0581 - Der Blutstein
hat?«
»Geschäfte.«
»Ach so. Und welche?«
»Ich muß etwas abholen, mehr nicht.«
»Stoff?« flüsterte Orth.
»Möglich.«
Der Hausmeister winkte ab. »Spielt auch keine Rolle. Hauptsache, du bist kein krummer Hund.«
Wenn du wüßtest, dachte Suko, hütete sich allerdings, auch nur ein Wort verlauten zu lassen. »Wo wollen oder sollen wir jetzt hin?«
Der Hausmeister hob die Schultern und peilte durch eine Lücke im Gebüsch. »Das ist eigentlich einfach und auch nicht mal so weit. Doch mit meinem Bein wird es schwierig.« Sein Gesicht verzerrte sich. »Wenn ich den Bullen zwischen die Finger bekomme, werde ich ihn zerquetschen. Das kann ich dir versprechen.«
Suko wiegte ab. »Keine Panik, Orth. Ich habe einen Wagen, da kommen wir besser mit weg.«
»Wart ihr nicht zu zweit? Ich meine, ich hätte so etwas gesehen.«
»Stimmt.«
»Und du glaubst, daß dein Kumpel wartet?«
»Ja.«
»Die Bullen werden ihn kassiert haben, Junge. Das mußt du mir glauben.«
»Weshalb sollten sie?«
Auf diese Frage wußte Orth keine Antwort. Ihm blieb nichts anderes übrig als klein beizugeben. »Gut, ich bin gezwungen, mich auf dich zu verlassen. Wir könnten zum Schloß fahren. Mit dem Wagen ist es ein Katzensprung.«
»Machen wir, Orth. Da wohnt auch die Hexe, wenn ich mich nicht irre?«
Orth blieb steif hocken. Er streckte den Kopf vor und auch die Unterlippe, wobei er ein pfeifendes Atemgeräusch ausstieß. »Was, zum Henker, weißt du von der Hexe, Chinese?«
Suko gab sich gelassen. »Du selbst hast davon gesprochen, Orth. Tut mir leid.«
»Habe ich das?«
»Woher sollte ich es sonst wissen? Ich kenne mich hier nicht aus. Du hast mir, als ich dich fand, mit der Hexe gedroht und mir geraten, zu verschwinden.«
Orth schaute zu Boden, als er leise lachte. »Tatsächlich, jetzt erinnere ich mich. Toll, dein Gedächtnis, wirklich.«
Suko gab sich bescheiden. »Die Antwort war so gravierend gewesen, daß man sie einfach nicht vergißt. Man hat mich schon oft bedroht, aber nicht mit einer Hexe.«
»Ja…«, murmelte Orth, »ja …« Er schüttelte den Kopf und winkte Suko mit dem Zeigefinger zu sich heran. »Mal eine andere Frage. Glaubst du an Hexen?«
»Wie meinst du das?«
»Ob du daran glaubst?«
»Natürlich. Ich hatte mal einen Partner, der war mit einer Braut zusammen, die war schlimmer als eine Hexe.«
Der Hausmeister winkte hastig ab. »So habe ich das nicht gemeint, Suko. Ich dachte eher an die echten Hexen. Glaubst du, daß es echte Hexen gibt?«
Suko zog seine Antwort ins Lächerliche. »Also welche, die auf einem Besen reiten? Die durch die Luft jagen und lachen, krächzen und nach dem Teufel schreien?«
»Nein, so nicht. Aber ähnlich!« flüsterte Orth. »Ich will dir etwas sagen.« Er dämpfte seine Stimme. »Es gibt die Hexe, von der ich gesprochen habe. Sie ist eine Frau, die hexen kann. Ja, sie besitzt Hexenkräfte. Du wirst es kaum glauben, doch es stimmt. Warte ab, Suko, bis du sie siehst. Das haut dich einfach um. Einfach so, mein Junge.«
Der Inspektor lächelte. »Ehrlich gesagt, ich weiß nicht so recht, ob ich dir da folgen soll.«
»Kannst du ruhig, kannst du, mein Junge. Wenn ich dich zu dem Schloß bringe, wirst du eine echte Hexe sehen. Ein Weib wie ein Vulkan, Chinese – aber…«, er rückte näher an Suko heran, so daß dieser seinen schlechten Atem riechen konnte, »sie ist schon über zweihundert Jahre alt, diese Hexe.«
»Eine Mumie?« lachte Suko.
»Quatsch. Ein irres Weib, wenn sie nur will.«
»Wie heißt sie denn?«
»Gina.«
»Klingt nicht schlecht«, meinte Suko.
»Die ist auch gut«, flüsterte Orth. »Die kann Dinge, von denen du bisher nicht einmal geträumt hast.«
Suko nickte. »All right, wenn sie so gut ist, dann laß uns aufbrechen. Ich bringe dich hin und verschwinde dann wieder. Ach so, noch etwas. Mein Partner ist schon etwas älter und auch Engländer. Nicht daß du durchdrehst, weil der Typ, der dir eine Kugel verpaßt hat, auch Engländer gewesen ist.«
»Scheiße!«
»Moment, ich vergaß. Mein Kumpel ist Schotte. Oder hast du auch etwas gegen sie?«
»Ob Engländer oder Schotte, ich…«
»Quatsch keine Opern, komm.« Suko wollte die Diskussion nicht noch länger hinauszögern. Er schaute zunächst einmal nach, ob die Luft rein war.
Sie war es.
Suko hörte weder Stimmen noch Schritte, als er den Kopf ins Freie streckte, die Sonne war längst verschwunden und hatte der Dämmerung Platz geschaffen. Der Inspektor hoffte stark, daß
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