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0583 - Schädeltanz am Hudson

0583 - Schädeltanz am Hudson

Titel: 0583 - Schädeltanz am Hudson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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noch nicht sehen können.«
    Während der Unterhaltung zwischen Roxie und Bill schaute ich mich um, soweit dies möglich war. Die Caribiens kamen mir verändert oder verkleidet vor. Als hätten sie sich für ein bestimmtes Ritual umgezogen, eine Sache, die sie unbedingt in dieser Stadt und dieser schrecklichen Umgebung durchführen wollten.
    Sie konzentrierten sich eigentlich nur um das größere Feuer. Die beiden anderen dienten eher als Staffage.
    Ein Mann erhob sich. Wie er sich in die Höhe schraubte, konnte er anderen Furcht einjagen. Das war ein regelrechter Turm auf zwei Beinen. Er trug eine helle Hose mit dünnen Streifen. Schuhe waren an seinen Füßen nicht zu erkennen. Der Oberkörper glänzte, er war nackt und mit einem Fett oder Öl eingerieben. Haare trug er nicht, dafür eine Bemalung auf seinem kahlen Schädel. Weiße Striche liefen über diese nackte Fläche und vereinigten sich zu einer dreieckigen Spitze auf der breiten Stirn.
    Er kam auf uns zu, ohne daß wir es hörten. Trotz seiner Größe besaß er einen sehr geschmeidigen Gang, wie ein Tänzer, der jeden Augenblick explodieren konnte.
    »Mir wird es komisch, John«, hauchte Bill. »Gegen den kommen wir nicht an. Schade.«
    »Was ist schade?«
    »Den hätte sich Suko vornehmen können.«
    »Das glaube ich auch.«
    Wie eine Wand tauchte er vor Roxie auf, die etwas mehr als die Hälfte maß und an seinen Muskelpaketen in die Höhe schaute, um einen Blick in sein Gesicht erhaschen zu können.
    »Hallo«, sagte sie leise.
    Der Turm beachtete uns nicht. Er hatte die Hände in die Hüften gestützt und die Arme dabei angewinkelt. »Was willst du? Weshalb bist du zu uns gekommen?«
    »Wir sind Caribiens, wir alle.«
    »Was willst du?«
    »Den Doc sprechen.«
    Um uns kümmerte sich der Riese nicht. Er öffnete den breiten Mund und lachte. »Du willst zum Doc?«
    »Sonst wäre ich nicht hier.« Roxie ließ sich von dieser Figur nicht einschüchtern.
    »Er wird dich nicht empfangen!«
    »Weshalb nicht?«
    »Du gehörst nicht zu uns. Du bist aus dem Kreis ausgetreten. Du hast dich nie an die alten Gesetze gehalten. Voodoo war für dich nie so gut wie für uns. Aber wir haben es geschafft. Der Doc hat die alte Magie aus Haiti mit in diese schlimme Stadt gebracht. Jetzt wird er sie auch einsetzen.«
    »Ich bin nicht allein gekommen.«
    »Das sehe ich. Hinter dir stehen zwei Männer, die uns feindlich gesonnen sind. Sie haben uns gestört. Sie sind in unsere Meditation eingebrochen, das ist nicht gut.«
    »Ihr könnt ja meditieren, aber nicht töten. Ich habe die Köpfe gesehen, sie greifen Menschen an.«
    »Sie brauchen Blut. Sie wollen die Seelen der Toten. Das alles hast du gewußt.«
    »Schon.«
    »Und trotzdem bist du gekommen?«
    »Ja, Bruder.«
    »Sag das nicht. Ich sehe dich auch nicht als unsere Schwester an. Du hast die mitgebracht, die sich an den Köpfen vergangen haben. Sie haben etwas zerstört, sie haben den Geist einer langen Vergangenheit vernichtet.«
    »New York ist nicht Haiti. Dazwischen liegen Welten, bitte, das mußt du mir glauben.«
    »Wir werden uns keine Vorschriften mehr machen lassen, Roxie. Es ist schade.«
    »Das soll mir der Doc selbst sagen.«
    »Er ist nicht hier.«
    »Das glaube ich dir nicht, ich…«
    Der Riese schüttelte den Köpf. Uns bedachte er mit keinem Blick.
    Als er seine Riesenpranke auf die Schulter der Frau legte, sah es aus, als wollte er sie in den Boden drücken. Nur durch eine Bewegung seiner Finger schaffte er es, die Frau so zu drehen, daß sie nicht nur uns, sondern auch den Hudson anschauen konnte.
    »Sieh dorthin!«
    Obwohl wir nicht angesprochen waren, drehten auch wir uns herum. Ein komisches Gefühl kroch in mir hoch, denn gern drehte ich dem Turm nicht den Rücken zu.
    Das Wasser des Hudson rollte noch immer wie ein langes, schwarzes Band an uns vorbei, wobei auf manchen Wellen helle Lichtreflexe tanzten und auch die Strudel in der Flußmitte schaumig glänzten.
    Aber das war es nicht, was unsere volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Die Oberfläche des Flusses hatte sich auf eine bestimmte Art und Weise verändert.
    Die Lichtreflexe waren mir schon aufgefallen, doch sie gehörten nicht zu den einzigen hellen Stellen auf dem ansonsten dunklen Wasser. Es gab noch andere Inseln, die eigentlich in Richtung Süden hätten treiben müssen, doch sie schafften es tatsächlich, sich der Strömung zu widersetzen, denn sie trieben quer über den Fluß und vom Jersey-Ufer auf das unsere zu.
    Gelbe, kleine

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