0586 - Gasthaus zur Hölle
Stimmenklang wie Jorge.
»Wir werden uns noch sehen«, sagte er. »Das Gasthaus wartet auf euch. Ihr müßt kommen.«
Nach diesen Worten nickte er. Ein Zeichen für die anderen und auch für Jacques.
Sie setzten sich in Bewegung, ohne auf uns Rücksicht zu nehmen.
Suko und ich sahen keinen Grund, uns ihnen in den Weg zu stellen.
Also schufen wir Platz, damit sie vorbeigehen konnten.
Jorge war es, der einen scharfen Blick nach rechts warf, wo sich Bärbel Hechter hinter einem Busch versteckt hielt. Ob er sie gesehen hatte, wußten wir nicht. Jedenfalls kam die junge Frau erst zum Vorschein, als die Schritte der Trauergäste verklungen waren.
Sie zitterte und hielt ihre Hand unter die linke Brust gepreßt.
»Meine Güte«, flüsterte sie. »Ich habe eine Angst wie nie zuvor ausgestanden. Diese Männer sind furchtbar.«
»Was ist mit den anderen? Kennen Sie die auch?«
»Nein oder ja. Ich glaube, die meisten von ihnen sind Gäste in diesem Wirtshaus.«
Suko lachte leise. »Da werden die Wirte bald zwei neue bekommen. John, ich bin richtig gespannt darauf, zu erfahren, was man uns dort serviert.«
»Magie«, erwiderte ich leise. »Ich habe gespürt, daß diese Personen von einer Kraft beseelt sind, die ich nur mit Magie bezeichnen kann. Es ist etwas an ihnen, das mich abstößt und gleichzeitig anzieht. Ich kann es nicht genau sagen, aber irgendwo glaube ich sogar, daß ich zu ihnen eine Beziehung habe.«
»Mach keine Scherze.«
»Es ist kein Scherz, Alter. Ich werde einfach den Eindruck nicht los, Bekannte zu sehen.«
Suko sprach nicht dagegen. Wir hatten einfach schon zu viel erlebt und nahmen auf unsere Gefühle und auf unser Gespür immer wieder Rücksicht. Mit Erfolg, wie wir erlebt hatten.
Die Atmosphäre hatte sich abermals verändert. Sie war wieder normal geworden, was sich auch äußerlich zeigte, denn es erschienen die Friedhofsbesucher, als wäre nichts geschehen.
»Ich will hier nicht mehr länger bleiben«, flüsterte Bärbel. »Bitte, ich muß raus.«
»Das ist klar. Zuvor jedoch möchte ich gern das Grab Ihrer Freundin noch einmal besuchen.«
»Was wollen Sie da?«
»Nachschauen, ob alles in Ordnung ist.«
»Glauben Sie denn, daß etwas…?«
Ich winkte ab. »Ich möchte mich überzeugen. Diese Menschen haben sich verstellt, solange der Pfarrer dabei gewesen ist. Ihr wahres Gesicht zeigten sie später. Wenn Sie wollen, können Sie gern den Friedhof verlassen. Den Weg zum Grab finden wir auch allein.«
»Nein, ich möchte mit Ihnen gehen.«
Sie blieb an unserer Seite. Der Weg über den Friedhof glich zwar keinem Spießrutenlaufen, aber wir drei sahen dieses Gelände jetzt mit anderen Augen an.
Hinter jeder Hecke oder hinter jedem Busch konnte das Verhängnis lauern. Jorge und Jacques hatten sich selbst als den Tod bezeichnet. So falsch war das sicherlich nicht.
Wir erreichten das Grab, dessen unmittelbare Umgebung sich verändert hatte. Niemand stand mehr dort, bis auf eine Person. Die aber lag schräg auf dem Lehmhaufen, mit dem Kopf auf einem beschmierten Brett. Schon aus einer gewissen Entfernung konnten wir erkennen, daß es sich bei dem Mann um den Pfarrer handelte.
Wir liefen schneller und kamen zurecht, als er sich aufrichten wollte. Suko und ich halfen ihm auf die Beine. Bärbel Hechter schaute aus einer gewissen Distanz zu.
In der Nähe stand ein hoher, heller Grabstein, an den wir den Pfarrer lehnen konnten. Seine linke Gesichtshälfte war beschmiert, ebenso wie die Kleidung. Der Mann atmete heftig. Dabei starrte er uns ängstlich an. Er stand unter Schock.
Wir versuchten, ihn zu beruhigen. Erst als wir das geschafft hatten, stellten wir die Fragen nach dem Grund für seine ungewöhnliche Veränderung.
»Es war einfach schlimm«, sagte er leise. »Plötzlich hatte ich das Gefühl, alles würde sich um mich herum verändern. Ich sah die Sonne noch als einen grellen Ball. Sekunden später nicht mehr. Dar hatte sich eine schwarze Wolke davor geschoben. Der Schatten raubte mir das Licht. Dunkelheit fiel über uns, als hätte der Leibhaftige persönlich seine Schwingen über den Friedhof ausgebreitet. Etwas Grauenhaftes, Böses kroch auf uns zu. Eine schlimme Veränderung, der ich nichts entgegensetzen konnte. Selbst nicht das Kreuz, denn mein Meßdiener floh damit. Die anderen Menschen widerstanden dem Bösen nicht. Ich habe mich noch halten können, sie aber flohen in wilder Panik.«
»Vor den Schatten?« fragte Suko.
Der Pfarrer breitete die Arme aus. Er war noch
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