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058 - Der Duft von Sandelholz

058 - Der Duft von Sandelholz

Titel: 058 - Der Duft von Sandelholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaelen Foley
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insgeheim war er für ihn immer eine Art Idol gewesen.
    Monatelang hatte Derek ihn tagein, tagaus gepflegt, vor allem, nachdem die Wunde sich infiziert hatte. Er hatte gebetet wie nie zuvor in seinem Leben und sich gefragt, wie er es überstehen sollte, wenn Gabriel um seinetwillen starb. Es interessierte ihn keinen Deut, anstelle seines älteren Bruders seinen Vater zu beerben.
    In den folgenden Monaten hatte Gabriel mit seinem eisernen Willen keinen Zweifel daran gelassen, dass er noch nicht vorhatte, den Styx zu überqueren. Aber die ganze Angelegenheit hatte in Derek gefährliche Fragen geweckt. War das Soldatenleben all das wert? Was bedeutete es wirklich für ihn?
    Das waren Fragen, über die er nicht gern nachdenken wollte, nun, da das alles hinter ihnen lag.
    Am besten, er vergaß die ganze Angelegenheit.
    Er schob die Zweifel energisch beiseite, trank noch einen Schluck von der samtigen Flüssigkeit, dann wandte er sich seinem Bruder zu. „Wie fühlst du dich heute?"
    Gabriel zuckte die Achseln.
    Derek wartete, den Kopf erwartungsvoll schräg gelegt.
    Der Bruder warf ihm einen flüchtigen Blick zu. „So gut, wie man es erwarten kann von einem Mann, der eigentlich tot sein sollte." Danach wechselte er das Thema. So wenig wie Derek seine seelischen Qualen eingestehen wollte, so wenig wollte Gabriel dies bei seinem körperlichem Leid tun.
    „Also, was machen wir jetzt?", fragte Gabriel.
    Na schön, das ist fair.
    „Die Marine wird eine Flotte zusammenstellen, die den ganzen funkelnden Schatz nach Indien schafft, wohin er gehört."
    „Das bedeutet wohl, dass du uns bald verlassen wirst."
    Derek sah seinen Bruder an, sagte aber nichts.
    „Du hast immer noch vor, dich an Bord eines dieser Marineschiffe zu begeben, oder?"
    Warum fragt er das?, überlegte Derek. Er wusste die Antwort doch schon. Dieselbe Schule, dasselbe Regiment. Sie waren bisher kaum je einen Tag getrennt gewesen.
    Unangenehm war es, den bevorstehenden Abschied zu besprechen.
    „Du weißt, wir alle wünschen, dass du bleibst", meinte Gabriel leise. „Vater, Georgiana und ich."
    „Geht nicht."
    „Das ist kein gutes Geschäft, Mann. Wir hatten Glück, lebend dort herausgekommen zu sein." Gabriel verstummte, verzog das Gesicht und presste eine Hand auf den Bauch, dort, wo der Pfeil eingedrungen war.
    „Geht es dir gut?", fragte Derek sofort.
    „Ja." Gabriel achtete nicht mehr auf den Schmerz. „Ich habe das Gefühl, wir hätten eine zweite Chance bekommen. Warum sollten wir die aufs Spiel setzen?"
    Derek betrachtete ihn. Bei jedem anderen Mann hätte er vermutet, dass die Begegnung mit dem Tod ihn verändert hätte, aber das galt nicht für Gabriel Knight.
    Lange Zeit hatte sein Bruder als einer der gefürchtetsten Krieger Indiens gegolten, berühmt für sein Motto: „Keine Gnade."
    Derek galt als der Nettere von beiden.
    „Muss ich dich daran erinnern, Bruder, dass du der Erstgeborene bist?" Er schlug einen leichten Tonfall an, um die Ernsthaftigkeit der Frage zu überspielen. „Du wirst Vaters Vermögen erben. Als jüngerer Sohn bleibt mir nur die Soldatenlaufbahn, um zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Das wirst mich doch nicht zur Erfolglosigkeit verdammen wollen?"
    „Besser zur Erfolglosigkeit verdammt - als einfach nur verdammt."
    „Hast du keinen Ehrgeiz mehr?"
    „Ich bin nur froh, noch am Leben zu sein."
    „Natürlich. Trotzdem sollten wir nicht vergessen, wer wir sind. Du und ich, wir sind nicht für die Mittelmäßigkeit geschaffen, Bruder - und mehr als diese kann das Leben eines Zivilisten nicht bieten."
    „Zum Teufel mit dem Ehrgeiz!" Gabriel wollte aufspringen, was ihm aber nicht gelang. Doch eine Spur seines alten Temperaments spiegelte sich dabei auf seinem Gesicht wider. „Es gibt noch mehr im Leben, Derek, als Ruhm und Ehre."
    „Wie bitte?"
    „Du schiebst deine Entscheidung immer dem Umstand zu, dass du der jüngere Bruder bist. Aber wir wissen beide, dass deine Zuwendung durchaus ausreicht, um etwas anderes zu versuchen. Du musst nur wollen."
    „Was zum Beispiel?"
    „Ich weiß nicht - du könntest etwas Land kaufen. Eine Farm oder so etwas."
    Bei diesem Rat seines Bruders lachte Derek nicht sehr freundlich auf. „Ich? Auf einer Kuhweide? Tut mir leid, Freund, da bist du an den Falschen geraten. Gütiger Himmel, Hafer und Gerste. Ich bin nicht gerade ein Landmann."
    „Woher willst du das so genau wissen? Du hast nie etwas anderes versucht."
    „Ich kann meine Männer nicht im Stich lassen."
    „Aber deine

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