schreckhaft«, sagte die Stimme, die wie aus weiter Ferne erklang. »Fürchtest du dich vor mir?«
»Nein, Herr…« Aber es klang immer noch erschrocken.
Der Dunkle bewegte die Hand mit der Feuerfigur, bis diese sich direkt vor dem Gesicht des Zauberers befand. »Aber du solltest dich fürchten«, sagte er. »Das ist Dämon. Fällt dir etwas auf?«
»Herr, ich verstehe nicht…«
»Es fehlt etwas«, sagte der Dunkle spöttisch. »Immer noch. Was könnte es nur sein?«
Da dämmerte es dem Zauberer. »Das Schwert«, keuchte er. »Herr… meine Diener sind unterwegs, es zu holen.«
»Du lügst. Deine Diener befinden sich in der Burgfestung.«
Der Zauberer wand sich. »Sie warten darauf, daß eines der Dhyarra-Schwerter sich bemerkbar macht.«
Die Feuerfigur erlosch. »Sie warten schon recht lange«, sagte der Dunkle mit den glühenden Augen. »Und auch ich warte schon recht lange. Du warst einst besser und zuverlässiger. Beschaffe das Schwert. Sonst…« Er schwieg einen Moment, dann sprach er düster weiter. »Die Götter, die dir ein neues Leben gaben, können es dir auch wieder nehmen. Vergiß das nie. Und nun zeige mir, wo sich Dämon befindet.«
»In einem der Kellerverliese…«
»Du sollst es mir nicht sagen, sondern zeigen!« donnerte der Dunkle. »Auf mit dir, bewege dich!«
Zerknirscht ging der Zauberer voran. Er fühlte sich gedemütigt, aber er begehrte nicht auf. Es war nicht gut, den Göttern zu widersprechen. Der Dunkle hatte recht. Wer Leben gab, konnte auch Leben nehmen. Und obgleich er selbst kaum mehr als ein mit etwas Macht ausgestatteter Diener war, hing er doch an seinem Leben. Und an der Ausübung dieser Macht.
Er eilte dem Dunklen voran, die Stufen hinunter. Eine Fackel brauchte er nicht, denn aus den Händen des Dunklen leuchteten Flammen, die steinerne Stiege erhellend.
Nach einer Weile langten sie unten an. Zwei Drachensklaven sahen ihnen wachsam entgegen, die Hände an den Griffen ihrer Waffen.
»Öff-«, wollte der Zauberer befehlen, doch das Wort blieb ihm im Mund stecken.
Der Dunkle wollte nicht warten, bis die Sklaven den Riegel zurückgezogen und die stabile Tür aufgedrückt hatten. Er schritt einfach durch sie hindurch!
Sie war für ihn ebensowenig ein Hindernis wie die Steinwände. Er konnte kommen und gehen, wie es ihm beliebte.
Im Innern der Kammer schreckte Damon auf, als er eine Berührung spürte. Er hatte schlafend neben der Tür gelehnt und war nun sofort wach.
Er sah die lodernde Helligkeit, und im gleichen Moment spürte er, wen er vor sich hatte.
»Fulcor!« stieß er hervor. »Fulcor, Gott des Feuers! Kommst du aus dem ORTHOS, um mich zu befreien?«
Der Dunkle brach in schallendes Gelächter aus. »Dich befreien? Armseliger Narr! Auf meinen Befehl hin bist du hier gefangen!«
Damon taumelte ein paar Schritte zurück. »Auf… deinen Befehl hin, Fulcor? Du bist verrückt! Hast du vergessen, daß ich für den ORTHOS kämpfe?«
»Ach ja? Wann hast du jemals wirklich für den ORTHOS gekämpft? Wann jemals tatest du, wofür du geschaffen wurdest? Nein, du hast viel mehr deine eigenen Interessen im Auge als die unseren. Du stellst dich zuweilen selbst gegen uns!«
»Aber noch mehr gegen den OLYMPOS!« begehrte Damon auf.
Der Feuergott gebot ihm mit einer herrischen Handbewegung Schweigen. »Was zählt es, da du an der Seite unserer größten Feindin lebst und sie uns nicht ausliefern willst?«
Damon ballte die Fäuste. Es sah schon aus, als wolle er Fulcor angreifen, aber er beherrschte sich, wenn auch nur mühsam.
»Siehst du?« grinste Fulcor höhnisch. »Du lieferst selbst den Beweis für meine Anschuldigung. Du stellst dich wider mich. Und das nur dieser Byanca wegen, die du eigentlich töten solltest!«
»Hast du je geliebt?« preßte Damon hervor.
Der Feuergott lachte.
»Liebe? Ha, das ist etwas für Dummköpfe! Es zählt nicht. Ein Mann soll kämpfen und sich hart in seiner Stärke
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