0580 - Die Zeitritter
ganz allein.
Hoch über ihnen stand die Robotkamera und berichtete der Menschheit vom Leben der Sonderlinge, die sich inmitten der technisierten Zivilisation ihr eigenes Paradies erhalten hatten, und manche jener, die bisher immer nur mitleidig gelächelt hatten, wenn sie von den Zeitrittern hörten, bekamen nachdenkliche Gesichter.
Einer hatte ein halbes Schaf mitgenommen, da sie nun am Feuer brieten.
Sie wurden alle satt. Dann tranken sie aus den hölzernen Krügen Wasser mit Schnaps gemischt, und schließlich zündeten sich einige die selbstgerollten Zigarren an, deren Geruch allein schon genügt hätte, eine ganze Herde von Walfischen einzuschläfern.
„Sie sehen uns wieder zu", sagte einer und deutete hinauf in den Himmel.
„Einige von ihnen werden uns beneiden, die anderen bedauern."
Sie sprachen nicht viel, denn jeder kannte die Sorgen des anderen. Alles war klar. Es gab keine Probleme, und wenn es welche gab, wurden sie in den Versammlungen gelöst.
Karos war auf den kleinen Berg gestiegen, der sich in der Mitte der Felseninsel erhob. Von dort hatte man einen guten Überblick und konnte die gesamte Bucht voll einsehen.
„Die Wale!" rief er plötzlich und deutete nach Osten. „Ganz nahe beim Land. In einer Stunde können wir dort sein."
Pendor war aufgesprungen. Er rannte zum Gipfel. Als er neben seinem Sohn stand, nickte er.
„Eine gute Stunde, wenn nicht mehr. Wir haben wenig Wind."
„Dann müssen wir eben rudern."
„Das befürchte ich auch", erwiderte Pendor und ging wieder hinab zu den anderen beim Feuer. „Wir brechen auf", sagte er.
Sie schoben die Boote ins Wasser zurück und setzten die Segel. Mit den Rudern halfen sie nach, und bald hatten sie die kleine Insel weit hinter sich zurückgelassen.
Vor ihnen waren die Wale, eine ganze Familie. Einer von ihnen würde das Opfer sein müssen, auf keinen Fall aber ein Muttertier.
Auch die Zeitritter hatten ihre strengen Gesetze, an die sie sich halten mußten...
*
An diesem Abend war es Mary Kantenburg, die ganz überraschend die Initiative ergriff.
Die kleine Flotte war kurz nach Einbruch der Dunkelheit mit einem erlegten Wal zurückgekehrt. Der günstige Wind hatte ihnen geholfen, das riesige Tier gemeinsam in Schlepp zu nehmen und hinter sich herzuziehen. Morgen kam der große Tag des Ausschlachtens.
Müde und erschöpft von den Anstrengungen des Tages wollten Pendor und sein Sohn sich bald zurückziehen, als es an der Tür klopfte.
Es war Mary Kantenburg.
„So spät noch?" empfing sie Felda nicht gerade unfreundlich, doch ein wenig vorwurfsvoll und neugierig zugleich. „Schickt dich dein Vater?"
„Ich wollte Karos besuchen", erwiderte sie verschüchtert.
„Er ist müde von der Jagd."
„Ich gehe gleich wieder und..."
„Bleib ein wenig", bat Karos und nickte ihr zu. Er deutete auf den freien Platz neben sich. „Setz dich zu mir. Noch brennt das Feuer im Kamin."
Felda sah ihren Mann auffordernd an.
„Wolltest du nicht schlafen gehen, Dark? Ich komme mit."
Als sie allein waren, starrte Karos nachdenklich in die Flammen des Feuers, die den Raum nur notdürftig erhellten. Er schien auf das zu warten, was Mary zu sagen hatte. Sie tat ihm schließlich den Gefallen, denn sie kannte ihn nur zu gut.
„Ich muß morgen hinauf zu den Schafen, den ganzen Tag", sagte sie ruhig. „Was wirst du tun morgen?"
Er beobachtete das Feuer, als hinge sein Leben davon ab.
„Vielleicht helfe ich beim Wal, Mary, ich weiß es noch nicht.
Aber ich müßte auch in den Wald. Wir brauchen einige dünne Stämme für unsere Koppel."
„Der Wald ist nicht weit von meiner Weide entfernt", erklärte sie vorsichtig. „Vielleicht begegnen wir uns zufällig."
„Das wäre schön", gab er zu, ebenso vorsichtig. „Vielleicht um die Mittagszeit."
„Ich nehme Vorräte für uns beide mit, Karos. Du hast sicher die schwere Axt zu schleppen, nicht wahr?"
„Ja, und den Wagen muß ich auch noch hinaufziehen. Ja, es wäre eine feine Idee, wenn wir uns träfen. Morgen Mittag also?"
Sie wirkte erleichtert. Als sie lächelte, war sie schöner und anziehender als je zuvor. Karos versuchte sich vorzustellen, wie sie in einem der leichten Kleidchen aussehen würde, die damals von den weiblichen Schiffbrüchigen getragen wurden. Es würde ihr bestimmt gut stehen. Jetzt trug sie eine rauhe Lederhose und eine Pelzbluse, die sie allerdings aufgeknöpft hatte. Darunter trug sie nichts mehr.
„Wirst du bald mit dem Hausbau beginnen?" fragte sie
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