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058 - Der Duft von Sandelholz

058 - Der Duft von Sandelholz

Titel: 058 - Der Duft von Sandelholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaelen Foley
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haben", fügte er hinzu und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Liebesbriefe von Dereks neuesten Verehrerinnen.
    „Darum geht es nicht. Sag mir, Bruder." Er beugte sich vor, und in seinen Augen erschien ein boshaftes Funkeln. „Wusstest du, dass vor ein paar Jahren eine Volkszählung stattfand? Sie haben über eine Million Seelen hier in London gezählt."
    Gabriel sah ihn misstrauisch an. „Und?"
    „Stell dir vor, die Hälfte davon ist weiblich, und wiederum davon die Hälfte in dem Alter, da sie umworben werden dürfen. Das macht zweihundertfünfzigtausend Damen, die da draußen auf uns warten." Er deutete auf die Tür und lächelte seinen Bruder an. „Das macht für jeden von uns mehr als hunderttausend Mädchen. Ich denke, wir sollten anfangen."
    Gabriel sah ihn kopfschüttelnd an, dabei wirkte er teils belustigt, teils verärgert.
    Derek kannte diesen Blick.
    „Komm schon", widersprach er lachend. „Ehrlich, wenn ich du wäre, würde ich mich vergewissern wollen, dass wirklich alles in Ordnung ist, wenn du verstehst, was ich meine."
    Gabriels strenger Blick wich einem Stirnrunzeln.
    „Ach, egal." Derek winkte ab und stand auf, um noch etwas zum Trinken zu holen.
    „Aber ich werde nicht zulassen, dass du hier allein herumsitzt. Weißt du, was ich tun werde? Ich werde ein hübsches Frauenzimmer ganz ohne jede Moral engagieren, das sich um dich kümmert. Das wäre doch lustig! Eine kleine Krankenschwester, die sich ganz dir widmet. Ich bin ein sehr aufmerksamer und fürsorglicher Bruder, nicht wahr?"
    Gabriel sah ihn quer durch das Zimmer an und sagte nichts.
    Derek lachte, drängte aber nicht weiter. Er trank noch einen Schluck.
    „Spielverderber."
    „Derek, ich wäre fast gestorben", sagte Gabriel. „Genau genommen bin ich sogar gestorben. Ich war mehrere Minuten ..."
    „Gabriel, das ist unmöglich. Wie oft haben wir schon darüber gesprochen?"
    „Der Armeearzt sagte mir, ich hätte keinen Puls gehabt."
    „Nun, dann muss er sich geirrt haben."
    „Nein, das hat er nicht. Ich habe euch alle um meinen Leichnam herumstehen sehen, während ich von oben zusah ..."
    „Nein, hast du nicht. Offenbar ein Traum."
    „Das war kein Traum."
    „Was immer es war, Ich will nichts mehr davon hören. Ich bekomme dabei eine Gänsehaut, verdammt. Tot ist tot."
    „Sagt wer?"
    „Oh, ich weiß nicht - ein Naturgesetz? Die Tatsache, die du dabei zu übersehen scheinst, Bruder, ist, dass du nicht gestorben bist. Du lebst. Ich weiß, es liegt noch ein langer Weg vor dir, bis du wieder ganz bei Kräften bist. Aber früher oder später würde ich dich gern wieder richtig leben sehen."
    „Ich weiß, Derek." Gabriel seufzte. „Aber wenn er von den Toten zurückkehrt, dann denkt ein Mann schon mal über sein Leben nach."
    Derek senkte den Blick. Er sorgte sich nicht nur um die Gesundheit seines Bruders, sondern auch um dessen Geisteszustand. Und er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Er blickte zu Boden, dann sah er wieder seinen Bruder an. „Du wirst wieder gesund, Gabriel."
    „Natürlich. Und du auch."
    „Ich?", fragte Derek überrascht. „Du bist es, der verwundet wurde."
    „Genau." Gabriel sah ihn wissend an.
    Derek senkte den Blick und fühlte sich unbehaglich in der Stille, die nun folgte. Was nur war es, das sein Bruder zu sagen versuchte? Ihm ging es gut.
    Oder wenigstens würde es ihm gut gehen, wenn er wieder da war, wo er hingehörte. Bei seinen Truppen. Im Kampf.
    In der Hölle.

3. KAPITEL
    Nach zwei Monaten in London verlief Lilys Jagd nach einem reichen Ehemann planmäßig. Durch Mrs. Clearwells sorgfältig ausgesuchte Einladungen verschaffte ihr der große Name Balfour manchen Zugang zu Londons angesehensten Häusern, wo sie während der Saison - auf Bällen, bei Dinners, Konzerten und Soireen - zahllosen Junggesellen vorgestellt worden war, die meisten von ihnen reich, viele aus adligen Familien, einige sogar mit einem Titel. Sie machte es sich zur Routine, jeden von ihnen mit kühler Höflichkeit zu behandeln, während sie sie gleichzeitig misstrauisch begutachtete, ob sie ihre beiden Hauptkriterien für einen Ehemann erfüllten: reich und dumm.
    Zum Glück herrschte daran kein Mangel in der Stadt. Es gab etwa genügend geistlose Dandys, die ständig bei White's am Fenster herumlungerten oder sich in jedem Spiegel bewunderten, an dem sie vorüberkamen.
    Unglücklicherweise fiel es ihr inzwischen nicht leicht, sich vorzustellen, einen nicht eben klugen Mann zu heiraten. Einen liebenswürdigen

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