0581 - Die Geistermutanten
es der Maschine einfiel, seine beiden musikalischen Ergüsse miteinander zu vergleichen. Der Wächter hörte aufmerksam zu. Als Looman geendet hatte, hellte sich sein Gesicht auf.
„Ja, natürlich - den Mann kenne ich!" rief er freudig. „Mr.
Sinkewic in Komplex drei." Er wandte sich zur Seite und sprach ein paar Worte, die Looman nicht hören konnte, da das Glassit plötzlich schallundurchlässig geworden war. Dann drehte er sich wieder in Loomans Richtung und erklärte: „Der Pförtner hat nichts gegen Ihren Besuch bei Mr. Sinkewic. Bitte, treten Sie ein!"
Das Portal öffnete sich, indem die beiden Glassitflügel zur Seite glitten.
„Führen Sie mich!" befahl Looman dem Uniformierten.
Sie durchquerten die Halle, ohne daß einer der in den Sesseln Ruhenden auch nur einmal aufgeblickt hätte. Im Hintergrund der Halle begann ein Gleitgang. Der Wärter trat auf das langsamste Band. Er vergewisserte sich, daß Looman dicht hinter ihm stand, dann erkundigte er sich flüsternd: „Zu wem wollen Sie wirklich?"
Loornan erklärte es ihm.
„Ich kann Sie nur hinbringen, wenn Sie mir versichern, daß Sie nichts Böses im Schilde führen."
Looman lachte.
„Böses? Ich will ihn überraschen, das ist alles. Wir haben eine Wette..."
„Ja, schon gut", wehrte der Wächter ab. „Die Einzelheiten kümmern mich nicht. Wenn Ihnen die Sache sechzig Kilo wert ist, dann liegt das ganz an Ihnen."
Er streckte die Hand aus.
„Immer mit der Ruhe", wehrte Looman ab. „Erst will ich an Ort und Stelle sein."
Der Wärter brummte etwas Unverständliches. Bei der nächsten Gelegenheit sprang er vom Band und betrat eine Aufzugkabine.
Looman folgte ihm. Die Kabine schoß in die Höhe. Auf der zweiunddreißigsten Etage kam sie zum Halten. Inzwischen war es draußen völlig finster geworden, wie Looman durch ein Gangfenster sah. Der Uniformierte führte ihn nach rechts. Es ging an ein paar numerierten Türen vorbei und an einem niedrigen, schmalen Einlaß, der keine Ziffer trug.
„Was ist das?" wollte Looman wissen.
„Eine Gerätekammer", lautete die knappe Antwort.
Vor einer Tür mit der Nummer 32 455 blieb Loomans Führer schließlich stehen.
„Wir sind da", erklärte er kurz angebunden.
„Woher weiß ich das?" fragte Looman spöttisch.
„Legen Sie die Hand auf die Türfüllung, und zwei Sekunden später kommt Ihr Freund aufmachen. Das heißt - falls er zu Hause ist."
Während er das sagte, wandte er sich zur Tür hin, um Looman zu verdeutlichen, was er meinte. Looman nutzte die kurze Zeitspanne. Als der Uniformierte sich wieder umdrehte, sah er in die breite Mündung eines Schockers. Er bekam große Augen.
Der Mund öffnete sich und formte Laute, die die Stimmbänder nicht erzeugen wollten. Schließlich krächzte er: „Aber das... das..."
Looman drückte ab. Der Schocker machte ein helles, singendes Geräusch.
Der Uniformierte rückte zur Seite und glitt bewußtlos an der Wand hinab auf den Boden. Looman packte ihn unter den Achseln und schleppte ihn zu der Tür, hinter der sich der Geräteraum befand. Er hatte sich nicht getäuscht: Die Tür öffnete sich selbsttätig, da der Raum für allgemeine Nutzung vorgesehen war. Hinter der Tür standen ein paar Reinigungsrobots, die wie altmodische Staubsauger aussahen. Looman ließ den Wächter einfach fallen und vergewisserte sich, daß die Tür sich ordnungsgemäß wieder schloß.
Wieder vor der Tür Nummer 32.455 angekommen, legte er die Hand auf die Türfüllung. Es dauerte länger, als der Uniformierte behauptet hatte. Erst nach einer halben Minute glitt die Tür beiseite. Unter der Öffnung stand ein junger Mann, ebenmäßig gebaut, von athletischer Statur.
„Mister Onrain?" erkundigte sich Looman.
„Derselbe", antwortete der junge Mann mit angenehm tiefer Stimme.
Loomans rechte Hand umklammerte den Schocker, den er wieder in die Tasche geschoben hatte. Der entscheidende Augenblick war gekommen. Er brauchte die Waffe nur hervorzuziehen und auf den Auslöser zu drücken. Warum tat er das nicht? Jetzt - sofort! Es ging um Sekunden. Jeden Augenblick konnte jemand den Gang entlangkommen. Jetzt dagegen war der Gang leer. Er hatte keinen Zeugen. Er war in völliger Sicherheit.
Er versuchte, die Hand zu bewegen, aber es ging nicht. Es war, als wäre sie am Futter der Tasche festgewachsen. Er sah auf und blickte geradewegs in die Augen des jungen Mannes. Die Augen bannten ihn. Er konnte den Blick nicht davon wenden. Er mußte darüber nachdenken, warum sie ihn so
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