0579 - Die Sturmrösser von Khe-She
wieder.
»Ja, Herr«, ächzte der Zauberer. »Aber da ist etwas, das wichtiger ist. Byanca befindet sich bei Khe-She. Sie will die Sturmrösser befreien.«
»Dafür gibt es keinen Beweis, kleiner Narr«, las er in den flammenden Runen. » Beschaffe das Schwert. Sofort.«
»Ich entsende unverzüglich…«
Da formten sich die Flammen um, zeigten die Umrisse einer annähernd menschlichen Gestalt, die aus der Wand heraustrat und zu Fulcor wurde. Der Gott des Feuers hob beide Arme.
»DU WIRST DICH SELBST DARUM BEMÜHEN!« brüllte er so entsetzlich laut, daß der Zauberer befürchtete, der Schall würde die Burgfestung zum Einsturz bringen. »Spute dich, oder du lernst meinen Zorn kennen! Du kennst Khe-She. Also greife ein und verhindere Byancas Plan, besorge das Schwert! Vielleicht gelingt es dir sogar, Byanca selbst zu fangen. Zögere nicht, sie dann zu töten!«
»Ich höre und gehorche, Herr«, ächzte der Zauberer.
»Wenn du es nur tätest«, grollte Fulcor, »doch ich sehe dich nur zögern. Warte, ich werde dich selbst dorthin versetzen!«
»Warte noch einen Moment, Herr«, keuchte der Zauberer.
»Du wagst es, weitere Zeit vergeuden zu wollen?«
»Laß mich ein Dutzend meiner Drachensklaven rufen, daß sie mich begleiten«, verlangte der Zauberer. »Byanca wird von Amazonen geschützt. Es mag sein, daß meine Krieger mir die Weiber vom Hals halten müssen.«
»So spute dich!« verlangte der Dunkelgott.
Der Zauberer hetzte förmlich aus dem Raum, stolperte fast über den Saum seiner bodenlangen Kutte. Er rief nach seinen Drachensklaven und wählte zwölf von ihnen aus.
Einem dreizehnten aber erteilte er einen anderen Auftrag, wohl wissend, was Fulcor von Dämon wollte, und er beabsichtigte, den Halbgott mit einer Nachricht weiter unter Druck zu setzen. Fulcor würde sich freuen über diese Art der Unterstützung. Der Zauberer würde ihm helfen, Dämon dem ORTHOS endlich wieder gefügig zu machen.
Als der Zauberer den Raum betrat, waren die gerüsteten Krieger bereits versammelt. Der Gott des Feuers bedachte den Zauberer mit einem ungnädigen Blick.
»Ich schwöre dir, daß du zum letzten Mal zu spät kamst«, drohte er unheilvoll.
Der Zauberer zuckte zusammen. Undank war eben der Götter Lohn!
Doch er war zu stolz, um Fulcor mitzuteilen, weshalb er zu spät kam. Und vielleicht hätte Fulcor es ja doch nur für eine Ausrede gehalten und nicht geglaubt, daß ihm so geholfen wurde.
Da versetzte Fulcor die Krieger und den Zauberer an den Ort des Geschehens.
Nach Khe-She!
***
In Merlins Augen blitzte es zornig auf.
»Warum bist du hergekommen, Zamorra?« fragte er. »Willst du damit fortfahren, mich zu belehren?«
Sein Blick fiel auf das Permit, das Zamorra bei sich trug.
Er bewegte die Finger, und das Permit löste sich von dem Dämonenjäger, schwebte auf Merlin zu, der es ergriff und rasch in einer Falte seines weißen Gewandes verschwinden ließ.
»Du wirst es nicht mehr benötigen«, sagte er. »Schließlich kannst du Caermardhin jederzeit vermittels der Regenbogenblumen erreichen.«
»Die du mit deiner Magie gesperrt hast!« fuhr Zamorra auf. »Was soll das, Merlin? Warum behandelst du uns wie deine Sklaven?«
»Du kennst doch den alten Spruch aus fernen Zeiten: Gehe nicht zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst. Ich bedarf deiner Hilfe ebensowenig wie deiner Kritik. Oder kannst du etwa die Gestalt einer Frau annehmen?«
Zamorra atmete tief durch. »Jetzt fängst du schon wieder mit deinen versteckten Andeutungen an?«
»Wenn sie dir nicht gefallen, kannst du gehen.« Immer noch hörte Zamorra in Merlins Stimme verhaltene Wut.
»Etwas stimmt mit dir nicht, Merlin«, sagte er leise. »So wie heute hast du dich noch nie zuvor verhalten.«
»Es ging ja auch noch nie zuvor um den Tod einer Göttin«, erwiderte Merlin.
Er wandte sich ab und schritt langsam davon, dem Portal entgegen, um den Saal des Wissens zu verlassen.
Zamorra folgte ihm.
Aber er brauchte nicht weiter zu fragen. Plötzlich begann Merlin, während er zum Ausgang schritt, zu erzählen.
»Du erinnerst dich an Damon und Byanca?« fragte er, und jetzt klang er nicht mehr wütend, sondern nur noch müde.
Und ob Zamorra sich erinnerte!
»Damon wurde gefangen«, sagte Merlin, »und Byanca wollte ihn befreien. Dazu wollte sie sich der Macht der Sturmrösser von Khe-She bedienen. Aber… sie traute sich zuviel zu. Sie unterschätzte die Gefahr, die von den Sturmrössern ausgeht. Und so… starb sie.«
»Sie… starb?«
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